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"Eigentlich war es doch ganz schön..." - Aufstiegsfeier Tag- und Nacht-Gedanken

Eigentlich geht es um Fußball. Deshalb ist es schon ein etwas merkwürdiges Gefühl zu einem regulären Punkt- und Meisterschaftsspiel zu fahren, bei dem von vornherein klar ist, das es nur eine Kulisse darstellen wird. Es geht noch um etwas. Wir wollen als Tabellenführer aufsteigen. Ja. Eigentlich.

Der Sonntag, der Tag des Spiels gegen 1860 München ist da. Das letzte Heimspiel in der zweiten Liga. Beim Spiel gegen Aue, das waren aus dem Spiel heraus geborene große Gefühle, Überschwang, heller Jubel. Nach dem Spiel in Aachen dann eine große Zufriedenheit und Erleichterung. Stilles Glück. Heute? Heute ist ein Feier-Tag. Ein großes Fest für alle und mit allen, die die Eintracht lieben. Adlerfestspiele. Die Mannschaft hat ihr Versprechen gehalten. Wir sind wieder da. Erstklassig und jetzt fahren wir ins Waldstadion um uns zu bedanken und mit der Mannschaft und mit unseren Adlerfreunden zu feiern.

Heute ist alles anders: Kein rituelles Anlegen der immergleichen Glücksbringerklamotten vor dem Spiel (die sind jetzt endgültig in der Wäsche), kein – wie bei uns leider häufig übliches – Zuspätkommen. Heute. Nicht. Schon kurz nach 11 sind alle Adler eingesammelt und wir sitzen wir im Auto und brausen erwartungsvoll Richtung Waldstadion. In den Wäldern um den Parkplatz ist es noch relativ ruhig, aber je näher wir zum Stadion kommen, desto lauter und bunter wird es. Hinter uns hupt es. Unser lieber DK-Adlerfreund leuchtet rotundschwarz aus seinem Autofenster. Eintracht. Eintracht. Ruft er. Ein warmer Funke springt von Adlerherz zu Adlerherz – hey. Unsere Eintracht. Wir!

Während meine Mit-Adler bei Black and White die gewohnte Spieltagsbratwurst verzehren, gehe ich heute andere Wege. Breaking the Rules. Lasse mich von der rotundschwarzen Welle tragen, schlendere am Waldrand entlang zum Gleisdreck. Von fern höre ich Stimmen durch den Lautsprecher, aha – die Waldtribüne, die ich noch nie live erlebt habe und jetzt zumindest schon mal höre.


Am Parkplatz Gleisdreick brodelt es. Suche in der Menge nach bekannten Gesichtern,  will so gerne den einen oder die andere meiner Adlerfreunde Aufstiegsumarmen. Leider. Ich finde sie nicht. Simse. Mein Ruf verhallt und so genieße ich stattdessen die bunte, knisternde Atmosphäre. Aus dem Lautsprecher am Fan-Container  schallt Johnny Cash. Walk the line und ich walke dann auch, allerdings nur bis zum Eingang, wo heute alles  überraschend schnell geht. Lachen. Schubsen. Singen. Wutsch sind wir drin und bekommen hinter dem  Eingang einen  Gutschein für zwei Freigetränke in die Hand gedrückt.  „Das ist das erstemal, dass ich von der Eintracht was geschenkt kriege.“ Da ist was dran. Ich freu mich trotzdem.

Der Weg zu unserem Block führt mich ein ganzes Stück herum ums Stadion. Aufstiegsshirts. Fahnen. Ein bunter Wirbel aus strahlenden Gesichern. Überall ist plakatiert, die für heute geplante große, geile Choreo wird angekündigt. Im Block kein Zweifel mehr: Wir auf der Gegengeraden sind heute auch mit dabei. Jeder Sitz ist präpariert – mit Plastikumhang und Papierrolle. Witzig, hey cool – und trotzdem ertappe ich mich dabei, dass meine Vorfreude – keine Ahnung warum - ein wenig absackt. Das Stadion sieht fremd aus, fast ein wenig aseptisch. Wische das Gefühl schnell weg. Umarmumgen. Schulterklopfen. Wir hier im Block haben uns noch nicht gesehen, seit der Aufstieg feststeht. So ein Glück. Tatsächlich. Zurück. Geschafft. Fotoapparate klicken, Videokameras surren.

