Wenn man der Berichterstattung der letzten Tage und Wochen
gefolgt ist, konnte man ja durchaus seine Zweifel haben. Die gute Nachricht deswegen
gleich vorab: Eintracht Frankfurt hat eine Mannschaft. Tatsächlich und wahrhaftig und das, was
sie da auf dem Platz macht, sieht gar nicht so schlecht aus.
Für mich gibt es in jedem Jahr diesen einen Zeitpunkt in der
Saisonvorbereitung, da muss ich selbst etwas sehen. Merkwürdig fern das alles,
was da täglich durch Netz twittert, kommentiert, berichtet und gepostet wird.
Fußball. Nach Sandhausen? Auf geht’s.
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Am Horizont: Stadion in Sicht |
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Derzeit noch eine Baustelle (also: das Stadion in Sandhausen) |
Jawohl, es ist erkennbar, das neue Spielsystem und ich
verstehe jetzt auch, was Thomas Schaaf meint, wenn er (nach dem Spiel in
Mannheim) gesagt hat, dass der Mannschaft „noch die Überzeugung“ fehlt und dass
er (nach dem Spiel in Sandhausen) anmerkt, dass da jetzt schon „mehr Überzeugung im Spiel“
war.
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Licht und Schatten |
Der Spielaufbau aus der eigenen Hälfte ist breit angelegt
und lebt vom präzisen, schnellen Pass- und Umschaltspiel – so wie es während der WM auch viele
Mannschaften praktiziert haben. Hasebe fordert die Rolle des Ballverteilers im
defensiven Mittelfeld, die er fast klassisch interpretiert. Währen der ersten dreißig Minuten funktioniert
die Abstimmung mit dem davor platzierten Alex Meier noch nicht so richtig. Die
beiden kommen sich häufig ins Gehege, die Aufgabenverteilung funktioniert noch
nicht richtig. Danach wird Meier aktiver, pendelt - aaaah ja – horizontal, das Spiel wird
deutlich dynamischer und lebhafter.
Überhaupt: Vorne geht die Musik ab – man ahnt, wie das Spiel
laufen soll und manchmal kann man es sogar bereits sehen. Auch hier WM-Style:
Ball annehmen, direktes Kurzpassspiel oder schnelle Ballverarbeitung und dann
den intelligenten, häufig ganz einfachen, flachen Ball in die Lücke. Dazu braucht man vorne drin
Spieler, die etwas mit dem Ball anfangen können – und da sehen wir gar nicht so
schlecht aus. Kadlec kann das, Inui auch, Meier sowieso und Piazon – ja, der
auch.
Einzelaufnahmen:
Timothy Chandler wird seine Sache auf rechts gut machen. Er
ist sehr aufmerksam, in der Spielanlage weniger dynamisch als Sebastian Jung,
sehr präsent, sehr energisch im Zweikampf mit viel Überblick. Ertappe mich trotzdem
dabei, dass ich versucht bin, es ihm übel zu nehmen, dass er nicht Sebi Jung
ist. Nein, das darf nicht sein.
Takashi Inui wirkt gegenüber den letzten Eindrücken aus der
vergangenen Saison deutlich verbessert, wirkt selbstbewusster und ist besser im
Spiel – auch deshalb, weil er weniger Ballverluste hat, sich weniger oft an
seinem Gegenspieler festdribbelt.
Alex Meier habe ich in der ersten halben Stunde des Spiels
überhaupt nicht gesehen, was erstaunlich genug ist, denn er war – neben Bamba
Anderson – der einzige groß gewachsene Eintracht-Spieler auf dem Platz.
Irgendwie schien er nach der ersten halben Stunde Lust auf Fußball zu bekommen,
wurde aktiver und machte dann auch prompt das Tor. In der zweiten Hälfte
spielte die Eintracht in unsere Richtung, da konnte ich den Spielaufbau und auch Alex genauer beobachten
und habe einmal mehr entdeck, wie wichtig er für unser Spiel ist. Neue Erkenntnis: Das liegt
vor allem auch daran, dass er nicht in Einzelaktionen, sondern in Spielzügen denkt. Wenn er einen Angriff in
Strafraumnähe initiiert, spielt er ihn auch zu Ende. Nach meinem Eindruck hat
er seine „Schleicher-Fähigkeiten“ weiter perfektioniert. Links das kurze Anspiel auf Inui, der
weiterpasst du Kadlec, der den Ball weiterschiebt auf – huch – Alex Meier, der
fast körperlos jetzt bereits auf der anderen Seite des Strafraums steht.
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Lucas, Lucas - gleich wird er kommen |
Vaclav Kadlec – sehr bemüht, sehr eifrig. Trotzdem leider nicht so auffällig,
wie ich es mir erhofft und ihm gewünscht hätte. Ähnliches gilt für Bastian Oczipka, der
nicht richtig ins Spiel fand, ein wenig schwerfällig wirkte und auf der linken Seite keine Bindung an die
Mannschaft hatte.
Erfrischend: Der kurze Auftritt von Joel Gerezgiher, der zwanzig Minuten vor Schluss für Kadlec kam. Ein bisschen übereifrig, aber nicht nur
schnell auf den Beinen, sondern auch mit dem Kopf. Schöne Ballführung, technisch gut drauf - wie gesagt: ein bisschen übereifrig.
Schön war es, Bamba Anderson und Carlos Zambrano wieder als
Dream-Team in der Innenverteidigung zu sehen. Zambrano wirkt noch ein wenig
undynamisch, Bamba der derzeit deutlich stärkere der beiden. Ein ums andere Mal
lief er seinem Gegenspieler den Ball einfach ab, ganz ohne zu Grätschen, so wie früher bevor er in die Vehsche Ungnade fiel.
