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"Ja, leck mich am Arsch. Ein Fluxus."

„Ja, leck mich am Arsch…“ So begrüßt – wie seit dem letzten Fußballwochenende jeder weiß - der Schwabe in allen Lebens- und Stimmungslagen seine Freunde und Bekannte.

„Ja, leck mich am Arsch – der Rudi“ sagt er z.B. (freudig), wenn er den Rudi schon lange nicht mehr gesehen hat, und ihn zufällig im Baumarkt trifft. „Ja, leck mich am Arsch“, sagt er (verblüfft), wenn er sich am Strand von Fuerteventura die Sonne auf den Bauch scheinen lässt und plötzlich im Meer Tante Hilde erblickt, die er eigentlich in Bopfingen vermutet hätte. „Ja, leck mich am Arsch…“ sagt er (leicht ,-) verärgert), wenn er Bundesliga-Trainer ist und nach einem Spiel auf einen Fernsehreporter trifft, der als Seuchenvogel immer dann auftaucht, wenn’s nicht gut läuft.

„Ja, leck mich am Arsch: Ein Fluxus.“ – Das habe heute morgen ich (= hessisch, verblüfft) gedacht, als ich in der Frankfurter Rundschau den täglichen Bericht über die aktuelle Situation bei der Eintracht und in diesem Zusammenhang über die Aktion eines Eintracht-Fans beim gestrigen Training im Stadtwald gelesen habe.

Fluxus? Häää? Ich sehe sie förmlich, die Fragezeichen über den Köpfen meiner Leser. Und ehrlich gesagt, weiß auch ich erst seit ein paar Wochen, was das ist: Ein Fluxus. Davon erzählt hat mir einer meiner jungen Mit-Adler, der bzw. die ein altehrwürdiges humanistisches Gymnasium besucht und dort von einer etwas schrägen, aber sehr freundlichen Kunstlehrerin unterrichtet wird, die einen avantgardistischen, aktionsbetonten Kunstbegriff vermittelt und vor allem die Fluxus-Bewegung schätzt.

Der Kunstkurs bekam  also die Aufgabe, ein vorgegebenes Thema in Form einer Fluxus-Aktion zu gestalten. Nicht das Kunstwerk, sondern der künstlerische Schaffensprozess, die Tat, der Ort, der Moment sollten dabei ins Zentrum gerückt, Alltagsgegenstände, Musik, Videos, was auch immer zu einer lebendigen Collage zusammengefügt und zu einer Aussage verdichtet werden.  Aufrütteln. Überraschen. Auslöser sein, für ein gemeinsames Erleben von Künstlern und Zuschauern. Das ist das Ziel der Fluxus-Aktion. Und so wird der Fluxus zu einer Art Existenzerforschung und eröffnet neue Erkenntniszusammenhänge. (Mein Mit-Adler hat z.B. die Existenz erforscht, indem sie gemeinsam mit einer Freundin einen Tisch liebevoll gedeckt und dann ein – zunächst unter einer Käseglocke verborgenes – Schweineherz serviert und darauf eingestochen hat. Aber das ist ein anderes Thema.)

Zurück zum Trainingsgelände der Eintracht, zurück zu dem Ort also, an dem gestern der Fluxus abging. Stand-up-Fluxus. Einfach so. Aus dem Off. Ohne, dass Fluxus drauf stand, war Fluxus drin.

Ein Eintracht-Fan - leidend, entnervt, voller Sorge, über das, was noch kommt – will ein Zeichen setzen und verfasst einen offenen Brief an die Mannschaft und die Verantwortlichen der Eintracht. Er befestigt das Schreiben an einem Amanatidis-Trikot, drapiert das Trikot samt Brief auf einem Gestell, rammt das Gestell auf dem Trainingsgelände in den Boden und fordert die Spieler auf dem Weg in die Kabine zum Lesen auf. Sie tun es.

Tatsächlich: Ein vollendeter, ein wahrer und wirklicher Fluxus. Keine kunst- und lebensferne Theorie. Ein Akt der Befreiung. Spontan und vielleicht deswegen so perfekt dem Geist des Fluxus entsprungen. Die Materialcollage, die - ebenso einfach wie verblüffend – die aktuelle Situation symbolisiert. Der Ort und der Zeitpunkt des Geschehens. Der Akt des in den Boden-Rammens. Die durch den Akt in Gang gesetzte Interaktion. Vielleicht Auslöser und Beginn einer wunderbaren Transformations - und Entwicklungspartnerschaft  zwischen uns Fans und der Mannschaft. Zwischen Amanatidis und Skibbe. Zwischen der oberen und der unteren Tabellenhälfte. Zwischen Ying und Yang. Großartig.