Die Mannschaft kommt zum Aufwärmen und wird mit Fanfaren und Jubel begrüßt. Sie tragen Aufstiegsshirts. Idrissou, Bamba, Heiko Butscher haben sich Schals um den Kopf gebunden. Schals und Shirts fliegen in die Blocks. Oka bei uns an der Bande. Ein Junge direkt vor uns ergattert eines der Shirts. Strahlt.Bellaid, Caio, Ümit Korkmaz werden verabschiedet. Üüüü. Caaaaaio. Leise Wehmut, so viele enttäuschte Hoffnungen, die wir hier mit verabschieden Noch einmal das Europalied, zum letzten Mal in der zweiten Liga. Ein Meer von in den Himmel gereckten Schals. Die Mannschaftsaufstellung - und dann, dann kommen sie, die Mannschaften. Wir stehen da mit unseren Plastikhemdchen und halten Schilder und ich fühle mich irgendwie nicht so wie ich mich fühlen sollte. Will klatschen und jubeln. Stehe da mit meinem Schild und Bilder jagen durch meinen Kopf.

Flashback
Ich, als kleines Mädchen, zehn, zwölf Jahre alt, aber mit schon vielen Jahren Stadionerfahrung auf dem Buckel (mit Opa, bei den Oplern in Rüsselsheim), aber jetzt bei meinem ersten Spiel im Waldstadion. Wir waren (eieiei,  aufgrund einer ganz verknorzelten Vorgeschichte, damals schon ) ein bisschen spät dran und ich stand eingezwängt zwischen Mänteln und Mützen, ganz oben hingequetscht. Sah vom Spiel nur das, was ich zwischen, über und unter Köpfen und Körpern erhaschen konnte und fühlte mich, wie ich mich noch nie vorher gefühlt hatte. Hinterher schrieb ich einen Erlebnisbericht. Ich weiß noch wie er anfing: „Was für ein Gefühl, unter tausenden fußballbegeisterten Menschen zu stehen…“ In diesem Moment, damals im Stadion, fing etwas an, das mich bisher durch mein ganzes Eintrachtler-Leben getragen hat. Das Gefühl eine von Vielen zu sein, aufgehoben in einem Wir, getragen von einer großen Gemeinsamkeit und trotzdem ich zu sein und zu bleiben, ganz für mich und bei mir, ganz eigen, mit meiner eigenen Geschichte, meinem ganz eigenen Erleben, meiner Liebe zum Fußball und zur Eintracht.
Flashbackende

Jetzt stehe ich hier, bin ein kleiner weißer Fleck unten links in der Gegengeradenchoreo und es kann keinen Zweifel geben: Things have changed. Der schönste Moment der Choreo für mich ist der, in dem die Papierbogen zusammengeknüllt und in die Luft geworfen werden. Ein  springender, hüpfender rotundschwarzundweißer Wirbel über den Rängen. Befreiend. Lebendig.  Ein paar Minuten später weiß ich dann auch, wer diese Choreo – und damit auch uns – präsentiert hat. Ist es überempfindlich, wenn ich mich ein ganz klein wenig ausgenutzt fühle? Hey. Spaßbremse. Schon gut. Nicht übertreiben. War ja cool. War witzig. War wirklich echt geil, die Choreo (und das können wir uns auf ungefähr 1.786.358 Fotos in Facebook auch jederzeit noch einmal anschauen).

Caio spielt von Anfang an. Benni Köhler, Alex Meier, Sonny Kittel sitzen  nicht einmal auf der Bank. In der zweiten Halbzeit kommen Ümit Korkmaz, Habib Bellaid. Das ist auch fast schon alles, was ich von den kommenden 90 Minuten berichten kann. So viel kann als sicher gelten: Das Fußballspiel findet statt, die Eintracht fängt zwei Tore, schießt aber selbst keines. Der gerade von seiner Sperre wieder zurückgekehrte Constant Djakpa kassiert rot für ein übermäßig hartes, vollkommen überflüssiges Foul in der eigenen Hälfte und ich denke, dass der Bub wohl wirklich ein Problem hat. Der überschwängliche Jubel im Münchener Block, den ich erst nur lächerlich fand, wird lauter und zunehmend aggressiver. „Und ihr wollt erste Liga sein,“ intonieren sie. Und: „Ohne 60 wär hier gar nichts los.“ Haha. Albern. Wie die sich freuen, dass sie gegen einen Erstligisten gewinnen. Tatsächlich ist von Support im Stadion im Moment nicht viel zu hören. Aber von wegen nichts los. Habt ihr nicht unsere geile Choreo gesehen?

