Direkt zum Hauptbereich

"Jede Serie geht einmal zu Ende," sagt Adi Hütter. Und er hat recht.

Nein, nein, nein. Ich kann es einfach nicht. Seit vielen Jahren kämpfe ich einen stillen Kampf mit einem lieben Freund, der einen entscheidenden Fehler hat: Er ist ein 05er. Und immer, wenn das nächste Spiel der Eintracht in Mainz bevor steht, verfolgt er eine ganz eigene, perfide Taktik: Er stapelt tief. Mehr noch: Er behauptet mit voller Verve, dass die Mainzer gegen die Eintracht sowieso keine Chance haben, dass wir haushoch überlegen sind, einfach sang- und klanglos gewinnen. Am Anfang habe ich noch versucht zu diskutieren, - von wegen: Du bist ja wirklich ein echter Fan... so viel Vertrauen in die eigene Mannschaft muss man erst mal haben... Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde... - aber dann fing ich an, das Ganze als miesen Trick zu durchschauen. Symbolisch werde ich - schon mal stellvertretend für den Rest der Eintracht-Welt eingelullt, wohlwissend, dass es am Ende dann doch wieder kommen wird, wie es in Mainz immer kommt: Die Eintracht gewinnt. Nicht.

Pah. Nicht mit mir.

Dieses Jahr wollte ich dagegen halten, aus gutem Grund und mit guten Argumenten. Selten standen die 05er zum Zeitpunkt des Spiels gegen die Eintracht so mies da wie in dieser Saison. Und ist es nicht eine besondere Spezialität der Eintracht, sich gerade gegen vermeintliche Underdogs, Tabellenletzte oder bereits feststehende Absteiger voll in die Nesseln zu setzen? Wie oft waren wir   - gefühlt oder tatsächlich - die einzige Mannschaft, die gegen ansonsten sieglose Teams als Verlierer vom Platz ging. Ich erinnere mich an Spiele gegen die Stuttgarter Kickers oder gegen Bochum  - omg wie lang ist das her? - Nieselregen, 12.000 Zuschauer und am Ende ein 0:1 gegen den Tabellenletzten. Deswegen der Versuch einer innerlichen Kehrtwende: Wenn unverbrüchlicher Glaube an das Gute nichts nützt, dann muss das Gegenteil helfen, heißt: Selbst den Teufel an die Wand malen "Ha", konterte ich also in diesem Jahr als das Geplänkel im Vorfeld des Spiels ("Wenn ihr nach Mainz kommt, fegt ihr uns vom Platz...") anfing. "Ha, von wegen. Keine Panik, dieses Jahr werden wir garantiert bei euch nix holen. Wenn ihr sonst nichts mehr gewinnt - die drei Punkte gegen uns habt ihr sicher." Wenn ich dachte, ich hätte ihm damit den Wind aus den Segeln genommen, war ich falsch gewickelt. "Ha ha", war seine Antwort "Du glaubst doch nicht, dass du mich mit meinen eigenen Waffen ausknocken kannst. Solche Prognosen funktionieren nur, wenn du wirklich daran glaubst."

Da hatte ich den Salat. Ich war ertappt, denn natürlich habe ich tief in meinem Innern und wider besseres Erfahrungswissen keine Sekunde daran geglaubt, dass wir in Mainz verlieren. Dieses Jahr, dieses Jahr wird es anders, dieses Jahr KÖNNEN die Mainzer gar nicht gewinnen - das war der wahre Text der Melodie, die in mir klang... Was also tun? Seit jetzt vier Wochen versuche ich, mich ernsthaft selbst davon zu überzeugen, nicht an einen Sieg in Mainz zu glauben. Wir verlieren.  Natürlich verlieren wir. Sagte ich mir, sagte ich zu jedem, der es hören oder nicht hören wollte. Und fast, fast hatte ich mich selbst überlistet. Aber dann kam der Tag, an dem die 05er ihre Trainer- und Führungsriege umgekrempelt haben. Heidel is back, Schmidt is back. Svensson - sprich: "der Bo" - is back. Und seitdem haben sie, hat mein 05er Freund fast schon unverschämtes Oberwasser. Eben noch Absteiger ("Geht alles den Bach runter..."), heute schon wieder auf hohen Rossen - aus "die Mannschaft" sind jetzt wieder "Unsere Buben" geworden, der Abstieg steht nicht schon praktisch fest, sondern das Gefühl für die Zukunft ist "richtig gut. Das passt."  Und das schlimmste ist: Er könnte recht haben und es passt für die Mainzer wirklich. Jedenfalls ist der Zeitpunkt für die Rückbesinnung auf das, was die 05er ihre Tugenden nennen, denkbar ungünstig. Oder vielleicht gerade nicht?

