Es war zu einer Zeit, in der die Eintracht die Eintracht und Frankfurt noch Frankfurt war, und in der das Wünschen noch geholfen hat. Ror Wolf umkreiste mit Mikrofon und Kassettenrekorder das Trainingsgelände am Riederwald. Auf den Spuren von Horkheimer und Adorno entstand die neue Frankfurter Schule. Über die Grenzen der Stadt hinaus hallte der Ruf der Eintracht als Inkarnation alles Guten, Wahren und Schönen. Die unvergleichliche Symbiose von Geist und Eintracht wurde begründet, die eminent hohe Spielkultur der Frankfurter Eintracht hielt Einzug in Kunst und Literatur. Robert Gernhardt. F.K. Wächter. Chlodwig Poth. Hans Traxler. Der junge Teddy Hecht – wer kennt sie nicht. Vor allem in den gnadenreichen Hörspielen von Ror Wolf, aber auch im Frühwerk von Eckhard Henscheid hat die Eintracht ihren festen Platz im Kanon der Weltliteratur. Mehr noch, Ror Wolf und Eckhard Henscheid trugen sogar maßgeblich dazu bei, dass Bernd Hölzenbein seinen Weg in die deutsche Nationalmannschaft fand.
Für immer eingeschrieben in die ewig währende Geschichte der Eintracht, ist Eckhard Henscheids "Hymne an Bum-Kun-Cha". Oh glorreiche Tage, in denen die Hymne sogar über die Anzeigentafel im Waldstadion flimmerte und der Dichter selbst einmal am Mannschaftstraining teilnahm. Zitat: „Wäre ich ein Kind gewesen, ich wäre gestorben vor Glück.“
Leider. Die Eintracht ist nicht mehr die Eintracht, Frankfurt ist nicht mehr Frankfurt und Ror Wolf und Eckhard Henscheid haben schon lange ihren Abschied vom Fußball und von der Eintracht erklärt. Ror Wolf lebt in Mainz. Eckhard Henscheid lebt irgendwo in Amberg oder im Schweizerischen. Und möglicherweise hängt all das miteinander zusammen, vielleicht sogar ganz und gar sinnlos. Seit dieser Zeit gibt es keine Hymnen mehr, die vom Ruhm der Eintracht künden, und keine Hörspiele erzählen vom immer währenden Geknoddere rund ums Trainingsgelände. Jetzt gibt es nur noch uns. Und das Netz. O Elend.
Eckhard Henscheid wird heute 70 Jahre alt. Und wer noch einmal wissen möchte, wie das damals anfing mit der Frankfurter Schule und unserer Eintracht – Eckhard Henscheid hat es für die Nachwelt dokumentiert:
Einmal, Anfang der Dreißiger Jahre, saßen in der Frankfurter Uni-Mensa Max Horkheimer, Friedrich Pollock, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Erich Fromm und Jürgen Habermas beieinander und überlegten hin und her. „Jetzt sind wir sechs ausgewachsene Kritische Theoretiker“, sann Max Horkheimer, „jetzt fehlt uns eigentlich nur noch ein Name.“ „Die Sechserbande!“ schlug Fromm sofort übermütig vor. „The Roaring Six!“ krähte der im Angloamerikanischen beschlagene Marcuse. Usw., keiner drang aber so recht durch, bis es plötzlich, während Pollock gerade ein besonders albernes Wortspiel mit „Sex“ erwog, Adorno siedend heiß kam: „In ganz Deutschland“, rief der junge Gelehrte, der sich gerade mit einer Arbeit über Kierkegaard hervortat, „als unvergleichlich hat immer wieder die evident hohe Spielkultur der Frankfurter Eintracht sich gezeigt. Warum sollten wir, in legitimer Analogie dazu, nicht mit einem Jenseits aller unveräußerlichen Dialektik stringenten ‚die Frankfurter Schule‘ ins kurrente Gerede uns bringen und so in Geschichte der Philosophie, die, nach Hegel, auch immer Philosophie von Geschichte ist, uns eingravieren?“
„In Ordnung“, stimmte Max Horkheimer sofort zu – und die „Frankfurter Schule“ war gegründet.
Quelle: Henscheid, Eckhard: Wie Max Horkheimer einmal sogar Adorno hereinlegte. Anekdoten über Fußball, Kritische Theorie, Hegel und Schach. (Zürich 1983)
Für immer eingeschrieben in die ewig währende Geschichte der Eintracht, ist Eckhard Henscheids "Hymne an Bum-Kun-Cha". Oh glorreiche Tage, in denen die Hymne sogar über die Anzeigentafel im Waldstadion flimmerte und der Dichter selbst einmal am Mannschaftstraining teilnahm. Zitat: „Wäre ich ein Kind gewesen, ich wäre gestorben vor Glück.“
Leider. Die Eintracht ist nicht mehr die Eintracht, Frankfurt ist nicht mehr Frankfurt und Ror Wolf und Eckhard Henscheid haben schon lange ihren Abschied vom Fußball und von der Eintracht erklärt. Ror Wolf lebt in Mainz. Eckhard Henscheid lebt irgendwo in Amberg oder im Schweizerischen. Und möglicherweise hängt all das miteinander zusammen, vielleicht sogar ganz und gar sinnlos. Seit dieser Zeit gibt es keine Hymnen mehr, die vom Ruhm der Eintracht künden, und keine Hörspiele erzählen vom immer währenden Geknoddere rund ums Trainingsgelände. Jetzt gibt es nur noch uns. Und das Netz. O Elend.