Vereinzelte Eintracht-Rufe. Hoffe darauf, dass wir die Spieler noch einmal alle zusammen feiern. Vorweg Alex Meier. Pirmin Schwegler. Sebastian Rode. Benni Köhler. Mo. Auch Ümit. Caio. Alle. Zumindest Oka Nikolov-Rufe branden mitunter auf. Das war es dann aber auch schon. Heute gibt es auch keine Wellen, keine Wechselgesänge. Na ja, das Spiel gibt es auch nicht her, ist ja nur Fußball und daher nebensächlich, und so stehen und sitzen wir zwischen den Trümmern der Choreo. Ich hab mein Leibchen immer noch umhängen, ein anderes klebt an meinem Schuh. Abpfiff.

Ganz vorne, an der Bande stehen wir. Heeey. Freuen uns, auf die Ehrenrunde, auf das Abklatschen, auf ein paar magische Momente Auge in Auge mit den Aufstiegshelden. Es ist schnell klar, daraus wird nichts. Bewegung in der Westkurve. Erst nur einige, dann eine ganze Welle von Menschen schwappt über den Platz und die, die in vorderster Front marschieren, tun dies nicht aus Glück und Überschwang und Liebe zur Eintracht. Hasskappen. Augenschlitze. Aus dem 60er Block fliegen Böller. Auf dem Platz glimmen Bengalos. Polizei marschiert auf. Handgreiflichkeiten. Ein paar brenzlige, heftige Minuten lang sieht es aus, als ob das Ding kippt, aber dann beruhigt sich die Lage. Alles gut, nichts passiert. So ist das halt. Damit muss man rechnen. Nichts passiert. War doch gar nicht so schlimm. Antreten zum Weiterfeiern. Leider haben sich nicht nur die Pressure-Groups auf dem Platz, sondern auch unsere kleine Feiergemeinschaft im Block aufgelöst. Eben standen wir noch dichtgedrängt in Feierlaune. Frohe Erwartung, auf das was kommt. Jetzt jeder eine Insel. Thomas und sein Sohn Paul haben sich ganz schnell verflüchtigt. Ach, Mensch. Ja, is ja schon gut. Nix passiert. Wir feiern ja schon. Trotzdem fühle ich mich, als hätte man mich, mich ganz persönlich, um etwas betrogen.

Wir sitzen, stehen, schauen. Aus den Lautsprechern dröhnt Musik. Es ist jetzt ein buntes, friedliches Treiben auf dem Platz. Immer mehr Menschen strömen auf den Rasen. Fahnen werden geschwenkt. Lieder gesungen. Rasenstücke ausgebuddelt, Fotos gemacht, die große Choreofahne wird entrollt und schwebt über dem Feld.  Auf dem Videowürfel entdecke ich Bruno Hübner und Peter Fischer inmitten der Menge. Die Mannschaft zeigt sich auf der Haupttribüne. Sie hatte eine Choreo für uns vorbereitet, heißt es. Leider werden wir die nicht zu sehen bekommen.

Uns zieht es jetzt zur Waldtribüne. Und habe ich vorhin am GD nach Adlerfreunden gesucht und sie nicht gefunden- auf dem Weg dorthin  finde ich einen, ohne ihn zu suchen. Mensch, nicht zu glauben. Happy Adler. Kennen uns schon so lange aus dem Forum. In Meenzer Adler-Verbundenheit haben wir zueinander gefunden. Mailen, schreiben. Tauschen Fotos, Gedanken und Geschichten. Und jetzt stehen wir uns leibhaftig gegenüber. Menschenskinders. So was. Umarmen uns. Hey. Wie schön. Wie schön.

