Endlich ist es da, das Freistoßspray und weckt in mir kühne
Hoffnungen und frohe Erwartungen. Schiedsrichter, die immer eine Dose mit sich
führen um Linien markieren zu können – das kann und darf doch nicht das Ende
der Fahnenstange sein. Die Spraydose hat das Zeug zum Kultobjekt – das war gestern am Jubel, der bei jedem Einsatz des Sprays in den Stadien aufbrandete, bereits zu spüren.
Nicht mehr die Pfeife, das Spray wird zum markantesten Kennzeichen des
Berufsstandes. Der schäumende
Schiedsrichter ist nur der Anfang, ich bin sicher: Bald schäumen alle mit.
Nachdem es nun einmal da ist, lässt sich das Freistoßspray während eines Spiels schon bald in mannigfaltiger Weise nutzen und/oder zweckentfremden. „Hierher!“
ruft der Schiedsrichter, zieht eine Linie und beordert einen auffällig
gewordenen Spieler zum Gespräch. Kreative Schiedsrichter könnten auf den Gedanken kommen, statt Linien lustige Männchen oder Smileys auf den Rasen zu sprühen. Auch für das Nachvollziehen strittiger Spielsituationen ist keine Videoaufzeichnung mehr nötig - per Spray kann alles auf dem Feld nachvollzogen werden. Insbesondere die Frage nach Abseits oder Nicht-Abseits ist bald endgültig vom Tisch. Nicht nur die Schiedsrichter, auch die Spieler selbst werden (selbstverständlich nach vorheriger Schulung) mit einer Variante des Freistoßsprays – dem Abseitsspray – ausgestattet
und markieren in potenziellen
Abseitssituationen ihren Standort, mit einiger Routine dann vielleicht sogar den Laufweg, selbst.
Auch kommunikativ könnte das Spray zu einer Stabilisierung
des Verhältnisses zwischen Schiedsrichterteams und Zuschauern beitragen: Schiedsrichterentscheidungen, die von den
Rängen nicht selten mit Unverständnis quittiert werden, werden künftig per Spray rasch und
unkompliziert visualisiert. „Abseits“
sprüht der Schiedsrichterassistent auf den Rasen. Oder „Hohes Bein“ – so gewinnt
der Sport weiter an Attraktivität und neue Zielgruppen, die der Regeln nicht
mächtig sind, können für das Spiel mit
dem runden Leder begeistert werden. Vorsicht ist geboten bei kritischen Spielsituationen. Spieler die sich über eine Entscheidung
ärgern, könnten auf den Gedanken kommen, die Spraydose aus dem Freistoßsprayhalfter
zu entwenden und wahlweise Trainer, Schiedsrichter, Mitspieler oder Gegenspieler zu besprühen. Statt Bierdusche ist künftig bei
Meisterschaftsfeiern mit einer Schaumdusche zu rechnen. Umgekehrt muss die DFL möglicherweise mit
einer Flut von Protesten rechnen. Spieler könnten über durch das Spray
aufsteigende Dämpfe klagen, die zu Sichtbeeinträchtigungen oder Schwindelanfällen
führen.
Längst noch nicht hinlänglich bedacht, sind im Übrigen auch die
Verwendungsmöglichkeiten des Sprays bei unterschiedlichen Wetterlagen. Was tun
bei Starkregen, wenn das Spray sich
allzu schnell in Wasser verflüchtigt? Könnte es sein, dass das Spray bei
Minusgraden gefriert und dauerhaft auf dem Rasen sichtbar bleibt, vielleicht
sogar zur Stolperfalle wird? Bei starkem Schneefall sollte in jedem Fall ein
farbiges Spray zur Hand sein, das ohnehin
eine Fülle interessanter zusätzlicher Optionen bieten könnte. Mit unterschiedlichen Sprayfarben
könnten Schiedsrichter individuelle Akzente
setzen. Aytekin sprüht rot, Dankert sprüht gelb und Gagelmann grün, aber nur in
einem Spiel, da ihm dann auffällt, dass das grünes Spray auf dem grünen Rasen
nicht so gut zu sehen ist, danach steigt er um auf schwarz. Die Spannung vor
jedem Sprayeinsatz steigt ins Unermessliche, welche Farbe wird er verwenden …
aahhh…. Bei Länderspielen könnten Sprays
in der Farbe der jeweiligen Nationalflaggen
zum Einsatz kommen. Alternativ könnte
die Farbe des zu verwendenden Sprays je nach Ligazugehörigkeit variiert
werden. Jeder Schiedsrichter wäre
demnach gefordert, eine Palette unterschiedlicher Spraydosen in Bereitschaft zu
halten. Auch die weiteren Verwendungsmöglichkeiten im und ums Stadion sind
quasi grenzenlos. Per Spray kann die Linie markiert werden, hinter der der nächste
Kunde am Bratwurststand, am PayClever-Automat oder bei der Eingangskontrolle Aufstellung
zu nehmen hat.
Die Spraydose könnte innerhalb kürzester Zeit zum beliebten
interaktiven Fan-Utensil werden, das Spraydosenhalfter
mit Vereinslogo zum Verkaufsschlager in den Fanshops. Die DFL diskutiert, ob die Mitnahme von
Spraydosen ins Stadion erlaubt ist, entscheidet sich aber dagegen. Als neues
Element der Fankultur etabliert sich die Sprühchoreo, die bereits vor dem Spiel
vor den Stadien für Unterhaltung und Stimmung sorgt. Als fanfreundliche Alternative veranstaltet
jeder Verein einmal im Jahr – analog zum Holi-Festival – ein Freistoßspraysprühfestival,
bei dem Fans sich gegenseitig mit Vereinsfarben besprühen.
Jetzt ist eine Lawine losgetreten, die erlebt die Wirtschaft einen nicht erwarteten
Aufschwung. Die Freistoßspray-Industrie boomt. Überall auf der Welt sprühen
Menschen was das Zeug hält – immer dort, wo etwas vorübergehend markiert werden muss
oder kann. Ich halte euch auf dem Laufenden. Aber jetzt mache ich erstmal einen
Punkt, ach nein ich mache eine
Mir geht es so ähnlich wie Danny Glover als Roger Murtaugh in Lethal Weapon: Ich bin zu alt für den Scheiß. :-)
AntwortenLöschenDanny Glover - check :)
AntwortenLöschenFast hätte ich's vergessen: Man kann auch ohne Freistoßspray schäumen. Und wie!