Eckhard Henscheid wird heute 70 Jahre alt. Und wer noch einmal wissen möchte, wie das damals anfing mit der Frankfurter Schule und unserer Eintracht – Eckhard Henscheid hat es für die Nachwelt dokumentiert:
Einmal, Anfang der Dreißiger Jahre, saßen in der Frankfurter Uni-Mensa Max Horkheimer, Friedrich Pollock, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Erich Fromm und Jürgen Habermas beieinander und überlegten hin und her. „Jetzt sind wir sechs ausgewachsene Kritische Theoretiker“, sann Max Horkheimer, „jetzt fehlt uns eigentlich nur noch ein Name.“ „Die Sechserbande!“ schlug Fromm sofort übermütig vor. „The Roaring Six!“ krähte der im Angloamerikanischen beschlagene Marcuse. Usw., keiner drang aber so recht durch, bis es plötzlich, während Pollock gerade ein besonders albernes Wortspiel mit „Sex“ erwog, Adorno siedend heiß kam: „In ganz Deutschland“, rief der junge Gelehrte, der sich gerade mit einer Arbeit über Kierkegaard hervortat, „als unvergleichlich hat immer wieder die evident hohe Spielkultur der Frankfurter Eintracht sich gezeigt. Warum sollten wir, in legitimer Analogie dazu, nicht mit einem Jenseits aller unveräußerlichen Dialektik stringenten ‚die Frankfurter Schule‘ ins kurrente Gerede uns bringen und so in Geschichte der Philosophie, die, nach Hegel, auch immer Philosophie von Geschichte ist, uns eingravieren?“
„In Ordnung“, stimmte Max Horkheimer sofort zu – und die „Frankfurter Schule“ war gegründet.
Quelle: Henscheid, Eckhard: Wie Max Horkheimer einmal sogar Adorno hereinlegte. Anekdoten über Fußball, Kritische Theorie, Hegel und Schach. (Zürich 1983)
Sehr schöne Nachbetrachtung-Danke!
AntwortenLöschenLG
v.Emma und mir.:-)
Ob Henscheid am besten ist, wenn er wütend ist? "Dummdeutsch" ist ihm jedenfalls sehr gut geraten. Dass es aber auch ohne Wut geht, beweist du mit diesem Eintrag. Gruß vom Kid
AntwortenLöschenOhne Wut? Ich? Nein, das hoffe ich doch nicht. Ohne Wut hieße ja auch: Ohne Leidenschaft, ohne Liebe, ohne Kraft und Mut. Am schlimmsten ist - finde ich - wenn man seinen Hautgout - sozusagen mit spitzen Fingern - pflegt und sich mit seinem Welt- und/oder Eintracht-Verdruss einrichtet. Langweilig, alles langweilig. Nein. Ist es nicht. Das ganze Leben ist ja ab einem bestimmten Punkt im Grunde genommen ein "Trotzdem", und das Leben mit der Eintracht gleich zwei Mal ,-) Doof, blöd, elend, kaputt, verletzt, müd, traurig, melancholisch, anstregend, weh - aber auch witzig, wild, kurios, verblüffend, rührend, zart, leicht. Schön, manchmal auch einfach nur schön. Trotzdem.
AntwortenLöschenAbgründe, überall. Wie bei Eckhard Henscheid, den ich nicht nur deshalb schätze, weil er die Eintracht literarisiert hat, sondern überhaupt, als Schriftsteller - mir am liebsten "Die Vollidioten" aus der "Chronik des laufenden Schwachsinns".
Vielen Dank, liebe Barbara, liebe Emma und lieber Kid fürs Lesen und Kommentieren.
Ganz recht hast du nicht, es wurde schon eine neue Hymne geschrieben, sie hat nur keinen interessiert; ich befürchte zu recht. Aber aus Eitelkeit geb´ ich sie noch einmal zum Besten. Aus dem Jahr 2005.
AntwortenLöschenHymne auf Du-Ri Cha
Gleich dem Geschoss,
dass heldenstarker Arm vom Eschenbogen in den Äther sendet,
durchstößt du die Reihen der Gegner,
gleich einem Speer,
von Achilleus Kraft geschleudert,
durchstichst du die kampfbereite Abwehr,
gleich einem Lichtstrahl,
den der Blitzeschleuderer selbst ins Gefecht wirft,
so fliegst du zum Sieg.
