Im Juni 2009 war ich zum letzten Mal in Köln. Neil Young machte dort Station und gab ein wunderbar schwebendes Konzert am Tanzbrunnen. „Somewhere on a desert highway, she rides a Harley Davidson, her long long hair flying in the wind“. Tatsächlich: Der Wind wehte.
Nach dem Konzert fuhren wir hungrig und durstig in die Innenstadt, kauften uns einen Döner, tranken zwei, drei Biere (kein Kölsch) und beschlossen dann – es war mitten in der Woche und nicht viel los - uns auf den Weg zu unserem Hotel zu machen. Nein, nicht um schon schlafen zu gehen, dazu war die Nacht zu weit und froh, aber irgendwo dort in der Nähe würden wir sicher noch eine Kneipe für ein paar Biere finden, der Weg zum Bett wäre dann kürzer.
Wir laufen also los. Da wir sehr knapp vor dem Konzert in Köln angekommen waren - Tasche ins Hotelzimmer geworfen, ein bisschen Wasser ins Gesicht gespritzt und gleich wieder los, zum Bahnhof, zum Bus – kennen wir zwar immerhin den Namen unseres Hotels, haben auch eine ungefähre Orientierung, wo es ist – am Bahnhof, am Dom vorbei und dann grade aus rechts ab, dann wieder links – aber wir wissen es eben nur ungefähr. Jetzt ist es dunkel und wir tapern vorbei am düster angestrahlten Dom, der nachts noch mehr als tagsüber aussieht wie eine dramatische Theaterkulisse. Zwei drei Pärchen, ein paar Jugendliche mit Flaschen, ein Trupp mit leuchtenden T-Shirts („Junggesellenabschied“) auf den Stufen der Dom-Treppe, leise Musik hängt in der Luft. Dann wird der Weg unbelebter. Noch ein knutschendes Pärchen, ein einzelner, sichtlich angetrunkener Mann, schließlich nur noch eine dunkle, ruhig daliegende Seitenstraße, hohe Häuserreihen, nur noch vereinzelt Licht an den Fenstern. Ob wir hier wirklich richtig sind? Doch, doch. Hier entlang muss es sein. Immer grade aus. Wir müssen nur aufpassen, dass wir rechtzeitig links... Oder doch rechts? Wir laufen weiter, kein Mensch, kein Hotel, keine Kneipe. Mist. Wäre schon nicht schlecht, wenn wir wüssten, wo wir sind.
Plötzlich entdecken wir, dass wir nicht so alleine sind wie wir dachten. Ein paar Meter vor uns, wie wir mitten auf den unbelebten Straße, geht eine schmale dunkle Gestalt. Sieht aus wie ein Mann. Mit Hut, im Anzug. Der Kragen seines weißen Hemdes leuchtet im Dunkeln. Huch, wo kommt der denn her? War der die ganze Zeit schon da? Wir schließen zu der Gestalt auf – und wirklich: Es handelt sich um das, was man einen feinen älteren Herrn nennen würde, sehr distinguiert, sehr freundlich, sehr korrekt. Unter den Arm hat er eine schmale Aktentasche geklemmt. Ja, er kennt unser Hotel. Er weiß, wo es ist. „Kommen Sie einfach mit mir mit, ich habe den selben Weg.“ Und so laufen wir neben ihm her. Er sei auf dem Nachhauseweg, erzählt er uns. Habe noch ein wenig Büroarbeit erledigt (wir stellen ihn uns später zwischen Bücherreihen im Hinterzimmer eines Antiquariats vor), jetzt wird er zuhause noch ein Glas Wein trinken, freut sich auf sein Bett.
Am linken Straßenrand taucht verlockend eine kleine Eckkneipe auf, freundliches Licht hinter getönten Scheiben, aber wir trauen uns nicht, uns von dem Herrn zu verabschieden. Er plaudert so nett, ist so freundlich und hilfsbereit von dem Gedanken getragen, uns den rechten Weg zum Hotel zu zeigen, dass wir ihm folgen. Schließlich macht er Halt. Hier – in dieser Straße, dort sind wir richtig. Wir verabschieden uns höflich und mit Händedruck. Der Herr geht weiter. Verschwindet in der Nacht. War er überhaupt da? Der Himmel über Köln.
