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Sommerpausen-Pause

Bei 34 Grad stecken wir wahr- und wahrhaftig  mitten in der Sommerpause. Ein schönes Beispiel dafür, dass die Worte nicht immer das bedeuten, was man vermuten sollte. Sicher ist: Ein gutes Drittel der fußballfreien Zeit liegt hinter, die Fußball-Weltmeisterschaft vor uns – ein guter Zeitpunkt, um ein kurzes Zwischenfazit zu ziehen. 

Die Ära Schaaf bei der Eintracht hat so weit recht ordentlich angefangen: Wir wollen auch in der kommenden Saison nicht absteigen. Und wir fahren nach Berlin. Das ist doch schon mal was. Nur schade, dass auf dem Weg dorthin immer mehr Schäfchen abhanden kommen. Armin Veh hat uns bereits wegen der besseren Perspektive in Richtung Stuttgart verlassen, Sebi Jung und Pirmin Schwegler suchen Perspektiven in Wolfsburg und  Joselu findet sie in Hannover, obwohl er sich doch eben noch so wohl bei uns gefühlt hat. Auf der Haben-Seite verbuchen wir Timothy Chandler, den wir als  zurückgekehrtes „Eigengewächs“  willkommen heißen, während die Nürnberger ihn als „Söldner“ beschimpfen. So ist halt tatsächlich alles eine Frage der Perspektive.

Und noch? Die U15 hhat sich den süddeutschen Meistertitel geholt, was  im Nachhinein nicht verwundert, weil Nelson Mandela schon immer für die gute Sache gekämpft hat. Die 05er bejubeln den Aufstieg ihrer U23 in die Regionalliga, wir bejubeln unsere Auflösung. Tradition verpflichtet. Damit die der Jugend entwachsenen Jugendspieler, die nicht gleich den Anschluss an die Profi-Mannschaft schaffen, trotzdem Spielpraxis erhalten, will die Eintracht künftig häufiger Testspiele vereinbaren. Wie zu hören ist, ist Jürgen Sparwasser aufgrund dieser Nachricht dann doch noch einmal in sich gegangen und hat versichert, dass er sämtliche Enkel, Neffen und andere entfernte Verwandte so weit verfügbar umgehend bei der Eintracht anmelden wird.  Trotzdem bleibt inmitten von alledem die für mich richtungsweisende einträchtliche Neuigkeit der wunderbare Sommerfahrplan, der in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde. Der gefällt mir wirklich und macht Lust auf Meer. Das erste Trainingslager findet auf Norderney statt.  Zumindest da können wir jetzt schon sicher sein: Es weht ein frischer Wind.

Auch jede Menge Geburts- und Jahrestage gab es in den vergangenen Wochen.  Bob Dylan wurde 73, Oka Nikolov 40 und Tony Yeboah ungefähr 48 Jahre alt. Bereits 80 ist Donald Duck (der, wie jeder weiß, niemals Dack, sondern immer Duck ausgesprochen werden muss). Im Eintrachtzusammenhang ist selten von Donald, dafür häufiger von Dagobert die Rede. Warum eigentlich?  Ein besseres Vorbild als Donald kann es für uns doch  fast nicht geben. Wie sagt mein alter Freund Bernd immer? Donald Duck – das letzte Beispiel vom wahren Leben im Falschen.  Kein Geld, trotzdem erfolglos, immer für ein Abenteuer gut  und einfach nicht unterzukriegen.

