Freitag , 17.3.2017
Vor dem Spiel gegen den HSV schaue ich mir das Video der
Pressekonferenz an – das heißt: Ich versuche es, es klappt aber nur mit
gewissen Einschränkungen. Das Video startet: „Herzlich willkommen zu unserer
Pressekonferenz…“, läuft dann 1 Minute und 25 Sekunden, stoppt, buffert und:
Startet wieder von vorne: „Herzlich willkommen zu unserer Pressekonferenz“ Dieses Mal komme ich bis zu Minute 5, weiß
dass die Magen-Darm-erkrankten Stendera und Tawatha wieder an Bord sind, ebenso
wie Marius - und bevor ich mir darüber
im Klaren bin, wer genau „Marius“ denn nun ist, stoppt das Video wieder,
buffert und… hiiilfe… „Herzlich willkommen zu unserer Pressekonferenz“ Auf
diese Weise arbeite ich mich mit insgesamt neun Versuchen bis zur 13. Minute
vor, weiß, dass Marco Fabian lebensfroh ist und mit dem HSV ein schwerer Gegner
auf uns wartet, wir aber die Punkte hier behalten wollen. Dann habe ich keine
Lust mehr.
Samstag, 18.3.2017
Das Spiel ist aus. Punkt. Ich brause zornentbrannt durch Regen, Nacht und Wind wieder nach Hause und kann mich gar
nicht wieder einkriegen. Mir geht es wie dem Rentner, der früher im F-Block
hinter uns stand: „Ich bin gar net zufridde.“ Wie ich dann im Sportstudio erfahre: Niko
Kovac schon. Auch Axel Hellmann ist der Auffassung, dass der Punkt Gold wert
war. Ich aber habe keine Ahnung, warum ich mich darüber freuen soll, dass wir
zum Glück in der Hinrunde so viel Punkte geholt haben, dass uns eine mögliche
Tasmanenrückrunde nicht in den Abgrund stürzt.
Sonntag, 19.3.2017
Der Wind stürmt und ich mache einen langen Spaziergang durch
die Äcker, ich renne und hopse, stehe mitten im Feld und lasse mich
durchpusten.
Chuck Berry ist tot. Hail, Hail, Rock’n Roll. Und ein Lied
für die Eintracht hat er auch geschrieben: "Sweet little 118“
Beim SPD-Parteitag wird der Kanzlerkandidat gekürt. Martin
Schulz erhält 100 % der Stimmen. Mit-Adler: „Das ist Demokratie. In einer
Diktatur hätten sie sich da nie getraut – da wären es maximal 98 %.“ Die Delegierten machen Selfies von sich mit
Martin-Pappfigur und rotem Rahmen.
Ich zappe mich durch die letzte Folge von Germanys Next Top
Modell. Heidi Klum ist mit der Performance eines der Nachwuchsmodells nicht
zufrieden. „Du bist nicht konzentriert. Was geht dir bloß im Kopf rum?“
Antwort: „Nichts.“ Was irgendwie zu erwarten war.
Montag, 20.3.2017
Unserer Lokalzeitung entnehme ich, dass der Wiedehopf, eine
vom Aussterben bedrohte Tierart, wieder da und in diesem Frühjahr nach
Rheinhessen zurückgekehrt ist. Mehr noch: „Der mit seiner charakteristischen
Federhaube sehr auffällige Vogel wurde am 7. März zwischen Mainz und
Gau-Algesheim gesichtet.“ Like.
In Norwegen leben die glücklichsten Menschen – vielleicht
deshalb, weil sie sich nie nicht über die Eintracht ärgern müssen?
Dienstag, 21.3.2017
In der Länderspielpause soll bei der Eintracht nochmal so
richtig rangeklotzt werden, um gut vorbereitet in die letzten Spiele zu gehen.
Schade, dass kaum jemand da ist. Immerhin: Marco Fabian verzichtet auf
sein Länderspiel. Alex Meier ist krank. Aber das macht ja nix, denn Fredi Bobic
blickt weit und bastelt bereits am Kader für die neue Saison. Niko Kovav freut
sich über Beistand von oben und gibt ein Autogramm auf eine Bibel (wer gibt hier wem die höheren Weihen?) und auch Hasebe ist „ein kluger Kopf mit philosophischem Hintergrund“, weswegen er seine lange Verletztungspause gelassen nimmt. Ommm.
Forscher sind zuversichtlich, dass sie schon bald das erste Foto eines schwarzen Lochs präsentieren können. Mmh. Wo ist das Problem?
Aber vielleicht entdecken sie mit der Spezialkamera dann dort auch die verschwundenen Detari-Millionen?
Aber vielleicht entdecken sie mit der Spezialkamera dann dort auch die verschwundenen Detari-Millionen?
