Direkt zum Hauptbereich

Daum. Dialektisch.

Gestern , sehr spät abends, habe ich an einigen Stellen im Netz zum ersten Mal den Namen „Christoph Daum“ als potenziellen Skibbe-Nachfolger gelesen und als vollkommenen Quatsch abgetan. Was für ein Unfug.

„Argmpfffffffff…????...Häääääääääää?....Ich fass es nicht…kreisch…Wie jetzt?...**wasist DASdenn**…gnihihi…Äääächt?…boah…Hammer…Hiiiiiiilfe….“ So ungefähr sieht es in meinem Kopf aus, als heute morgen dann tätsächlich vermeldet wird: Christoph Daum. Neuer Eintracht-Trainer.

Es ist nicht nur mein Kopf, in dem es durcheinander wirbelt. Die Reaktionen per SMS, Mail und Handy aus allen Richtungen hören sich alle ziemlich ähnlich an. „Machstu Witze?“ „Es is doch noch gar nicht der 1. April.“ "Wer soll das bezahlen..."  „Da wird endlich mal eine klare Linie gezogen…“ „Schwarz und weiß wie Schnee…“ Hey. Halblang. Die Sache ist ernst.

Muss jetzt erstmal meinen Mit-Adler, der radio- und nachrichtenlos irgendwo auf den Straßen Rheinhessens unterwegs ist, telefonisch auf den neuesten Stand bringen. Bevor ich zu Wort komme, gleich die Frage: „Und? Wer ist neuer Trainer?"  „Nenn einfach die drei abwegigsten Namen, die dir einfallen…“ Kurze Stille. Erster Versuch: „Otto Rehagel.“ Zweiter Versuch: „Jupp Heynckes.“ Dritter Versuch: „Peter Neuru….“ Bevor wir noch bei Steppi oder Loddar Matthäus landen unterbreche ich ihn harsch und verrate den Namen. Das hat gesessen. Die Reaktion: Sekundenlanges Schweigen.

„Absteigen tun wir jetzt jedenfalls garantiert nicht“, höre ich mich sagen. Huch. Da weiß ich also schon mehr als ich.

Das Eintracht-Forum ist inzwischen unter der Last von über 5.000 Usern zusammengebrochen. Wenn ich zwischendurch mal kurz durchkomme, lese ich Wortfetzen wie „geil“, „cool“, „endlich". dpa-Meldungen. Kicker. Spiegel-Online. Ha, wir haben sogar die Magath-, Heynckes-, Rangnick-, Dutt-, Kloppo-, Tuchel-, Oenning-Schlagzeilen getoppt. Keine Frage, der Unterhaltungswert der Eintracht ist mit einem Schlag ums Tausendfache gestiegen. Und während ich innerlich noch versuche, ganz ernsthaft mit mir zu Rate zu gehen, wie ich die Situation und den neuen Trainer einschätze, merke ich, dass auch mein Stimmungspegel stark nach oben geschnellt ist. Das liegt nicht nur am Hoch „Nicole“ (hallo!), das sich stabil über dem Ärmelkanal festgesetzt hat und für überwiegend sonniges Wetter in Hessen sorgt. Endlich Schluss mit der Lethargie, die seit Wochen über der Eintracht hängt. …Und sie bewegt sich doch. Hurra, wir leben noch. Christoph Daum – warum eigentlich nicht?... Der Mensch ist eben doch ein flexibles Wesen.

Inzwischen gibt es Videos von der Pressekonferenz. Heribert Bruchhagen erläutert, wie die Entscheidung gefallen ist. Man hat alle Faktoren Pro und Contra gegeneinander abgewogen. Was spricht dafür, was spricht dagegen. Eine dialektische Aufstellung gemacht. Er sagt tatsächlich „dialektisch“ und da, in diesem Moment, wird mir klar: Hier ist nicht einfach eine Entscheidung getroffen worden. Nein, im Waldstadion hat der Geist geweht, der Geist der Frankfurter Schule. Anders ist es ja nicht zu erklären: Heribert Bruchhagen trifft wahr- und wahrhaftig in der Stunde der größten Not vollkommen rational eine vollkommen abgedrehte Entscheidung. These. Antithese. Und zwischendrin: Der Moment aufblitzender Erkenntnis: Christoph Daum. Jetzt ist klar: Nur so und nicht anders konnte der neue Trainer der Eintracht heißen.

Das erste Training mit Christoph Daum wird morgen ab 15.30 als „Heimspiel! Extra“ im hessischen Fernsehen übertragen. Live. Werner Damm und Thomas Berthold werden moderieren.