Mich befreit es jedenfalls von dieser künstlich herbeigeredeten Sack und Asche-Haltung. Ob wir am Samstag endlich einmal wieder bei den 05ern gewinnen? Aber selbstverständlich gewinnen wir. Selbstverständlich. Oder...? 

Kommentare

  1. Kein oder. Einfach so, endlich, in Mainz gewonnen. hüpf, jubel, kreisch. Und da ich mir das Spiel dieses Mal nicht nur angehört, sondern auch angesehen habe, bin ich echt überrascht, von dem, was ich da gesehen habe und wie viel Potenzial und fußballerisches Können in unserer Mannschaft steckt. Mensch. Das hatte ich so bisher noch nicht auf dem Schirm. Younes. Silva. Sow. Kamada... Hinti. N'dcka. Da ist schon was. Und da sitzt auch noch was auf der Bank. Was, wenn wir wirklich einen Europacupplatz holen und die erste Nach-Corona-Live-Saison uns Europa beschert... (Sorry, bin gerade zum ersten Mal seit langem wieder Adler-berauscht). Was für ein Elend, dass wir David Abraham nicht gebührend verabschieden können. Und die Mainzer werden es trotz Tugend-Revival schwer haben, richtig schwer. Auch, wenn es in der zweiten Hälfte nochmal kurz eng zu werden schien - wir waren einfach von hinten nach vorne das technisch und fußballerisch klar bessere Team. Hach.

    AntwortenLöschen
  2. Ich hab mich schon lange davon befreit, mich mit Sätzen "da hammä schon immä schlescht ausgesehe" und "des werd nix,wie immä geesche de Letzte!" auf das größtmögliche Untergangsszenario vorzubereiten. Vielleicht liegt's am Alter? Wir haben die Mannschaft dazu,die ganzen Selbstvertrauen, nicht zu Unrecht und das Spiel geht, überraschenderweise bei 0:0 los. Also warum nicht da gewinnen, bei diesem Regionalspiel.
    Und Younes, ein klasse Kicker, wie der seine gefühlt 50kg mit Ball reinstellt und sich behauptet, N'Dicka mit boatengschen Diagonalpässen, Hasebe mit ,fast schon spielerisch leicht aussehenden Balleroberungen und einem Dilva,der mit Angst macht: einerseits wegen seiner Coolness, andererseits das er sehr potente Vereine auf sich aufmerksam macht.
    Zeit,auch Schalke zu Hause zu schlagen.

    AntwortenLöschen
  3. Ups,ah je, die Rechtschreibung...eieiei. Pardon dafür.

    AntwortenLöschen
  4. Hallo lieber Briegel 😊 ich wollte, ich könnte das auch sagen, aber ich mach in der Hinsicht immer wieder die gleichen alten Fehler. Obwohl die Erfahrung jetzt sehr heilsam war - schon vor dem Spiel doch so offensichtlich, was sich dann ja auch auf dem. Platz bestätigt habt. Die Mainzer so schwach in dieser Saison, dass vermutlich nicht mal Jürgen Klopp sie da unten rausholen könnte, und wir mit einer gut eingespielten Mannschaft, einigen uberdurchschnittlichen Kickern und gewohnten Kampfgeist. Echt kein Grund, sich ins Bockshorn jagen zu lassen, nur weil beim Gegner auf einmal was von neuem Geist und alten Tugenden erzählt wird. Ein Adlerfreund, der meinen Blogeintrag gelesen hatte, schrieb mir: "Richtig so. Eine gewisse Grundarroganz können wir uns schon leisten." So ist es. Und ich habe dann gestern auch echt keine Sekunde gezweifelt, dass wir das Ding gewinnen. Genau so machen wir es gegen Schalke. (oder...?) Leverkusen im pokal? Mal sehen, warum nicht? Und wenn es schief geht? Nicht sooo schlimm. Ein Europacup Platz (mit der Option auf einigermaßen normale Spiele nächste Saison) wäre mir im Moment wichtiger als fanlos im Pokal weiterzukommen.