Apropos Sommerpause: Neben dem Fußballstadion behauptet sich das  Freibad im Sommer als einer der letzten wahrhaft demokratischen öffentlichen Räume.  Das Schwimmbad im Nachbarort, das sonst in den Morgenstunden ein friedlicher Ort ist, ist an Pfingsten aus gegebenem Anlass schon morgens pickepackevoll. Dick, dünn,  eingequetscht, wogend, blass oder ritzerot, eitel oder das Gegenteil davon – nach ein paar Minuten im Wasser oder auf der Liegewiese sind wir alle gleich. Kinder kreischen. Schwimmende Riesendelfine. Beckenrandgespräche und ein kleiner magerer  Junge, der vor Begeisterung kopfüber rückwärts die Riesenrutsche hinunter saust und dabei über alle Backen strahlt.  Die Frau, an der ich vorbeischwimme, war gestern Abend in Don Giovanni, die italienische Mama thront auf einer Liege inmitten ihrer Kinderschar und gönnt sich erst einmal ein Zigarettchen und der  athletische junge Mann auf dem Badehandtuch schräg vor mir hat seinen mickrigen kleinen Freund dabei, damit das Flügel-Tattoo auf seinem muskulösen Rücken noch ein wenig besser zur Geltung kommt. Überhaupt: Tattoos. Jeder. Überall.   Hintern. Oberarme. Beine. Großflächig. Winzig. Schmetterlinge. Schlangen.  Blüten. Tribale. Köpfe. Schnörkel. Buchstaben.  Wie sagt Gerd Knebel: Woran erkennt man heute mit ziemlicher Sicherheit die größten  Spießer? Am Tattoo. Damit hat er recht – auch wenn diese Szene (leider, leider) schon so ziemlich die einzige, wirklich lustige Szene im neuen Badesalz-Programm ist. 

Nicht auf der Bühne, sondern in echt  verweigert unterdessen die Bundespolizei die  Einstellung einer Bewerberin, weil ihr Tattoo  Rückschlüsse auf „überzogene Individualität“  zulässt. Ich hätte ja gedacht: Auf  überzogene Anpassung.  Wenn wir schon mal dabei sind, unser Scouting neu auszurichten, sollten wir uns möglicherweise auch die Tattoo-Frage stellen?

Am Pfingstmontag fahre ich abends, in den Dämmerstunden, mit dem Rad durch Weinberge und Felder. Weizen-, Gerste und Hafer stehen im Halm. Mohnblumen blühen müde. Die Wärme des Tages hängt wie ein Schleier über der Landschaft.  Träge Weite. Ein Rebuhn flattert. Nichts zu sehen von Hase A, aber Hase B sitzt mitten auf dem Weg, flitzt plötzlich los, schlägt einen Haken und verschwindet im Acker. Alles ist still.  

Kommentare

  1. Die Szenen im Schwimmbad habe ich neulich auch erlebt. In Nachbars Garten. Weia.

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  2. :)

    Bei den Tattoos sind Adler-Tattoos und Tattoos "von vor früher" natürlich ausgenommen ,-)

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  3. Alles eine Frage der Perspektive. Wohl wahr. Hier der verlorene Sohn, da Verräter und Söldner.

    Nicht abwaschbare Körperbemalungen fand ich mal interessant, ist bei Kid Groupie immer noch schön und sonst für mich wie einst Lederkrawatte und Schuterpolster: modischer Mainstream Marke unvermeidlich.

    Individuell will Mensch sein. Im und durch den Unterschied wahrgenommen werden. Und taucht dann doch oft nur in einer (anderen) uninformierten Masse unter. Tragisch. Komisch. Wie das Leben.

    Einen, der höchst individuell kickt, meinetwegen zuweilen auch überzogen, den würde ich mir für die Eintracht wünschen. Und für mich.

    Liebe Grüße

    Kid

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  4. Ein ähnliches Phänomen wie die Perspektive ist auch die Strategie. Die kann man auch schon mal wechseln, wie man bei der Eintracht grade sieht, also: vielleicht ,-)

    Das blöde ist: Öffentlich abweichen geht nicht mehr. Die radikalste Form des Abweichens ist Verweigerung - auf die Gefahr hin, dass man dann halt nicht mehr "ist".

    Ein individuell kickender Stürmer, ja, das wär's. Vielleicht findet Bernd Hölzenbein ihn ja in Brasilien. "Frankurts next Caio" - das wäre fast einen eigenen Eintrag wert ,-))

    "You can't be sure that life is nothing more than one big joke." (Bob Dylan)

    Danke für deine Anmerkungen, lgk

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