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Pokalabend (fast) ohne Eintracht, aber mit Otto und Felix

Montag, ein langer, langer, geschäftiger Arbeitstag. Gleich halb 11 abends. "Komm, wir setzen uns einfach noch ein bisschen raus und trinken ein Bier..." "Erst noch Pokal-Summary im Ersten...?" Und so machen wir's. 

Das Spiel der Dortmunder in Duisburg ist gerade abgepfiffen. 0:5 klingt happig und Moderatorin Jessy ("Heißt sie wirklich so?") spekuliert, ob das vielleicht ein Rückschlag für die Aufstiegs-Ambitionen der Duisburger sein könnte schon bevor die Saison richtig beginnt. Nein, nein, das muss nicht sein, besänftigt  der äußerst smarte Experte Thomas Broich. Zufrieden nehme ich die Torschützen zur Kenntnis: Reyna, Bellingham... Die habe ich grade vor drei Tagen bei unserer diesjährigen Rheinhessenliga Sommereinkaufsversammlung gekauft und hoffe jetzt also sehr, dass dann dieses Jahr doch etwas mehr als Platz fünf von fünf für mich drin ist, wobei mein Saisonergebnis immer ganz entscheidend von der Performance der Eintracht abhängt: Die Eintracht spielt vorne mit - ich in der RHL auch, die Eintracht dümpelt, ich dümpele ebenfalls. Eine eigenwillige Interpretation des "Zusammen gewinnen, zusammen verlieren"-Gedankens ... Huch, tatsächlich, da sind Zuschauer und es rührt mich, wie da auf der Gegengeraden lauter einzelne Männ- und Weiblein mit Maske Position beziehen,  ihre blau-weißen Schals in den Nachthimmel strecken und ihrer Mannschaft trotz Niederlage zujubeln.

Und ab geht es an die Hafenstraße nach Essen, dort spielt mein Lieblingsaufsteiger Arminia Bielefeld, der nächste Woche - jawohl - das "schwere Auftaktspiel in Frankfurt vor der Brust hat." RWE hat eigentlich keine Chance, aber die nutzen sie. Der Ball läuft in der ersten Hälfte gut und Neuzugang Simon Engelmann, Torschützenkönig der dritten Liga, der viele Angebote anderer Drittligisten vorliegen hatte, aber sich für für RWE und für die vierte Liga entschieden hat, macht sein erstes Tor für den neuen Verein. Aufstieg ist das Ziel. RWE hat bessere Zeiten gesehen und besseres verdient. Und da tatsächlich, auf der Tribüne, da sitzt, als ob er da hingehört, Otto Rehhagel und "dischbediert" (Zitat Opa). Otto sieht aus wie immer, wie schon seit dreißig Jahren, vielleicht sind die Haare (dank Tönung) etwas dunkler als früher, aber sonst: Otto wie er leibt und lebt, optisch ein ähnliches Phänomen wie der seit hundert Jahren unveränderbare Peter Kraus. Und fast könnte ich drauf wetten, dass Otto grad irgendetwas von TUS Helene Essen oder schachbrettartigen Kombinationskontern erzählt.

Nächster Halt: Würzburg. Leeres Stadion. Kein Fan nirgends.  Ich denke an meine Adlerfreundinnen in Würzburg, die sich mehr als einen Ast gefreut haben, als Würzburg es dieses Jahr tatsächlich geschafft hat und in die zweite Liga aufgestiegen ist. Wir kennen uns durch das Eintracht-Forum, Kartenbörse, Treffpunkt Waldparkplatz, bestimmt auch schon 15 Jahre her und treffen uns jetzt immer mal wieder am Rande eines Spiels im Waldstadion. Vielleicht ja im Frühjahr auch mal in Würzburg, so der Plan - aber zu einem Pokalspiel also schon mal nicht. Auch hier ein alter Bekannter auf der Tribüne: Felix Magath, der in der Sonne steht und einen kräftigen Schluck aus einer Bierflasche nimmt. Welche Funktion hat er da? Aaaah... Er ist Chef des "Würzburg-Partners Flyer Alarm Global Soccer" und in dieser Funktion kümmert er sich um den Verein bzw. will mit ihm in die Bundesliga. Mmh. Thomas Broich findet, dass Felix Magath altersmilde geworden und demnach auch Schluss ist mit Medizinbällen und Hügeln des Grauens. Also, drauf verlassen würde ich mich als Würzburger nicht. Schnell nochmal gegoogelt, kommt Felix nicht ursprünglich irgendwo aus der Würzburger Ecke? Nicht ganz, aber fast: Aschaffenburg, das ist zumindest schon mal in bayerischer Nähe. Und wie ich da so vor mich hin google stoße ich in meinem englischen Kurz-Wiki direkt unter Felix auch gleich noch auf weiterführende Links, zum Beispiel Bruno Labbadia, ja Bruno, der neue Hertha-Trainer, der angetreten ist, um beim Hauptstadtclub endgültig den Klinsi-Schock zu verjagen. Das ist gegen Braunschweig ja schon mal prächtig gelungen. Was schreibt Wiki: "Labbadia is of Italian ancestry (...) Labbadia's Italien parents moved to Germany as Gastarbeiter and settled in Schneppenhausen not far from Darmstadt in Hessen. Together with eight siblings, he lived on a farm in Schneppenhausen, where the family had lived for rent, before moving with hist family to a house in Weiterstadt at the age of ten." Wunderbar!