Mittwoch, 22.3.2017
Mein Mit-Adler beschäftigt sich derzeit mit dem römischen
Kaiser Valerian. Ich bin nicht so besonders geschichtskundig und frage mal
nach, was es mit ihm so auf sich hat. Ca. 250 nach Christus. 7 Jahre im Amt. Christenverfolgung.
Danach verschollen. Und sonst? „Mmh.
Also. Der hat aus Gründen, die man nicht so richtig nachvollziehen kann, Menschen
verfolgt. Dabei hat es viele Tote gegeben. Dann war alles wieder vorbei.“
Pause. Nachsatz: „Also alles wie bei fast 95% aller geschichtlichen
Ereignisse.“
Donnerstag, 23.3.2017
Ich bin mit dem Auto unterwegs zu einem Besuch im Odenwald.
Gestern war es kalt und nass, heute ist die Welt voller Frühling, der Himmel
blau, die Sonne scheint. Ich höre Radio und erfahre allerlei mehr oder weniger
Wissenswertes. Was ist der Unterschied
zwischen Winter und Sommer? „Im Winter kann man drinnen chillen, im Sommer
draußen cruisen.“ Und ich fürchte, das kommt der Wirklichkeit sehr nahe. Coole Neuerscheinung: Die neue (!) Single von
Chuck Berry „Big Boys“ und direkt danach die Stones: „Let’s spent the night together.“ Momentemol,
momentemol – heute IST doch der 23.März 2017, oder? In Kassel ist ein
vorgeblich islamischer Verein wegen salafistischer Umtriebe verboten und die
entsprechende Moschee geschlossen worden. „Da werden die Salafisten in
Nordhessen aber heute Nacht bitterlich in ihre Kopfkissen weinen,“ meint der
Moderator und leitet über zu einer Reportage, die sich mit Felix Magath und
seiner Trainertätigkeit in China beschäftigt.
Was heißt wohl Medizinball auf Chinesisch? Ich überlege und dann bin ich da.
Freitag, 24.3.2017
Die Eintracht bestreitet in Alzenau ein Testspiel gegen die
Würzburger Kickers und verliert erwartungsgemäß mit 0:1. Testspiele sind nicht wichtig, wobei sich
mir nicht recht erschließt, warum sie dann überhaupt stattfinden.
In der Frankfurter Neuen Presse findet sich ein Interview mit dem Eintracht Finanzvorstand Oliver Frankenbach. Demnach steht es wohl irgendwie schon
fest, dass das Waldstadion ab dem Jahr 2020 der Eintracht gehören wird. Gut so. Zusätzliches Geld ist trotzdem nötig,
z.B. durch Verkäufe, aber das wird Fredi Bobic schon richtig machen. Wichtiges
Zukunftsthema: Digitalisierung. So soll das Customer Relationship Management (=
das Handling mit uns) durch entsprechende Systeme weiter verbessert
werden. Auch die Internationalisierung kann z.B. durch virtuelle Bandenwerbung
besser unterstützt werden.
Virtuelle Bandenwerbung? Das heißt dann wohl: Bei
Spielübertragungen - sagen wir mal in Japan oder China – wird dann an den
Banden für andere Produkte geworben als in Deutschland. Alternativer Fake ,-)
Auch holographische virtuelle Bilder sind ja längst eine reale Option. Vielleicht kann man dann in naher Zukunft auch die Spielberichte
länderspezifisch variieren: Im mexikanischen Fernsehen spielt Fabian, im
japanischen (verletzt oder nicht) Hasebe und im chinesischen Meier (weil ihn
dann ein potenzieller Investor sieht und kauft) Startformation. Dann ist die
Wahrheit nicht nur nicht an der Bande, sondern nicht mal mehr auf dem Platz.
Martin Schulz macht die Hundert nochmal voll und wird
einstimmig zum Spitzenkandidaten der SPD in NRW gewählt. Im Online-Shop der SPD
kann man jetzt – für 49 Euro 90 - eine Martin Schulz-Pappfigur käuflich
erwerben. „Lebensgroßer Pappaufsteller, mit Rückenstütze für den Einsatz im Innenbereich. Durch die Zweiteilung kann der Aufsteller für den Transport einfach zusammengeklappt werden.“ Der Papp-Martin To Go ist ab 3. April
lieferbar.
Samstag, 25.3.2017
Frühling, Sonne, Wind. Frühstücken gehen und dann auf den
Mainzer Wochenmarkt, der sich bunt, vielfältig und wunderbar rund um den Dom
ausbreitet, aber in den letzten Wochen immer größere Lücken aufzeigt. Ich kaufe
Salatpflänzchen fürs Frühbeet und komme ins Gespräch mit einer
Marktbeschickerin. Manche Bauern haben altersbedingt aufgehört, erzählt sie, für andere lohnt es sich nicht mehr. Die Leute kommen zwar auf den Markt, aber sie
kaufen Gemüse und Käse nicht hier, sondern im Bio-Laden, wo der Salat zwar aus
Ecuador importiert wird, aber echt Bio ist.