Fazit: Ein überzeugender Sieg, bei dem die Sandhausener in
der zweiten Halbzeit nichts Richtiges mehr entgegenzusetzen hatten und die
Eintracht eher um spielerische Elemente als ums Tore schießen bemüht war.
Doch noch ein
bisschen drumherum?
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Auswärtssieg, Auswärtssieg ,-) |
Auf dem Heimweg fahren wir durch ein Sturzbachgewitter und denken an Sabine, die mit ihrer Vespa hoffentlich rechtzeitig irgendwo einen Unterstand gefunden hat. Bei strahlendem Sonnenschein landen wir wieder am Waldstadion und verabschieden uns bis zum Saisonstart gegen Freiburg. Der Weg von Nicole , Rosa und co. führt jetzt erst einmal in den wohlverdienten Urlaub, meiner vorbei an gemähten Feldern zurück ins rheinhessische Hinterland. Was immer die neue Saison bringen wird: Ich freu mich drauf!
„Für mich gibt es in jedem Jahr diesen einen Zeitpunkt in der Saisonvorbereitung, da muss ich selbst etwas sehen.“ Dafür ernenne ich dich hiermit ehrenhalber zur Enkelin meines Lieblingstrainers Dietrich Weise! Der hat im Februar 2008 zum Bloggerkollegen Stefan Krieger gesagt: „Ach wissen Sie, junger Mann, wenn man über Fußball reden will, muss man sich Fußballspiele anschauen.“
AntwortenLöschenDu hast geschaut. Und teilst mit uns deine Einblicke und Eindrücke. Danke dafür. Und dass es hier und heute um das geht, um das sich ja längst nicht mehr alles dreht: das Spiel.
Übrigens: Ich freu mich auch auf die neue Saison. Endlich wieder Fußball. Denn Fußball, sagt Kid Groupie ja immer, ist nur, wenn die Eintracht spielt. :-)
Ich mag Dietrich Weise auch sehr. Und da ich weiß, wie hoch du ihn schätzt, freu ich mich ganz besonders über die ehrenhalbe Ernennung - und darüber, dass du den Text genauso verstanden hast wie er gemeint war :)
LöschenWunderbar, Kerstin, besten Dank. Endlich das, wonach die Seele lechzt: Fußball, Eintrachtfußball, mit Wittgenstein: wie er der Fall ist, mit Frankfurter Schule: kat' exochen. So spekulations- wie drumherumlos. Die Charakterisierung von Alex Meier, ein einziges Vergnügen: ein schleichend schwarmintelligent-horizontalpendelnder Fußballgott. Hat sonst keiner, gibt's nur bei der Diva. Einfach nur eine Freude und Bal(l)sam auf die sommerpausengeschundene Seele. Daher völlig zurecht: d e i n Lucas.
AntwortenLöschenGruß aus dem Wilden Süden - Matthias
P.S. Gute Besserung, Kid!
NIcht nur der schleichend-schwarmintelligent-horizontalpendelnde Fußballgott ist ein Vergnügen - deine Kommentare sind es ebenso. Auf das die Eintracht-Seele bald wieder aufblüht. Was hat der Herr Veh heute zu Protokoll gegeben: Mindestens vor der Eintracht will der VFB landen? Na, darauf würde ich, wenn ich Veh hieße, nicht wetten ,-)
LöschenDa hast du schön unsere Eindrücke zusammengefasst, liebe Kerstin.
AntwortenLöschenWie wahr: Fußball ist nur, wenn die Eintracht spielt. Das ist Fakt, da bin ich ganz bei Kid Groupie.
Ich lasse mir meine Zuversicht auf die neue Saison jetzt nicht mehr nehmen. Ich freue mich auch drauf!
War wieder eine schöne kleine Reise mit dir, Kerstin. Die Gegebenheiten dort vom Parkplatz, den Weg zum Stadion, die kleine Baustelle, die netten Einheimischen ;-) und eine Eintracht, die durchaus Hoffnung auf eine gute Saison macht. Auch (oder gerade weil) vieles neu ist, neue Spieler, neues Trainerteam, neues Spielsystem. Bei mir ist jetzt Aufbruchstimmung. Und Thomas Schaaf hat mein volles Vertrauen.
Ja, schön war's - die Fahrt, das Drumrum, das Spiel und das Fachsimpeln. Ich weiß nicht, was die Saison bringt, aber ich habe das sichere Gefühl, dass sie sehr "fußballig" sein und der Fußball wieder mehr im Mittelpunkt stehen wird. Wir müssen ja nicht gleich Bäume ausreißen - aber vielleicht können wir es versuchen? .. so irgendwie. Freu mich!
LöschenSchöner Bericht!!
AntwortenLöschenIch habe mir erlaubt, ihn bei Blog-G zu verlinken, da ich der Meinung bin, dass er von mehr Leuten gelesen werden sollte.
OT
AntwortenLöschenHerzlichen Glückwunsch zum 77 777ten Besucher deiner Seite! :-)))
Das ist ja nett :) ... und mindestens ein paar hundert dieser Klicks verdanke ich deinen Links zu Blog G. Danke!
LöschenPiazon. Piazon. Piazon. Piazon. Piazon. Piazon. Piazon.
AntwortenLöschenSo, jetzt sitzt es. Ohne "Accent aigu" auf dem "o" bzw. ohne "Duddel" wie man im Hessischen schon mal sagt. Vielen Dank an Kid für den Hinweis. Wenn schon "mein Lucas", dann sollte ich ihn wenigstens richtig schreiben ,-)