Als wir an der Waldtribüne ankommen, ist das „Vorprogramm“ schon in vollem Gange. Bunt. Wild. Laut. Lustig. Caser Nova ist nicht jedermanns Sache. Einige drehen ab, aber eine große, bunte Menschenmenge verharrt und wir sind mittendrin. Frankfurter Jungs. Feiern Attila. Singen mit Tankard-Gerre  Schwarz und weiß wie Schnee. Und folgen immer wieder Frauke, die Lücken im Programm überbrückt: "Nie mehr zweite Liga, nie mehr, nie mehr."  Ok. Dann halt noch mal und noch mal: Nie mehr. Nie mehr. 

Irgendwann isses genug und wir wollen sie dann endlich sehen, die Mannschaft. Und die Mannschaft kommt. In Aufstiegsshirts marschieren sie auf die Bühne,  stehen  zunächst ein bisschen steif am Bühnenrand, verspritzen dann aber Sekt und Bier, genau so wie es sein muss. Mo entpuppt sich als Feierbiest. Wir besingen Alex Meier, Fußballgott. Und hätte ich ihn nicht schon längst fest in mein Eintracht-Herz geschlossen, spätestens jetzt würde ich ihn für seine kargen Sätze lieben: „Wir haben Scheiße gebaut letzte Saison. Das mussten wir wieder gut machen.“

Pirmin Schwegler bedankt sich. Bruno. Bruno-Rufe als Running Gag und der arme Bruno Hübner ist es auch, der gleich mehrere Duschen aus Bier und Sekt über sich ergehen lassen muss und wirklich da steht wie ein begossener Pudel. Mo trocknet ihm das Haupthaar. „Du hast die Haare schön“, singen wir. Oka hat einen ganz besonderen Liedwunsch, den wir ihm gerne erfüllen: Eurobbabogaaal. Eurobabogaaal.

Vor mir hüpfen zwei kleine Jungs auf den Schultern ihrer Väter und recken die Arme in die Luft. Jemand intoniert einen Wechselgesang mit denen, die von oben, aus der oberen Etage des Waldstadions zukucken. Eintracht. Frankfurt. Eintracht. Frankfurt. Unser Ruf fliegt über das Stadion und übertönt sogar das Flugzeug, das gerade darüber hinweg donnert. Beve holt die Spieler nach vorne, für die diese Saison persönlich sicher nicht so gelaufen ist, wie sie es sich gewünscht hätten. Thomas Kessler. Rob Friend. Martin Amedick. Und auch die, die Eintracht verlassen werden, stehen noch einmal im Mittelpunkt. Bellaid, Caio und Ümit. Habib, der rührende Worte findet – "L'euphorie" mit uns fühlt, sich für seine Zeit in Frankfurt bedankt und der Eintracht alles Gute wünscht. Sebi Jung, der strahlt und trotzdem ein bisschen verlegen wirkt. Warum wir heute verloren haben, will Frauke von Oka wissen? „Mmh… Das ist doch schon vergessen. Schau dir die Gesichter an.“ 


Lachen. Hüpfen. Der Trainer wird lautstark gefeiert. Armin Veh. Armin Veh. Und schließlich: Bleib bei uns. Bleib bei uns. (Ja, ja - von mir aus soll er gerne bleiben, aber das ist mir ein bisschen zu pathetisch). Armin Veh sagt  - wie bei seinen  Pressekonferenzen – erst nur wenig und ist dann gar nicht mehr zu stoppen. Alle, alle kommen nach Vorne. Franco Lionti. Sein Assistent Igor. Nie mehr zweite Liga. Nie mehr, nie mehr. Der strahlende Sebastian Rode. Alles feine Kerle, richtig feine Kerle. „Du verlängerst doch für immer bei der Eintracht?“ sagt der Armin zum Seppl. „Jetzt müssen erstmal Sie noch ein paar Jahre bleiben,“ gibt der schlagfertig zurück. 


Beve schwenkt eine Eintracht-Fahne. Heiko Butscher dirigert uns. Schwarz und weiß wie schnee. Es ge Ee – es - ge - eeintrachtfrankfurt. Mo intoniert eine Humba:  Gebt mir ein H.  Gebt mir ein U.  Gebt mir ein K. (Hoppla K?) Egal: Auch gut. B.M.B.K.A Wir singen Humkbmbahumkmabatäterä. 

