Es ist zunächst das Geräusch, das mir auffällt. Es surrt,
nein, eigentlich rauscht es. Als ob ganz weit weg eine Maschine schnurrt und jammert. Nein, eigentlich nicht wie eine Maschine, wie
ein fern grollender Wind. Ein kontinuierliches Rauschen. Es schwillt an, wieder
ab. Wird lauter, leiser. Krächzt. Ächzt.
Jauchzt. Was ist das? Ich öffne weit die Flügel des Fensters, schaue in den
blitzeblauen Himmel und da sehe ich es. Vögel. Unendlich viele Vögel. Ein nicht enden wollender Strom, der sein
Ziel genau zu kennen scheint und in eine
Richtung ins Weite fliegt. Into the great wide open. Es ist kein einzelner Schwarm, der da über das Dach fliegt, es
sind hunderte und aberhunderte Schwärme. Kaskaden von Flügeln und Körpern, die
Muster in den Himmel zeichnen. In
unterschiedlichsten Formationen. Keilförmig. Breitgefächert. Scheinbar wild durcheinander, zielstrebig, wie
von einem geheimen Band gezogen. Viele kleine Keilformationen. Übereinander. Hintereinander. Frei. Wild.
Planvoll. Größere Vögel (wenn auch keine
Adler). Sehr kleine Vögel. Mittelgroße Vögel. Schwirrend. Flatternd. Gleitend. Der Himmel ist schwarz, voller
Vogelleiber. Tupfen. Kreise. Streifen. Dann
nur ein schmales schwarzes, fein ziseliertes Band. Dicht
gestaffelt, locker gruppiert. Aufgereiht. Im Zickzack, in Kurven. Konzentrische Kreise. Es
flattert und surrt. Ab und zu hebt ein
einzelner Vogel aus der Nähe ab, so als hätte er auf ein Kommando gewartet, ein
Signal empfangen. Fällt, flattert von einem
auf den anderen Moment wie zufällig von einem Dach, einem Baum, reiht sich ein. Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Ich stehe, schaue, staune. Bin Teil eines Wunders, das ich nicht verstehe.
Verschwimme selbst im Himmel. Gehe. In ein anderes Blau. Immer neue flatternde, surrende Flügel. Wellen, die den Himmel überfluten. Mehr,
mehr. Scheinbar unendlich. Dann werden die Schwärme kleiner. Doch noch einmal
eine rauschende, schwarze Woge. Wie aus dem Nichts direkt vor mir, ein Vogel
auf dem Dach, hebt ab, flattert wild, steigt. Schnell, schnell. Nichts wie hinterher. Die letzten Vögel gleiten vorüber. Schwarze, kleiner werdende
Punkte am Horizont.
Dann ist es vorbei. Kein Rauschen, kein Surren mehr. Stille.
Blauer Himmel. Über zehn Minuten habe ich jetzt hier gestanden. Fast ein wenig
benommen schließe ich das Fenster.
Sehr schöne Momentaufnahme in Wort und Bild. Die scheinen zu wissen, wo's lang geht. Hoffen wir mal, dass auch die Adler Kurs halten. Gruß, C.
AntwortenLöschenDanke :)
AntwortenLöschenUnd ja, die Adler. Vielleicht machen wir es ja wie der Nachzügler-Kollege vom Dach: Grade noch rechtzeitig mitkriegen, dass die Post abgeht, kurz schütteln, wild und heftig flattern, um hinterher zu kommen, Anschluss gewinnen, Kurs aufnehmen und dann die Richtung halten.
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Herbstgrüße, K.
Natürlich war kein Adler zu sehen, da Adler nun mal keine Zugvögel sind, sie bleiben auch im Winter hier. (Es sei denn, sie sind zu einer Stippvisite in Israel, um dort Beute zu schlagen).
AntwortenLöschenDie Herbststimmung mit der gewissen Wehmut beim Anblick der Zugvögel hast du sehr schön wiedergegeben. Danke für diese Momentbeschreibung.
Dein Blog lädt immer zum Verweilen ein, Kerstin. Und dieses Mal ganz besonders.
AntwortenLöschenEchte Adler (Aquila) sind – so ist es in Wikipedia zu lesen - in allen Klimazonen verbreitet.. Affenadler werden immer häufiger, Einsiedleradler immer seltener beobachtet. Der Elsteradler klaut gerne Punkte, was aber sehr stark von seiner Tagesform abhäng. Würgadler sind nicht sehr beliebt, wohingegen Fischadler sich in den letzten Jahren im Hessischen besonders viele Freunde gemacht haben (der ischadler ist übrigens ein Zugvogel – wie ich seit letztem Jahr weiß, als wir im Forum unseren eigenen Fischadler-Horst in Pflege hatten ,-) Ein Kampfadler steckt in jedem Adler, auch wenn er es manchmal vergisst. Morgen hoffentlich nicht!
AntwortenLöschenDanke, ihr Adler, dass ihr hier einen Zwischenstopp eingelegt habt :)
lgk