Moderatorin Jessy ist  nach wie vor unglaublich, unglaublich gut gelaunt und gibt jetzt nach kurzem Talk weiter nach Dresden. Dort sieht das Stadion richtiggehend voll aus.  Menschengruppen, auch einigermaßen dicht nebeneinander. Der Reporter berichtet von "Infektionsgemeinschaften", die gebildet wurden. Häää? (...kurz schießt es mir durch den Kopf, ob man hier eventuell Querdenker-Demonstranten, die ja ohnehin zusammen...praktischkeitshalber... - Quatsch... Unfug...).  Also, es ist ziemlich voll und die Kulisse klingt fast nach normalem Stadion. Je deutlicher Dünamo, Dünamo führt, desto lauter wird es logischerweise. Dünamo. Dünamo.  Kleiner Eklat am Ende - hastdunichtgesehen stürmt der HSV-Spieler Toni Leistner auf die Tribüne und knöpft sich einen Zuschauer vor, der ihn - wie  wir jetzt wissen - wohl das ganze Spiel über beschimpft und beleidigt hat. Muss nicht sein, darf er nicht,  muss er wegstecken, wo kämen wir hin, schon klar,  aber seine Reaktion ist - irgendwie - verständlich....? Und da ist schon die nächste Eintracht-Erinnerung. Freundschaftsspiel in weiß nicht mehr. Das Spielfeld ist eng umlagert. Kurz vorher ist bekannt geworden, dass Jermaine Jones, dem wir eben bei seinem Comeback (6:3 Sieg gegen Köln) noch unsere Herzen zu Füßen gelegt haben, die Eintracht verlassen wird.   Nahe bei uns steht ein  äußerst kräftiger  Eintracht-Fan, der das ganze Spiel über pöbelt, sobald Jones irgendwo in der Nähe vorbei kommt. "Verpiss dich du Wixxer" und so weiter.  Abpfiff, die Mannschaft ist noch auf dem Platz und unser Freund setzt wieder an. Jermaine blickt sich suchend um, setzt sich in Bewegung geht direkt auf die Fangruppe zu, in der der Rufer sich befindet,  baut sich auf... Und, ist was, dann komm her... Der Rufer kommt natürlich nicht, im Gegenteil, er macht sich ganz klein und verschwindet irgendwo im Nirwana.  Klar, auch bei  mir hat Jermaine Jones keinen Kredit, die Wunde, die er damals mit seinem Abgang gerissen hat, bleibt, aber im Ernst: Ein tougher und irgendwie auch cooler Typ war das schon. 

Zurück nach Dresden. Der sympathische HSV-Trainer Thioune (ist er eigentlich echt der erste schwarze Trainer im deutschen Profi-Fußball?) zieht ein kurzes Fazit des Spiels  - und (bei aller Häme, die man beim Sturz eines Großen so ein bisschen ja immer empfindet) wünsche ich dem HSV wirklich, dass er in dieser Saison die Kurve bekommt und nicht komplett in der Versenkung verschwindet, wie so mancher große Vereine vorher. Seine Lektion gelernt hat er ja. Na ja...Vielleicht.

Aus. Aus. Die Pokalzusammenfassung ist aus. Jessy strahlt uns noch einmal an, aber auf den Sporttalk mit Alexander Bommes verzichten wir jetzt trotzdem und wechseln lieber den Standort. 

Immer noch Sommer. Schwarze Nacht. Ein kaltes Bier.  Bänkchen hinter dem Haus. Sternenhimmel. Der Kater springt neben mir auf den Sitz und schnurrt.







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