Pirmin Schwegler nimmt schließlich tatkräftig und entschlossen Armin Veh das Mikrofon aus der Hand. „Ich glaub es ist jetzt genug. Wir singen jetzt noch ein Lied.“ Im Herzen von Europa. Wir. Zusammen mit der Mannschaft (Also wir sind deutlich textsicherer). Das war’s, das  war’s. Aber noch nicht ganz. Die Menge löst sich bereits auf, da rufen Beve und Frauke uns noch einmal zurück. Heribert Bruchhagen ist gekommen. Putzig sieht er aus, in seinem Aufstiegsshirt. Findet gesetzte Worte. Bedankt sich. Jubel. Jubel.

Der Rasen leert sich. Beve schreit lauthals ein übrmütiges Dankedankedanke, an alle die da waren, ins Mikro und verweist zum Weiterfeiern  auf die Openair-Bembelbar am Gleisdreieck. Wir trollen uns, machen uns auf den Heimweg. Die Stille auf dem Waldweg tut gut. Noch ein Zwischenstopp bei Bratwurst Walter. Nie mehr zweite Liga, nie mehr, nie mehr. Singt ein Trupp unentwegter. „Jetzt war es eigentlich doch ganz schön,“ war ich das, die das gerade gesagt hat?

Nachklapp. Der Tag gestern. Irgendwie verkatert, nicht körperlich, habe gar nicht soooo viel getrunken, aber matt und müd. Nicht froh und leicht, sondern hohl und schal. Wehre mich gegen dieses Gefühl. Will keine satte Maus sein, der das Mehl bitter schmeckt. Trotzdem. So vieles, was mir durch den Kopf schwurbelt. Bilder. Erinnerungen. Eindrücke. Zu viel von allem – und vielleicht genau deswegen zu wenig von dem, auf das es angekommen wäre. Will einen Bericht zur Feier für meinen Blog verfassen, aber die richtigen Worte wollen nicht kommen.

Ich muss raus, laufe, laufe, laufe durch die Äcker im rheinhessischen Hinterland, lasse mir den Wind um die Nase wehen. Atme durch. Fühle und spüre mich. Werde ruhiger. Abends sitzen wir im überdachten Eckelchen hinter dem Haus, ein Gewitter zieht auf. Trinken. Schwätzen. Es duftet nach Regen, Flieder und: Waldmeister. Alles gut. „Abends hatte ich mich endlich frei gedacht und ich hob mein Haupt.“ Das hat Peter Handke im Gewicht der Welt geschrieben und so geht es mir heute.

Jetzt bin ich auch wieder so weit, dass ich Lust habe, mir das Heimspiel im Hessischen Rundfunk anzuschauen. Heribert Bruchhagen ist zu Gast. „Also, wenn ich Moderator wäre“, sagt mein Mit-Adler, „Ich wüsst ja was ganz Originelles. Als Opener würde ich alle Leute im Studio ein Lied singen lassen: Nie mehr zweite Liga. Nie mehr…“ Aaaaargs. Das Kissen, das ich nach ihm werfe, verfehlt sein Ziel nur knapp.

Heute. 1. Mai. Tag der Arbeit. Habe meine Gedanken sortiert und meine Worte - zumindest einigermaßen - wieder gefunden, wenn vermutlich auch nur deshalb, weil ich vorher bewusst einen Bogen um das Geschehen im Netz gemacht habe. Wünsche mir von Herzen, dass unsere Mannschaft nicht erst in der nächsten Saison, sondern schon am nächsten Sonntag zeigt, dass sie erstklassig ist und nach Karlsruhe fährt, um dort zu gewinnen. Hoffe innig, dass nicht wir diejenigen sein werden, die über den Abstieg entscheiden. Und hoffe hoffe, dass es nicht die Hasskappen sind, die die letzten Bilder dieser Aufstiegssaison bestimmen. Feier vor dem Römer? Ich für meinen Teil habe fürs erste genug „Nie mehr, nie mehr“ gesungen. Freue mich auf Alltag, auf den Sommer, die Wochen und Monate, die vor mir liegen. Auf die neue Saison. Auf Fußball. Einfach nur stinknormalen, alltäglichen Fußball. Erstliga-Fußball. Natürlich.