Wir sind jetzt also dort, wo wir hin wollten, aber wo um-des-Himmels-Willen bekommen wir jetzt noch etwas zu trinken her? Das Schild des Hotels leuchtet, sonst ist alles dunkel, keine Kneipe nirgends. Wir überqueren die Straße, biegen ab – und da: Hurra, hurra - Licht und Leben. Wir sind offensichtlich in einer etwas angeschubsten Ecke von Köln gelandet, kleine Lädchen, türkische Imbisse und Geschäfte mit buntem Sammelsurium in den Schaufenstern, Kneipen. Wir nehmen die erste – Weinhaus Vogel – ob es hier auch Bier gibt? – treten ein und es ist hier, wo ich anfange zu verstehen, das an Köln (das ich eigentlich ganz schrecklich finde) vielleicht doch etwas dran sein könnte. Stimmengewirr, Rauchschwaden, Steinfußböden, auf dem die Zigarettenkippen ausgetreten werden, seitlich ein paar einfache Holzbänke – aber die meisten der anwesenden Gäste stehen in kleinen Gruppen vor und neben der langen Theke – eine vollkommen gemischte Gruppe. Deutsche, Türken, hinten im Eck zwei bereits fortgeschritten lustige ältere Ehepaare, zwei Frauen, die offensichtlich ein Paar sind, ein zahnloser junger Mann, eine Frau im folkloristischen Wallegewand unterhält sich mit einer jungen Frau im Business-Kostüm. Sieht aus, als ob das alles Leute sind, die hier im Viertel wohnen und hier abends ihr Bier trinken. Wir bestellen – bekommen wie selbstverständlich zwei Kölsch. Es ist nicht der Ort, um zu reklamieren. Na gut. Ein Schluck – und leer isses. Es ist kühl und schmeckt. Tatsächlich es schmeckt. Noch zwei. Und noch. Die nächsten werden dann, sobald wir unsere Gläschen geleert haben, auf Fingerzeig automatisch herübergeschoben. Sagen wir mal so: Wirklich praktisch, dass unser Hotel direkt um die Ecke ist.
Am nächsten Morgen schauen wir uns noch einmal an, wo genau das war, wo wir gestern abend hängen geblieben sind. Und tatsächlich – alles klar. Schräg gegenüber: Eintracht-Straße. Der nächtliche Herr muss wohl doch ein Engel gewesen sein.
Aber...ähem... ich schweife ab. Was ich eigentlich sagen wollte:
Morgen. Himmel über Köln. Rotundschwarz. Sieg!
Nach dem Konzert fuhren wir hungrig und durstig in die Innenstadt, kauften uns einen Döner, tranken zwei, drei Biere (kein Kölsch) und beschlossen dann – es war mitten in der Woche und nicht viel los - uns auf den Weg zu unserem Hotel zu machen. Nein, nicht um schon schlafen zu gehen, dazu war die Nacht zu weit und froh, aber irgendwo dort in der Nähe würden wir sicher noch eine Kneipe für ein paar Biere finden, der Weg zum Bett wäre dann kürzer.
Wir laufen also los. Da wir sehr knapp vor dem Konzert in Köln angekommen waren - Tasche ins Hotelzimmer geworfen, ein bisschen Wasser ins Gesicht gespritzt und gleich wieder los, zum Bahnhof, zum Bus – kennen wir zwar immerhin den Namen unseres Hotels, haben auch eine ungefähre Orientierung, wo es ist – am Bahnhof, am Dom vorbei und dann grade aus rechts ab, dann wieder links – aber wir wissen es eben nur ungefähr. Jetzt ist es dunkel und wir tapern vorbei am düster angestrahlten Dom, der nachts noch mehr als tagsüber aussieht wie eine dramatische Theaterkulisse. Zwei drei Pärchen, ein paar Jugendliche mit Flaschen, ein Trupp mit leuchtenden T-Shirts („Junggesellenabschied“) auf den Stufen der Dom-Treppe, leise Musik hängt in der Luft. Dann wird der Weg unbelebter. Noch ein knutschendes Pärchen, ein einzelner, sichtlich angetrunkener Mann, schließlich nur noch eine dunkle, ruhig daliegende Seitenstraße, hohe Häuserreihen, nur noch vereinzelt Licht an den Fenstern. Ob wir hier wirklich richtig sind? Doch, doch. Hier entlang muss es sein. Immer grade aus. Wir müssen nur aufpassen, dass wir rechtzeitig links... Oder doch rechts? Wir laufen weiter, kein Mensch, kein Hotel, keine Kneipe. Mist. Wäre schon nicht schlecht, wenn wir wüssten, wo wir sind.