So ist er halt, der Geist der Frankfurter Schule: Er trägt manchmal ganz schön dick auf. Jetzt müssen wir also fest  die  – Achtung, Wortspiel! - Daumen drücken, dass nicht nur der Geist, sondern (noch eins!)  auch ein frischer Wind durch und übers Waldstadion fegt.

Wir werden ihn brauchen.

Kommentare

  1. Was auch kommen mag - die Überraschung ist ihm gelungen, dem Heribert. :-)

    Gruß vom Kid

    AntwortenLöschen
  2. Yep. Und wollen wir mal hoffen, dass der Geist der Frankfurter Schule, der über Heribert gekommen ist, nicht auch noch Bierdeckelverträge im Gepäck hat. Ich würde allen Beteiligten jedenfalls in den nächsten Wochen dringend anraten, die Fenster der Gästetoilette geschlossen zu halten ,-)

    lgzk

    AntwortenLöschen
  3. Ich hoffe und wünsche es dir Kerstin und auch der Mannschaft,dass ein frischer Wind-durchs Stadion bläst und den Spielern ins Gesicht und sie wachrüttelt,*lacht.*
    Ich drücke der Mannschaft die Daumen und dass das Abstiegsgespenst sich vom Acker macht.

    Am 14.5.2011-egal wie die Mannschaft abschneidet oder wo sie steht,ist der Verein Eintracht Frankfurt-ein Kapitel,was ich zugeschlagen werde.
    Im Eintrachtforum-bin ich nur noch, wenn on,zum tippen,*lächelt.*
    LG
    (B).

    AntwortenLöschen
  4. Wißt Ihr eigentlich, wie das dialektisch zusammenhängt, die Eintracht und die Frankfurter Schule? Nein? Umso besser, daß es der große Henscheid festgehalten hat. Sechs kritische Theoretiker suchen einen Namen und einer, natürlich Teddy Adorno, hat schließlich die Erleuchtung: (...)"als unvergleichlich hat immer wieder die evident hohe Spielkultur der Frankfurter Eintracht sich gezeigt. Warum sollten wir, in legitimer Analogie dazu, nicht mit einem jenseits aller unveräußerlicher Dialektik stringenten 'Die Frankfurter Schule! ins kurrente Gerede uns bringen und so in Geschichte der Philosophie, die, nach Hegel, auch immer Philosophie von Geschichte ist, uns eingravieren?" (...)

    Nun denn: Die Werke der Frankfurter Gelehrten verstauben in den Regalen und die "evident hohe Spielkultur" ist am Arsch. Skibbe war da der letzte Sargnagel. Teil 1 der Entscheidung war also ok. Der Rest ist erstmal Schweigen und Hoffen.

    Ganz soweit wie C.Willi bin ich noch nicht, aber es geht einem schon alles mächtig auf den Zeiger. Auswärtssieg. C.

    AntwortenLöschen
  5. Als ich am Samstag mit lauter Musik auf den Ohren(wollte einfach meine Ruhe)zur S-Bahn lief,wusste ich das es das letzte Spiel von Skibbe war.Mir war klar, jetzt sind zwei Wochen Pause um was zu ändern.
    Trotzdem tut mir Skibbe leid,ich mochte ihn,seine ruhige Art.Wünsche ihm alles Gute und sage Danke für deine Arbeit.Werde mich noch lange an Spiele wie gegen Bayer(2:1) und Leverkusen(3:2) erinnern.Schön das er nicht ausgebuht wurde.
    Zum Schluß sage ich noch Herzlich Willkommen Herr Daum,wünsche Ihnen viel Erfolg in FFM.

    AntwortenLöschen
  6. Huch, liebe Barbara. Ooooooooojeeeeee. Bin vorhin bei Kid schon über deinen Eintracht-Schlusstrich gestolpert. Im Ernst? Das geht doch gar nicht??! Rückzug, kein Bock mehr auf Forum und co - ok, kann ich verstehen. Aber die Eintracht in dir, die kannstu doch nicht einfach abstellen??

    @HappyAdler: Wie hast du neulich gesagt? "Eigentlich bin ich en liebe Kerl" - dein Kommentar bestätigt das einmal mehr :-) Habe eigentlich eine ausgeprägte Beißhemmung, muss schon dick kommen, wenn bei mir dann nicht doch irgendwann wieder der Mitleidfaktor einsetzt - aber, ganz ehrlich: Bei Michael Skibbe bin ich so weit. Ich bin einfach nur froh, dass es vorbei ist, will da auch nicht nachkarten. Jedenfalls fällt es mir schwer etwas zu finden, für das ich mich bedanken könnte - doch: Dafür, dass wir in einigen Spielen wieder eine Ahnung davon bekommen haben, wie gut die Eintracht Fußball spielen kann und wie schön das ist. Das ist ja eigentlich auch schon was. Und den guten Wünschen für Christoph Daum schließe ich mich an!