Auf dem Markt hoch im Kurs steht dagegen das Marktfrühstück am Fischtor.
Dort gibt es Secco, Wein, Käsewürfel, Fleischwurst, Small Talk. Chillen, sehen
und gesehen werden – schick und schön.
Ein älterer Mainzer mischt sich in unser Gespräch. „Forschbar ist des. Die Leut
bringe sich schon ihr Wasserkäste zum Spritze mit. Da is kein Durchkomme mehr.
Da isses so voll – entschuldische se – da kannste kaan Forz mer lasse.“
Sonntag, 26.3.2017
Im Saarland wird gewählt. Ein Kopf an Kopf-Rennen von CDU
und SPD wird erwartet, vielleicht wird es am Ende für rot-rot reichen – dann gewinnt doch die amtierende CDU-Ministerpräsidentin deutlich dazu, die SPD bleibt weit
hinter den Erwartungen zurück. Das ist der Schulz-Effekt.
Lässt sich aus dem Wahlergebnis ein Trend für den Bund
ableiten? Wenn verloren wird: Nein. Wenn gewonnen wird: Sicher. Das haben
Wahlen mit Testspielen gemeinsam. Die SPD-Kandidatin kommt später am Abend zu
einer eigenen Einschätzung. 5% Verlust gegenüber der Wahl von vor vier Jahren,
aber auch 5% mehr als in den Umfragen vor einigen Monaten. „Wir dürfen nicht
vergessen, wo wir herkommen.“ Auch das habe ich irgendwo schon mal gehört.
Montag, 27.3.2017
In der NZZ berichtet Slavoy Zizek über das „Affirmative Consent Kit“, das ein Kondom, Pfefferminztabletten und einen Vertrag enthält,
mit dem zwei Menschen einvernehmlich bestätigen, dass sie einvernehmlich Sex
haben. Das kleine Päckchen wird in den USA vertrieben und kostet 2 Dollar. Um
ganz sicher zu gehen, wird empfohlen, dass beide „Parteien“, bevor sie zur Tat
schreiten, außerdem ein gemeinsames Foto machen, auf dem sie den von beiden
unterschriebenen Vertrag in die Kamera halten.
Wie es heißt, ist die Eintracht an einer Rückholung von Pirmin „feiner Kerle“ Schwegler interessiert. Jetzt verstehe ich endlich unsere
Transferpolitik: Wir geben die richtig guten Spieler ab und wenn sie sich dann
andernorts nicht durchgesetzt haben, holen wir sie wieder zurück, denn dann
können wir sie uns leisten.
Dienstag, 28.3.2017
Nachdem in den letzten Wochen an allen Ecken die
Götterdämmerung von Alex Meier beklagt und damit seine Demontage gleichzeitig
vorangetrieben wurde, nutzt Bruno Hübner jetzt die Vorlage, um klar zu stellen,
dass „Alex Meier für uns eine echte Alternative“ wird, wenn er „körperlich ineinem guten Zustand ist und auch mental fit wird.“ Ok. Das war’s dann wohl.
Mittwoch, 29.3.2017
Wimmelbuchwetter: Der Himmel ist blau. Die Sonne scheint. Der
Hund ist braun und bellt. Drei kleine Mädchen mit Rollschuhen überqueren die
Straße. Die getigerte Katze miaut aus dem Gebüsch. Die Nachbarin gegenüber
harkt im Garten. Der kleine Junge schießt einen Ball an das Garagentor. Sein
Papa klopft den Putz von einem Mäuerchen. Der Frosch plumpst in den Teich. Die
ältere Dame schiebt einen Rollstuhl, in dem eine sehr alte Dame sitzt, die auf
dem Schoß ihre Handtasche festhält. Der Junge mit dem blauen Kapuzenshirt fährt
freihändig auf seinem Rad. Nachbarkater Sam rennt eilig über den Weg. Ich
blinzle in die Sonne.
Donnerstag, 30.3.2017
Donald Trump erlässt ein Dekret, mit dem er ein Dekret von
Barack Obama widerruft, das noch nicht umgesetzt wurde. Interessenverbände
kündigen an, gegen die Schäden zu klagen, die durch die Verschlechterung der
Bedingungen entstehen, die bisher noch gar nicht verbessert wurden. Hä?
Exakt – also EXAKT - den gleichen Bericht, den ich zu diesem
Thema am Donnerstagabend in der Tagesschau sehe, habe ich am Abend vorher
bereits im Nachtmagazin gesehen. Doppel-Hä!