In gerader Linie eilst du davon
und lässt die anderen bloß noch deinen Namen auf dem Rücken lesen:
Du-Ri Cha!
Wohl ahnten sie es,
denn mahnende Worte wird der Trainer erhoben haben, ob deiner Sprintkraft,
doch vergeblich musste dies sein,
denn weder Wunsch noch Wille,
beflügeln den Gegner im Lauf
und zurück muss er bleiben
und bangen und harren dem Schicksal, dass ihm vorbestimmt.
Lieder werden dir bereits gesungen
und Lied ist dein Name in Frankfurt am Main
und Melodie bei der Eintracht:
Du-Ri Cha,
Du-Ri Cha!
Fern aus dem Osten
kam einst dein Vorfahr.
Und er lehrte uns, dass die Heimat des Fussballs
längst in der ganzen Welt liegt,
in der Welt, die dem Fussball so gleicht an Gestalt und
dass der wahre Sieg
nicht darin liegt,
das Tor zu erzielen und den Gegner zu beschämen,
sondern, dass es gilt, die Schönheit des Spieles zu zeigen
und den Gegner zu achten und sogar ihm zu vergeben,
wenn er in seiner Verzweiflung fehlt
und zu den Mitteln greift,
die zu den Unerlaubten rechnen.
Auch ihm wurde der Hymnus gesungen,
dem Mann aus Korea.
Der wie kein anderer beherrschte
die Kunst, einzudringen in die Reihen der Gegner
und mit Kraft und trickreichem Dribbling
zu verwirren deren Geist
und zu vernebeln die Sinne
und zu erzielen das Tor, dass den Sieg brachte.
Dumpf und angriffslustig dröhnte es damals von den Rängen
- die Älteren haben den Klang noch im Ohr –
Bum Kun Cha,
Bum Kun Cha,
Bum Kun Cha!
Du aber bist hier schon geboren
und hell und froh klingt dein Name
und du verbindest die Teile der Welt.
Die fernen, noch unbekannten Länder des Ostens
mit der heimischen Scholle
auf der der Apfel gedeiht,
die Frucht, der wir so schöne Stunden danken.
Du Wanderer zwischen den Welten,
sammle deine Kraft,
sammle deinen Mut,
entsinne dich deiner Stärke
und bestürme die Strafräume des Landes,
dringe ein in die Tiefe des Raumes
und mit all deiner inneren Ruhe
finde den Abschluss im Vollspann:
Du-Ri Cha,
Du-Ri Cha!
Gern erinnern wir die Stunde
- und das Herz floss uns über,
da dir der Treffer gelang
nach mehrfach vergeblichen Lauf
und geflochten ward ein inniges Band
das halten soll an allen Tagen
und nicht nur in den Stunden des Triumphes.
Es war, als befreitest du uns
aus den Fesseln der zweiten Liga
und wahrlich schwere Jahre waren es.
Und nicht vergessen wir
die Taten der anderen an deiner Seite,
ob sie Arie, Alex oder Benny heißen mögen,
Markus kann für viele gelten
und andere Namen mehr.
Die sich eingegraben haben
tief in unser Gedächtnis
auf das wir sie einst nennen
unseren Söhnen und Enkeln.
Denn anders als früher
ist Erfolg nicht das Maß aller Dinge.
Sondern Reinheit des Herzens
und Hingabe
und Eifer bei Erfüllung der Pflichten.
Und verfehlst du das lange Eck
so wollen wir nicht verfehlen
zu rufen deinen Namen
um Kraft dir zu geben:
Du-Ri Cha,
Du-Ri Cha!
Das noch zu lernen
ihr Durstewitze und Kilchensteine
ihr Erfolgsfans und Meinungsmacher
ihr alten Anhänger eurer Erinnerungen
ihr Verehrer alles siegreichen
begebt euch in Liga zwei der Anhängerschaft
und kommet nicht eher hervor
bis ihr gelernt habt das Neue
das Schöne
das Runde.
Oooooo, wie schön - danke dass du die "neue Hymne" hier eingestellt hast. Das beflügelt mich :-):
AntwortenLöschenOh. Ehrwürdiger Adler, der du singst und dichtest
Und die Erinnerung wach hälst an den, der
Zwar nicht göttergleich aber reinen
Herzens auch in die unsrigen
Stürmte. Auch ihm, dem Hymniker, sei gesungen
ein Lied und gewunden ein Kranz ums
aufrechte Haupt.
Owl Ad Ler.
Owl Ad ler.
PS: Unten rechts auf meinem Desktop – Foto von Du Ri, wie er grade abzieht. Name der Datei: „Cha hält Eintracht auf Erstligakurs.“