    @Celtix: Ooooh. Henscheid. Dazu fällt mir auch was ein... Richard "Ritschie" Wurbs, der 1960 beim 6:1 der Eintracht gegen die Glasgow Rangers inmitten der tobenden, wogenden, kreischenden Menge steht und - so heißt es in der (schnell noch einmal nachgeblättert,-) Henscheid-Anekdote - "alle an Begeisterung übertrifft". ">Kerle, Kerle<, flüstert er ein ums andere mal vor sich hin. >Kerle, Kerle<" Und weiter: "Niemand hört's - das Geplärr ist zu übermächtig. Aber ist es nicht wie eine Feier? Ist es nciht wie ein stilles Gebet? Und sind Gott die stillen, die ganz leisen Gebete nicht die - allerliebsten?"

    Kerle, Kerle...

    Freu mich sehr über eure Kommentare! lgk

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die nächste Strophe vom alten Reisbrei

Am Samstagabend höre ich im ZDF Sportstudio die Vorankündigung für das Spiel am Sonntag im Waldstadion. „Hannover kann morgen auf den zweiten Tabellenplatz vorstoßen“, verkündet Katrin Müller-Hohenstein. Tatsächlich? Was Sie nicht sagen. Und die Eintracht? Hey – hallo, das ist unser Heimspiel, und wir werden es gewinnen, weil nämlich dann wir es sein werden, die zu Hannover und zur Spitzengruppe aufschließen. Capisce? Und tatsächlich. So machen wir es. Impressionen vom Spiel: Patrick Ochs, der in der ersten halben Stunde auf der rechten Seite herum mannövert als habe er tatsächlich vor, was er vorher verkündet hatte: Sich festbeißen – und von dem in der zweiten Halbzeit nichts mehr zu sehen ist. Halil Altintop, der (auch in seinem eigenen Sinn) zur Halbzeit hätte ausgewechselt werden müssen, und von seinem Trainer, der voll hinter ihm steht, eine viertel Stunde vor dem Ende zum Abschuss freigegeben und – sichtlich um Fassung bemüht – regelrecht vom Platz gepfiffen wird. (Ja, ja.

Kleines Fußball-ABC - Heute "U" wie "Unterschiedsspieler"

Unterschiedsspieler, der (pl. (selten die); fußballneudeutsch für einen Spieler, der – wie der Name schon sagt – den Unterschied machen und ein Spiel entscheiden kann. Bsp .    → Rebic, Ante (Eintracht Frankfurt) , der in der ersten Runde des DFB-Pokals 2019/20 “ den aufmüpfigen Drittligisten Waldhof Mannheim quasi alleine in die Knie zwang. “ In der Regel ist der → Unterschiedsspieler ein Offensivspieler, aber auch Defensivspieler „mit einer starken Technik und einem guten Gespür für Räume imOffensivspiel“  können Unterschiedsspieler sein  -   Bsp.   → Baumgartner, Christoph TSG Hoffenhei m) , → Kimmich, Joshua (FC Bayern München) oder  →Kostic, Filip (Eintracht Frankfurt), der für seinen Trainer →Adi Hütter derzeit „der absoluteUnterschiedsspieler“ ist. Auch Torhüter  können den Unterschied machen ( Bsp. Neuer, Manuel, FC Bayern München ), was als Beleg dafür gelten kann, dass auch Spieler, die nicht der Mannschaft von →Eintracht Frankfurt angehören, →Unterschiedsspieler sein kö

Hans-Dieter "Fips" Wacker - ein Fußballerleben

Es ist ein paar Monate her, dass ich für diesen Blog im „Kleinen Fußball-ABC“ einen eher satirisch gefärbten Beitrag zum Thema  Nachwuchstalente verfasst habe. Es war Kid Klappergass, der das Thema in einem Kommentar in ernsthaftere Bahnen führte: Es gebe nicht viele große Eintracht-Talente, denen er nachtrauere, aber eines davon sei ganz gewiss Fips Wacker. Fips Wacker? Diesen Namen hatte ich noch nie gehört und machte mich auf die Suche nach ein paar Informationen. Es war nicht viel, was ich im Netz aufstöbern konnte – aber was ich fand, machte mich neugierig. Die „Spur“ führte zum Heimatverein von Fips Wacker, der SKV Büttelborn und wie es der Zufall so will: Einige Wochen später sollte in Büttelborn ein Spiel der Alten Herren – der  Old Boys   gegen die Eintracht-Traditionsmannschaft ausgetragen werden. Wenn für Hans-Dieter Wacker alles so gelaufen wäre, wie es hätte laufen können, hätte er in diesem Spiel vielleicht eine Halbzeit lang für die Eintracht und eine für den SKV auf de