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rotundschwarz weekly (2)


Eine Woche, in der der Frühling mit aller Kraft durchbricht, und die doch voller großer und kleiner Katastrophen steckt. Tagsüber scheint die Sonne, abends flimmern Schreckensbilder aus Boston oder Waco über den Bildschirm. Ich arbeite viel, schlafe wenig  und komme doch  nicht so voran wie es mir lieb wäre. Weiter, immer weiter. Ist heute Donnerstag oder Mittwoch oder doch schon Freitag? Die Tage verschwimmen ineinander.

Vor dem Wochenende entlädt sich das erste  Gewitter in Rheinhessen, es stürmt  (nein, nicht die Eintracht), die Bäume im Garten wanken fast waagrecht, der Donner grollt und  nur das schwarzundweiße Kätzchen, das bei uns wohnt, kümmert das alles überhaupt nicht. Es liegt bei offenem Fenster eingekringelt im Sessel und schläft.

Der Sonntag,  an dem die Eintracht in Augsburg spielt, ist ein strahlend schöner Frühlingstag.

Nachmittags sitze ich in meinem Arbeitszimmer, schaue aus dem Fenster auf die wenig befahrene Straße vor dem Haus und bin auf einmal mittendrin in einem Wimmelbuch.  Die Vögel zwitschern. Klingeling. Von rechts rollert ein kleiner Junge durchs Bild. Tripptrapp Laufgeräusche, Lachen. Von rechts zwei ältere Jungs. Irgendetwas scheppert  – ah ja, dahinter kommt noch ein Kumpel mit Skateboard. Von rechts: Junge Frau mit Kinderwagen. Sie bleibt gegenüber am Zaun des Gartens stehen und späht nach etwas aus. Von fern: Musik, Motorengeräusch. Eine Autotür klappt. Alles ist in Bewegung. Die Luft vibriert. Noch.

Vor dem Spiel erhält Armin Veh eine Jim-Knopf-Puppe von einem Augsburger überreicht. Erleichtert nehme ich zur Kenntnis, dass Jim Knopf noch nicht nach der neuen PC-Verordnung überarbeitet ist und aussieht wie immer: Rabenschwarz mit vollen, roten Lippen. In der Halbzeitpause wirbt Oli Kahn im TV für Grillwürstchen. „Mann, bist du ne Wurst“ – ein Satz, den man nahtlos auch bei anderen Gelegenheiten anbringen kann. Hilflos, mutlos, chancenlos. Die Eintracht verliert mit 2:0. Gab es nicht mal einen König, der den Beinamen „Ohneland“ trug? Wir bleiben wieder ohne Tor und Land sehen wir auch keines.

April, April, macht, was er will. Erinnere mich an meinen Grundschullehrer Stockert, der uns einst im April ein Wettertagebuch führen ließ. Gute Idee eigentlich:


Die Wahl des Stürmers der Stunde hat – wie die Wahl in Venezuela – zwar ein Ergebnis, dessen Zustandekommen lässt sich aber nicht einwandfrei rekonstruieren.  Viele abgegebene Stimmen fallen unter den Tisch.  Am ersten Abend liegt Oka  (also: Nicht in Venezuela...)  mit 9 von 13 Stimmen klar vorn, die anderen Stimmen verteilen sich auf Taka, Rode, Carlos Zambrano und die Mannschaft. Am zweiten Abend hat Oka nur noch eine Stimme, die Stimmzahl insgesamt ist auf 9 geschrumpft, vorne liegt die Mannschaft mit 3 Stimmen. Beim Abpfiff schließlich schlagen satte 10 Stimmen zu Buche, vorne liegt Carlos Zambrano mit 6. Der Titel sei ihm gegönnt - aber einen Eid würde ich jedenfalls nicht darauf schwören. The Last one now will be later the first. Falls das Tool auch weiterhin nicht funktioniert, mache ich das näcshte Mal kurze Fuffzehn und halte es wie das Oberlandesgericht München: Ich lose den SdS einfach aus.

Montag  ist ein strahlend schöner Sommertag mitten im April, sitze von morgens bis abends vor dem PC und arbeite an einem Text über Bildungscontrolling und Wissensmanagement. Mein Kopf kreiselt, abends entschließen wir uns spontan, das erste Mal in diesem Jahr zu grillen. Wir essen, trinken und schwätzen uns fest. Sitzen mit dicken Jacken bis spät in die Nacht unterm kühlen Sternenhimmel und reden uns die Köpfe heiß. So ist das eben: Manchmal hat man die Dinge nicht unter Kontrolle und wissen tut man auch nichts.

Die Hoffnung, dass die Bayern sich im Pokal gegen Wolfsburg vielleicht doch noch einen Ausrutscher leisten, erweist sich als eitel und hohl. Ratz fatz aus die Maus. Der VFB  Stuttgart setzt sich gegen Freiburg durch und spielt uns einen …ähem… Streich.  Dann müssen wir halt doch Sechster werden.

Auf der Website des Kicker entdecke ich ein Video: „Eintracht rätselt über Einbruch.“ Huch,  davon hab ja gar nicht mitgekriegt. Was ist da denn passiert?  Klicke das Video an: Ein  Bericht über das Training am Tag nach dem elenden Spiel in Augsburg.  Interviews. Kurze Einschätzung. Fertig.  Ja, und? Wo bei der Eintracht eingebrochen worden ist, weiß ich immer noch nicht. Hä? Ach sooooo *stirnpatsch* Einbruch. Manchmal bin ich echt ein bisschen dämlich.