    Younes - ja. Da haben wir einen richtig guten - wie gut ist mir erst seit gestern klar. Steht ganz oben auf meiner Einkaufsluste für die Wintereinkaufsversammlung unserer Managerliga (must have, nachdem mir Silva schon letzte Saison vor der Nase weggekauft worden ist...) Und N'dicka. Echt manchmal fast zum Zungeschnalzen. Seine Spielintelligenz überrascht immer wieder. Und Hase B ist wirklich ein Phänomen - der kann gerne noch ein Jahr bei uns dranhängen.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die nächste Strophe vom alten Reisbrei

Am Samstagabend höre ich im ZDF Sportstudio die Vorankündigung für das Spiel am Sonntag im Waldstadion. „Hannover kann morgen auf den zweiten Tabellenplatz vorstoßen“, verkündet Katrin Müller-Hohenstein. Tatsächlich? Was Sie nicht sagen. Und die Eintracht? Hey – hallo, das ist unser Heimspiel, und wir werden es gewinnen, weil nämlich dann wir es sein werden, die zu Hannover und zur Spitzengruppe aufschließen. Capisce? Und tatsächlich. So machen wir es. Impressionen vom Spiel: Patrick Ochs, der in der ersten halben Stunde auf der rechten Seite herum mannövert als habe er tatsächlich vor, was er vorher verkündet hatte: Sich festbeißen – und von dem in der zweiten Halbzeit nichts mehr zu sehen ist. Halil Altintop, der (auch in seinem eigenen Sinn) zur Halbzeit hätte ausgewechselt werden müssen, und von seinem Trainer, der voll hinter ihm steht, eine viertel Stunde vor dem Ende zum Abschuss freigegeben und – sichtlich um Fassung bemüht – regelrecht vom Platz gepfiffen wird. (Ja, ja.

Kleines Fußball-ABC - Heute "U" wie "Unterschiedsspieler"

Unterschiedsspieler, der (pl. (selten die); fußballneudeutsch für einen Spieler, der – wie der Name schon sagt – den Unterschied machen und ein Spiel entscheiden kann. Bsp .    → Rebic, Ante (Eintracht Frankfurt) , der in der ersten Runde des DFB-Pokals 2019/20 “ den aufmüpfigen Drittligisten Waldhof Mannheim quasi alleine in die Knie zwang. “ In der Regel ist der → Unterschiedsspieler ein Offensivspieler, aber auch Defensivspieler „mit einer starken Technik und einem guten Gespür für Räume imOffensivspiel“  können Unterschiedsspieler sein  -   Bsp.   → Baumgartner, Christoph TSG Hoffenhei m) , → Kimmich, Joshua (FC Bayern München) oder  →Kostic, Filip (Eintracht Frankfurt), der für seinen Trainer →Adi Hütter derzeit „der absoluteUnterschiedsspieler“ ist. Auch Torhüter  können den Unterschied machen ( Bsp. Neuer, Manuel, FC Bayern München ), was als Beleg dafür gelten kann, dass auch Spieler, die nicht der Mannschaft von →Eintracht Frankfurt angehören, →Unterschiedsspieler sein kö

Hans-Dieter "Fips" Wacker - ein Fußballerleben

Es ist ein paar Monate her, dass ich für diesen Blog im „Kleinen Fußball-ABC“ einen eher satirisch gefärbten Beitrag zum Thema  Nachwuchstalente verfasst habe. Es war Kid Klappergass, der das Thema in einem Kommentar in ernsthaftere Bahnen führte: Es gebe nicht viele große Eintracht-Talente, denen er nachtrauere, aber eines davon sei ganz gewiss Fips Wacker. Fips Wacker? Diesen Namen hatte ich noch nie gehört und machte mich auf die Suche nach ein paar Informationen. Es war nicht viel, was ich im Netz aufstöbern konnte – aber was ich fand, machte mich neugierig. Die „Spur“ führte zum Heimatverein von Fips Wacker, der SKV Büttelborn und wie es der Zufall so will: Einige Wochen später sollte in Büttelborn ein Spiel der Alten Herren – der  Old Boys   gegen die Eintracht-Traditionsmannschaft ausgetragen werden. Wenn für Hans-Dieter Wacker alles so gelaufen wäre, wie es hätte laufen können, hätte er in diesem Spiel vielleicht eine Halbzeit lang für die Eintracht und eine für den SKV auf de