Kommentare

  1. Wie es mir ge- und ergangen ist, das sprengt den Rahmen eines Kommentars. So will ich mich einfach nur bei dir bedanken, für dein Engagement, deine Leidenschaft und fürs Durchhalten. Und natürlich für den aktuellen Blogeintrag. :-)

    Herzlicher Gruß vom Kid

    PS: "Nie mehr zweite Liga" habe ich bereits vor dieser Saison zum letzten Mal gesungen. :-)

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  2. Ah so, jetzt aber. Ich hatte Deinen vorfreudig antizipierenden Beitrag ursprünglich als geschicktes Ignorieren der "Kollateralschäden" interpretiert. Das "Sich-Betrogen-Fühlen", nachdem man die neu geformte Mannschaft ja dann doch ins Herz geschlossen hatte und diese sich ja auch dafür dankbar erweisen wollte, das war mein bitterer Beigeschmack.
    Auf das Spiel war im Prinzip schon vorher geschissen; ich hab´s andernorts schon geschrieben: Wenn Du ein Schaulaufen für die Ehemaligen machst, geht das natürlich zu Lasten der Spielqualität, gerade in Halbzeit 1. Trotzdem natürlich in Ordnung. Ein Ziel erreicht zu haben, macht den letzten Biss dann auch eher ein wenig unscharf (ein gar ungewöhnlich Wort, ich weiß, aber "stumpf"?. Naja.). Trotz allem lief das Bällchen flüssig, und trotz Feierlaune war zu erkennen, wer die bessere Mannschaft ist.
    Ich wiederhole mich ungern, auch wenn ich es hier noch nicht niederschrieb, daher im Kurzdurchgang: Eine Lehrstunde zum Thema Köhler und Meier, Djakpa extrem dabbisch und übermotiviert, aber nicht bösartig, Gagelmann als Gagelmann, Fürth im ersten Spiel "danach" auch höchst harmlos, Frage der Ehre stellt sich in Karlsruh. Blubb. Ümit, I will miss You!

    So. Danke Kerstin.

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  3. @ Kid: Ich mag Kommentare, die den Rahmen eines Kommentars sprengen :-) - Freu mich, dass ich andernorts doch ein bisschen was davon mitbekommen habe, wie du den Tag erlebt hast - und freu mich über die gute Meinung, die du von mir als Eintrachtler und von diesem Blog hast. Das ehrt mich.

    @ Johannes: Das wär wahrscheinlich eine gute Idee gewesen - das einfach so stehen zu lassen. Drumherum braust und tobt es - mittendrin ein unbeeindruckt vor sich hinpaddelndes. Kurs haltendes rotundschwarzes Boot. Die Vorstellung gefällt mir ausgesprochen gut.

    Unscharfer Biss? Gewiss kein stumpfes Bild ,-) Auch ich hatte den Eindruck, dass wir - unter anderen Bedingungen - das Spiel gewonnen hätten. Trotzdem sind jetzt die 60er, die einzige Mannschaft gegen die wir beide Spiele verloren haben. Mmh. Letzte Heimspiele, in denen es um nix mehr geht, verlieren wir immer. Insofern, yep, man hätte es wissen können, wusste es, und hätts trotzdem lieber anders.

    Ansonsten alles genau so: Man hat gesehen, warum Meier und Köhler Meier und Köhler sind. Man hat gesehen, dass Djakpa vielleicht doch irgendwo einen kleinen Waffelschaden hat. Und man hat gesehen, warum Ü und Caio und Habib es letztlich bei uns nicht geschafft haben. Um alle drei tut es mir leid. Um Herzens-Ü sowieso.

    So. Danke Johannes. Danke Kid. :-)

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  4. großartiger und den tag toll beleuchtender bericht, vielen dank dafür.

    viele grüße

    beve

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  5. schöner bericht, vielen dank!
    ein bisschen von der leidenschaft, mit der du deine berichte schreibst, hätte ich mir von der mannschaft gewünscht. beim spiel allerdings.

    gruß,
    pia :-)

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  6. Ich enthalte mich jeglicher Beschreibung meiner eigenen Eindrücke und jeglichen Kommentars, und schließe mich einfach Pia und Beve an:

    DANKE, liebe K., und
    lieben Gruß,
    BB

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  7. Tja, von den 3en hat man sich wohl so einiges versprochen. Schade, dass es nicht geklappt hat. Immerhin steht der nächste Brasilianer wohl in den Startlöchern (wenn man der Gerüchteküche glauben schenkt)...