Plötzlich entdecken wir, dass wir nicht so alleine sind wie wir dachten. Ein paar Meter vor uns, wie wir mitten auf den unbelebten Straße, geht eine schmale dunkle Gestalt. Sieht aus wie ein Mann. Mit Hut, im Anzug. Der Kragen seines weißen Hemdes leuchtet im Dunkeln. Huch, wo kommt der denn her? War der die ganze Zeit schon da? Wir schließen zu der Gestalt auf – und wirklich: Es handelt sich um das, was man einen feinen älteren Herrn nennen würde, sehr distinguiert, sehr freundlich, sehr korrekt. Unter den Arm hat er eine schmale Aktentasche geklemmt. Ja, er kennt unser Hotel. Er weiß, wo es ist. „Kommen Sie einfach mit mir mit, ich habe den selben Weg.“ Und so laufen wir neben ihm her. Er sei auf dem Nachhauseweg, erzählt er uns. Habe noch ein wenig Büroarbeit erledigt (wir stellen ihn uns später zwischen Bücherreihen im Hinterzimmer eines Antiquariats vor), jetzt wird er zuhause noch ein Glas Wein trinken, freut sich auf sein Bett.
Am linken Straßenrand taucht verlockend eine kleine Eckkneipe auf, freundliches Licht hinter getönten Scheiben, aber wir trauen uns nicht, uns von dem Herrn zu verabschieden. Er plaudert so nett, ist so freundlich und hilfsbereit von dem Gedanken getragen, uns den rechten Weg zum Hotel zu zeigen, dass wir ihm folgen. Schließlich macht er Halt. Hier – in dieser Straße, dort sind wir richtig. Wir verabschieden uns höflich und mit Händedruck. Der Herr geht weiter. Verschwindet in der Nacht. War er überhaupt da? Der Himmel über Köln.
Wir sind jetzt also dort, wo wir hin wollten, aber wo um-des-Himmels-Willen bekommen wir jetzt noch etwas zu trinken her? Das Schild des Hotels leuchtet, sonst ist alles dunkel, keine Kneipe nirgends. Wir überqueren die Straße, biegen ab – und da: Hurra, hurra - Licht und Leben. Wir sind offensichtlich in einer etwas angeschubsten Ecke von Köln gelandet, kleine Lädchen, türkische Imbisse und Geschäfte mit buntem Sammelsurium in den Schaufenstern, Kneipen. Wir nehmen die erste – Weinhaus Vogel – ob es hier auch Bier gibt? – treten ein und es ist hier, wo ich anfange zu verstehen, das an Köln (das ich eigentlich ganz schrecklich finde) vielleicht doch etwas dran sein könnte. Stimmengewirr, Rauchschwaden, Steinfußböden, auf dem die Zigarettenkippen ausgetreten werden, seitlich ein paar einfache Holzbänke – aber die meisten der anwesenden Gäste stehen in kleinen Gruppen vor und neben der langen Theke – eine vollkommen gemischte Gruppe. Deutsche, Türken, hinten im Eck zwei bereits fortgeschritten lustige ältere Ehepaare, zwei Frauen, die offensichtlich ein Paar sind, ein zahnloser junger Mann, eine Frau im folkloristischen Wallegewand unterhält sich mit einer jungen Frau im Business-Kostüm. Sieht aus, als ob das alles Leute sind, die hier im Viertel wohnen und hier abends ihr Bier trinken. Wir bestellen – bekommen wie selbstverständlich zwei Kölsch. Es ist nicht der Ort, um zu reklamieren. Na gut. Ein Schluck – und leer isses. Es ist kühl und schmeckt. Tatsächlich es schmeckt. Noch zwei. Und noch. Die nächsten werden dann, sobald wir unsere Gläschen geleert haben, auf Fingerzeig automatisch herübergeschoben. Sagen wir mal so: Wirklich praktisch, dass unser Hotel direkt um die Ecke ist.
Am nächsten Morgen schauen wir uns noch einmal an, wo genau das war, wo wir gestern abend hängen geblieben sind. Und tatsächlich – alles klar. Schräg gegenüber: Eintracht-Straße. Der nächtliche Herr muss wohl doch ein Engel gewesen sein.
Aber...ähem... ich schweife ab. Was ich eigentlich sagen wollte:
Morgen. Himmel über Köln. Rotundschwarz. Sieg!
Eine schöne Geschichte, liebe Kerstin.
AntwortenLöschenEin Engel in Gestalt eines freundlichen Herrn und jede Menge Kölsch.
Heute Auswärtssieg!
Liebe Grüße
Nicole
Genau so wird's gemacht - Sieg in Köln. Und himmlischen Beistand werden wir dazu heute nicht anfordern - heben wir uns auf... wer weiß, was diese Saison noch so kommt udn man muss ja immer noch was in peto haben *g
AntwortenLöschenDer Himmel ist grau. Leider. Gruß vom Kid
AntwortenLöschenJa. Grau. Doof.
AntwortenLöschenDer Himmel ist zappenduster was ein Reinfall-ohne Worte.
AntwortenLöschenLG
(B)