Die CDU einigt sich auf die Pseudo-Frauenquote und Uli Höneß kommt die Bundesliga spanisch vor. Was für eine feine Ironie. Jetzt warte ich darauf, dass Höneß vorschlägt, für die Bundesliga die Flexi-Looserquote einzuführen. Jedes Jahr bekommt eine Mannschaft aus dem unteren Drittel einen 12 Punkte-Vorsprung und darf dann versuchen, die Punkte irgendwie ins europäische Ziel zu retten. Für jeden aus eigener Kraft errungenen Punkt erhält der Verein eine Schuster-bleib-bei-deinen-Leisten-Prämie, sagen wir: 1.000 Euro, außerdem ein Promille mehr bei der Zuteilung der Fernsehrechte. Für  die Spitzenkräfte der jeweiligen Mannschaft stellt der FC Bayern dann im Folgejahr 1A-Betreuungsplätze an der Säbenerstraße zur Verfügung. Wär doch gelacht, wenn wir die Schere nicht noch ein bisschen weiter ausreizen können.

In Arbeitspausen, in der Regel in den Abendstunden, habe ich mir in letzter Zeit angewöhnt, die eine oder andere Runde bei den PFYC-Adlern zu spielen. Merke: Tore schießen macht Spaß. Von Montag bis Mittwoch geht es um den Einzug in den Europacup, für uns normalerweise kein Problem. An diesem Mittwoch stehen wir Nachmittags noch auf Platz 6, aber von hinten kommt der MSV Duisburg immer näher, näher, näher – bei Abpfiff sind wir aus den  Europacup-Plätzen gerutscht: Platz 7. Der virtuelle Gegner, gegen den wir ausgeschieden sind, trägt blaue Trikots. Aaaaaargs

Aber es gibt Hoffnung: „Auf Platz 1 in die Zukunft“ steht nämlich - gemäß einer aktuellen Studie - Frankfurt und hat die besten Perspektiven – „sogar bessere als München“. Hier ist zwar vom Städteranking die Rede und nicht vom Fußball, aber macht ja nix. Es ist Frühling, da ist alles möglich.

"Gerade vor uns lag ein unübersehliches Tal, in das wir nun hinunterzogen. Da war ein Biltzen und Rauschen und Schimmern und Jubilieren! Mir war so kühl und fröhlich zumute, als sollt ich von dem Berge in die prächtige Gegend hinausfliegen." (Joseph von Eichendorff, Aus dem Leben eines Taugenichts).

Die Flügel spreizen und hinausfliegen - wir sollten es zumindest versuchen.

Kommentare

  1. Liebe Kerstin du schreibst:
    Ich arbeite viel, schlafe wenig
    bei mir ist gerade umgekehrt.

    Ich freue mich heute aufs Spiel.Einer meiner Freunde ( aus dem Block 24A)hat besuch von seinem Bruder aus Austin/Texas.Ein Einrachtfan.
    Werde heute wieder mal viel knipsen.Vor während und nach dem Spiel.Mache dann eine CD für ihn .Die kann er dann in Texas zeigen was wir für ein super Stadium wir haben.

    Am nächsten Sonntag sitze ich in Mainz im Block H.

    schönes WE.

    LG Dieter

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  2. Ja, der Frühling bricht mit aller Kraft durch - und deswegen bleibt der Allergiker aus der Klappergass' heute mal bei geschlossenen Fenstern im Haus. Ich hab nämlich - wieder mal oder immer noch? - die Nase voll. ;-)

    Und so erwarte ich passenderweise eine Niederlage gegen Schalke. Und hoffe, dass ich überrascht werde. Angenehm, wenn's geht. :-)

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  3. Komische Woche war das irgendwie. Mal hat man das Gefühl, die Welt steht still und dann merkt man doch wieder, es dreht sich alles und überall weiter. Mal so, mal so. Wie das Aprilwetter...

    Heute ein Heimsieg würde mich mit dieser Woche ganz versöhnen. Auf geht's Eintracht!

    LG Nicole

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  4. Eintracht-Fan aus Texas live im Stadion dabei? Sehr cool. Jawohl, jawohl, fotografiere ordentlich - damit der Ruhm der magischen Eintracht falls nicht nach Europa, dann "zumindest" weiter hinaus in die Welt zieht :)

    O je, das ist aber schade, lieber Kid, dass du dich dann gezwungenermaßen gar nicht so richtig was vom Frühling hast. Wenn die Eintracht nachher trifft, bin ich jedenfalls sicher, dass dein Torjubel auch durchs geschlossene Fenster draußen zu hören sein wird ,-)

    Lassen wir uns überraschen, freu mich total aufs Spiel - und baue fest darauf, dass ich nach einem Sieg heute Nacht tief und fest schlafen und den in der Woche versäumten Schlaf nachholen werden ,-))

    SIEG!

    PS @ Happy: Bin in M1, wenn ich mich nicht sehr täusche, in Blog G. CU!

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  5. @Nicole: Wir hatten anscheinend eine ähnliche Woche... - gegen Ende der Woche habe ich gespürt, dass ich mich wieder mit der Welt drehe, ein Sieg wäre soso schön, bis gleich?!!

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    1. Kerstin, wir haben ja alles richtig gemacht, was? Wir haben uns vor dem Spiel getroffen und dann endlich wieder: Tolles Spiel, Heimsieg, alles perfekt :). Freue mich sehr auf Mainz jetzt. Mit dir.
      Hihi, unser 2. Auswärtsspiel diese Saison.

      LG Nicole

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