    Naja, aber zu etwas wichtigem: Schön lebendiger Bericht vom (hoffentlich) letztem Spiel im Unterhaus. Also, wie immer eigentlich ;-)

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  8. Einmal mehr sprichst beziehungsweise schreibst mir aus der Seele , Kerstin. Und das ist ebenfalls einmal mehr erstklassig! Danke dafür.

    Viele Grüße & weiterhin sichere Straßen, Fritsch.

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  9. Wunderschöner Bericht, liebe Kerstin. Und auch mir schreibst du aus der Seele.

    Ich ärgere mich immer noch, dass ich mein Handy nicht gehört habe! :(

    Ich hoffe auch noch auf ein gutes Spiel in Karlsruhe. Alles andere wäre irgendwie mies.

    LG Nicole

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  10. r&s, bleib bei uns!!! Och nöö, zu pathetisch. Ähm ... weiter so, Mädsche :-)

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  11. Mich hat die Waldtribüne entschädigt. Für alle Choreo der Mannschaft, von der ich bis eben nicht wusste, dass eine geplant gewesen sein soll..

    Mich machte der "Aufriss" um die paar pöpelnten Renner viel mehr aus. (Gerade Eintrachtforum gelesen...:()

    Und es freut mich dass Heribert aus 2005 gelernt hat. Keine Polizei rund um die "Laufbahn".
    Ei, das merke ich ja eben erst....

    Und es war wirklich deutlich zu sehen, wie sehr Benni und Alex, die "Zweitligaspieler" die ja entweder "viel zu klein" für einen Erstligaspieler oder aber "viel zu groß" dafür sind, gefehlt haben.


    Schade, die Saison ist rum...
    Klar die "Frühstücksspiele" vermisse ich nicht.
    Klar gibts noch Karlsruhe.

    Mal gespannt, was mich da erwartet.

    Danke Dir Kerstin für Deinen tollen Blog.

    Viele liebe Grüße
    wib

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  12. Danke euch sehr fürs Vorbeischauen, Lesen, kommentieren und ergänzen. Freu mich!

    Immer, wenn etwas zuende geht ist es schade, sogar wenn es eine Zweitligasaison ist. Viel zu klein, viel zu groß (hihi), viel zu kurz, viel zu schnell. Auch eine Art Abschied. Vorbei, vorbei. Ich hab mir ohnehin schon seit einiger Zeit abgewöhnt, mir zu wünschen, dass ein Tag, eine Woche, ein Monat schnell vergeht. Ist eh alles viel zu kurzllebig, wutsch und vorbei und weiter.

    Karlsruhe, ja...mmmh... das steht noch aus. Wir wollten eigentlich - ohne Karten - einfach so, den Tross hin und zurück begleiten, am Rande mitfahren, uns ein bisschen durch Karlsruhe, danach durch Frankfurt treiben, den Aufstieg feierlich ausklingen lassen. Im Moment denke ich; Eher nicht, irgendwie ein Nachklapp zu viel. Mal sehen.

    "Bleib bei uns". Hab ich wirklich gesagt, dass mir das zu pathetisch ist? Klingt doch eigentlich ganz cool. Könnt ich mich dran gewöhnen, gebt mir mehr davon ,-))

    Grüße in alle Richtungen, K.

    PS @ Nicole: Ja, schad und doof. Aber vielleicht klappts ja wirklich nächste Woche im Museum?

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  13. Hallo Kerstin,
    vielen Dank für deinen Bericht.
    Ich hoffe, dass die Mannschaft in Karsruhe das zeigt, was sie kann und klar gewinnt. Mein großter und innigster Wunsch ist aber, dass keine "Idioten" im, um und am Stadion die Schlagzeilen beherrschen.
    Aber Angst habe ich schon davor.
    Liebe Grüße
    Beate

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  14. Das emotional jetzt die Luft raus ist ,hat seinen Anfang bereits im katastrophalen letzten Frühjahr gehabt...

    Die psychische Anspannung seit dem war (jedenfalls bei mir)
    fast schon unerträglich . Versuche seit Aachen jetzt runterzukommen... Aber bis Ruhepuls dauert noch...

    Trotzdem ein Gefühl der Leere, das im Bezug auf die Adler bleibt... Ich denke , daß wir ALLE urlaubsreif sind...

    LG aus Bremen...i.

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