Zum ersten Mal in diesem Jahr: Abends wieder lange draußen
sitzen. Zum Abschluss des Tages noch eine WhatsApp aus der Ferne: Das verloren gegangene Katerle Max ist nach zwei Wochen mager und hungrig, aber glücklich wieder zuhause
eingetroffen. Die Frühlingssterne glitzern.
Samstag, 1. 4. 2017
Kid Groupie sagt bisweilen, dass jemand "stinkt wie ein Wiedehopf". Ob ich mich da jetzt freuen soll, wenn der jetzt wieder gesichtet wird? ;-)
AntwortenLöschenIm Schwarzen Loch wird man die Detari-Millionen nicht finden. Die sind nämlich nicht versteckt, sondern verprasst. Alte Frankfurter Schule, sozusagen. :-)
Das Waldstadion würde ich geschenkt nehmen, aber das vor mehr als zehn Jahren errichtete Bauwerk nicht kaufen: Das Müngersdorfer Stadion hat keine 30 Jahre gestanden ... Die Eintracht will das Ding betreiben, wenn ich es richtig verstanden habe. Und anstelle von Lagadère vermarkten, wenn die nicht die Kosten senken und mehr ranschaffen. Oder so. Weil es ist ja kein Geld da. Die 12 Millionen TV-Gelder mehr reichen ja in der nächsten Saison gerade mal für eine schwarze Null.
Wann es wiedermal für ein Tor oder gar einen Sieg reicht, werden wir sehen. Das, was da gestern gut gelaunt verblasen wurde, macht ein mental mieser Meier vor dem gemeinsamen Frühstück rein. Wenn er gesund und fit ist. Ist er leider nicht (mehr).
Bobic erzählt derweil von „nicht einmal ansatzweise“ veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, doch sein für Finanzen zuständiger Vorstandskollege muss daraufhin einräumen, dass das „nicht ganz stimmt“. Da bleibt Frankenbach nur die Vermutung, dass der Kollege „vielleicht den einen oder anderen im Umfeld da auch etwas wachrütteln wollte.“ Während Sportdirektor Hübner sich wünsche würde, dass jemand aus dem dermaßen wachgerüttelten Wirtschaftsumfeld in Frankfurt sagt: „Ich fühle mein Geld bei der Eintracht gut aufgehoben, sie haben in den vergangenen Jahren mit bescheidenen Mitteln viel erreicht. Jetzt will ich ihnen helfen, es macht viel Spaß mit der Eintracht, jetzt will ich was zurückgeben.“ Mir macht die Eintracht nicht ganz so viel Spaß, wie es Hübner gerne hätte, doch ich habe auch die Kohle nicht, von der sie bei der Eintracht weiter träumen wie von dem, der ihnen diese Kohle in den Schoß legt. Was ja eine gewisse Tradition hat. Auch im Umfeld. Wegen Skyline und so. Oder so.
Spaß hatte ich beim Lesen deines Blogeintrags! Der ist klasse.
Vielen Dank für deine Anmerkungen, lieber Kid. Ehrlich gesagt, würde ich in die Eintracht in heutiger Zeit nicht investieren, auch wenn ich das Geld hätte. Dazu ist sie mir (trotz und alledem) viel zu wichtig. Wer heute in Fußball investiert, investiert in ein Unternehmen und nicht in den Sport und schon gar nicht in die Seele eines Vereins. Ganz abgesehen davon, gefällt mir das Konzept - oder soll ich sagen: der Marketingplan - der derzeitigen Führungsmannschaft nicht. Dann vielleicht doch lieber einfach verprassen? :)
AntwortenLöschenDie von dir hier zusammengefasste Rechnung, bei der oben die Millionen stehen und unten die schwarze Null herauskommt, finde ich wie du äußerst befremdlich. Klingt als sei die schwarze Null dem schwarzen Loch gar nicht mal so unähnlich.
Mein Mit-Adler nutzt den Wiedehopf-Vergleich eher visuell: "Frisur wie ein Wiedehopf." Keine Ahnung, wen z.B. er damit meinen könnte. Ich halte jedenfalls Ausschau, ob ich ihn (den Hopf) hier im Garten sichte (Selzen liegt ja irgendwie irgendwo ebenfalls zwischen Gau-Algesheim und Mainz. Ab sofort achte ich nicht nur auf Püschel auf dem Kopf, sondern auch auf strenge Gerüche.
PS: So viele Schnipsel und doch so vieles, das ich unterbringen wollte und danm doch vergessen habr. Die rotundschwarze Wand. Charly Körbels Gehirn. Und - am wichtigsten: Wolfgang Solz, der gestern vor dem Spiel gewürdigt wurde.