Ich hab’s ja schon immer gewusst: Nicht für die Schule, für den Fußball lernen wir. Ja, leck mich am Arsch.

Kommentare

  1. Fragezeichen hin- und wieder weggezaubert.Danke dafür. Gerade ist Arsenal gegen Barcelona zu sehen. Auch ein Kunstwerk.

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  2. Ich werde den Fluxus anwenden und gegen die Eintracht-tippen-für morgen Abend.
    Vielleicht kämpft die Mannschaft den-Fluxus-nieder und ich werde dann nach dem erkämpften- Fluxussieg-Fluxuspunkt-ein kräftiges.*Leckt`s mich am Arsch-anstimmen.
    Schön wär dass, nur glaube ich nicht dran.
    Schöne Geschichte und *Danke*
    Gehe jetzt -Flux-auf die Arbeit.
    LG
    (B)

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  3. Wieder was gelernt. Fluxus - nie gehört vorher. Nur Reflux kenne ich (also dem Hören nach...)

    Ha, ich tippe auch gegen die Eintracht. Dann sind die Chancen auch besser - sollte man meinen. Auch wenn ich arme Irre mit Rosa nach Nürnberg fahre und auf... ja auf was hoffe ich eigentlich jetzt? Sagen wir mal ein Tor zu meinem Geburtstag wäre doch wenigstens etwas, man wird ja bescheiden. Auf einen Sieg will ich gar nicht hoffen...
    Tja, so schnell kann es gehen und die scheinbar gute Idee, diesen Tag/Abend mit der Eintracht zu verbringen, die scheint nur noch bedingt gut zu sein.
    Aber ich habe fest vor, mir die Laune nicht verderben zu lassen, komme was wolle. So.


    Hmm, mit Fluxus hat das aber nix zu tun dann. Oder ich muss mir noch was einfallen lassen, was die Zelebrierung angeht.

    Liebe Grüße
    Nicole

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  4. Vom Tor-App übers Beten zum Fluxus. Die Lage ist wohl wirklich Ernst. Ich fürchte, wir werden uns noch allerhand einfallen lassen müssen. Derzeit wäre z.B. ein Wunderheiler nicht schlecht (vielleicht via Brasilien-Connection), auch ein originalgriechisches Orakel zur Unterstützung der Orakelkuh wäre eine Option (bei dem von Delphi konnte man sich dann selber zusammenreimen, was am besten zu tun wäre. In unserem Fall: einfach wieder mal gut Fußball spielen!) Ach Eintracht: Something is happening and we don't know what it is. C. (Mit etwas mulmigem Blick nach Nürnberg).

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  5. Ich dachte ja eher an den "Fluxkompensator", als ich die Überschrift las. Geht es jetzt also "zurück in die Zukunft", nachdem Amanatidis wieder im Aufgebot ist? ;-)

    Gruß vom Kid

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  6. Der Ama-Fluxus vom Training scheint ja schon erste einende und erkenntnisfördernde Wirkung gehabt zu haben. Nach dem Fragezeichen von Owladler brauchen wir jetzt nur noch den von C-Willi flux (hihi) angeregten Fluxuspunkt zu finden, um die Torflaute niederzukämpfen – wir könnten z.B. eine Kette vom Waldstadion bis nach Nürnberg bilden und einen Ball durch die Reihe weitergeben, der vor Ort Attila übergeben wird. Statt den Ball direkt ins Tor zu befördern, lassen wir die Luft heraus (wird per Videostream live übertragen, das Geräusch gibt es als Handyklingelton), zerschneiden ihn in kleine Stücke und verteilen ihn auf dem Spielfeld, wo er dann – dem Fluxgenerator von Doc Kid und Marty McEi sei Dank – wie durch Zauberhand wieder zusammengefügt und in der 92. Minute auf den Kopf des gerade eingewechselten Ama fällt und von dort im Nürnberger Tor landet.

    @Celtix: Bei unserem Händchen für Brasilianer würden wir bei einer brasilianischen Wunderheilerverpflichtung statt Américo wahrscheinlich für 4 Millionen Roberto Blanco holen. Ein bisschen Spaß müsste dann aber wirklich sein.

    Und zuguterletzt und gar nicht flux: Liebe Nicole, auch auf diesem Weg noch einmal die allerherzlichsten Glückwünsche zum Geburtstag –Glück und Segen auf all deinen Wegen :-), Liebe, Mut, Zuversicht, Kraft. Und überhaupt.

    Seit ich weiß, dass du mit Rosa heute vor Ort bist, bin ich mir sicher: Wir holen was!

    Danke für euer Fluxback und Grüße in alle Richtungen!

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