Als wir uns gestern um halb acht auf den Weg "ins Ort" machen, ist es ruhig in den Straßen. Vor uns ein paar Kiddies im Deutschland-Trikot mit Vuvus. Trööt. (Ich finde es gar nicht so einfach, einen gleichmäßigen Ton aus einer Vuvuzela herauszubekommen – das geht den Jungs vor uns wohl ähnlich. Elefant. Maus. Gekreische. Alles dabei. Sie gickeln sich halbtot. Nur ein Ton? In Südafrika vielleicht. Bei uns: Von wesche. )
Kerb und Weinfest finden bei uns am Platz bei der alten Schule mitten im Ort statt. Der ohnehin spärliche Verkehr wird umgeleitet. Der Public Viewing-Gedanke trägt - zwar ist heute abend nicht das ganze Dorf da – die so genannten Neubürger scheinen sich eher zurückzuhalten - aber Festplatz und Zelt sind gut gefüllt. Und anscheinend gibt es im ganzen Ort keinen Menschen, der kein Deutschland-Trikot besitzt. South Africa. DFB. Daneben gibt es: Deutschland-Mützen in Ballform, Fahnen aller Größen, Deutschland-Puschel, schwarzotgoldene Tröten und Riesenwinke-Hände, vereinzelt Schals, Kappen.
Um kurz nach 8 verlagert sich der Großteil des Geschehens allmählich ins Innere des Zeltes. Lachen, schwätzen. "Ei Gude.." Mit Fußball hat das nur am Rande zu tun, aber die Stimmung ist gut. Neben uns am Tisch ein Stammtisch älterer Damen, alle mit einem Schöppsche vor sich, bekleidet mit Trikots und Deutschland-Girlanden um den Hals. Hinter uns ein Trupp Jugendlicher (ich vermute: der Kerbejahrgang). Auch sie fast alle in Trikots, die meisten ohne Aufdruck - einen Schweinsteiger erkenne ich. Einen Ballack. Und Otto.
Kurz vor Anpfiff habe ich das Gefühl, dass ich vielleicht doch ein klitzekleines bisschen aufgeregt bin. Der sichtlich unter Strom stehende dicke Herr mir gegenüber vermeldet: „Jetzt…jetzt geht’s los!“ Und er hat recht. Die Australier starten erstaunlich offensiv (Bela Rethy: „Damit hatte niemand gerechnet.“ Ei, vielleicht mache ses deshalb?). Boah – ein Raunen geht durchs Zelt – der hätte eigentlich drin sein müssenkönnen. Aber dann kommt doch alles wie es kommen muss. Poldi trifft, Klose versemmelt und trifft dann doch und das Zelt bebt und jubelt. Meine Beziehung zur deutschen Nationalmannschaft ist eine durchaus gespaltene, mein Tipp vor dem Spiel war ein 1:1 – deswegen bin ich schon überrascht über das Auftreten. Das sieht gut aus. Von hinten heraus wird das Spiel aufgebaut und in die Breite gezogen und dann blitzschnell auf Angriff umgeschaltet – die Bälle in die Spitze kommen präzise. Poldi legt ein, zwei Mal ganz wunderbar den Ball steil in den Lauf von Özil, Thomas Müller und Philipp Lahm setzen sich wechselseitig auf der rechten Seite in Szene. Khedira, der das Spiel antreibt. Immer wieder Özil, der wuselt, verzieht, wieder neu ansetzt. Die Australier sind schwach, sehr schwach. Du liebes bisschen – was für ein Abwehrverhalten. Zwei Meter vom Mann weg. Müller, Özil, Poldi gehen immer wieder problemlos vorbei. Stellungsspiel scheint es keines zu geben – immer wieder startet ein deutscher Spieler in den freien Raum, steht bei Flanken besser zum Ball, nimmt den kürzeren Weg. Die Nationalmannschaft steht mir wahrlich nicht sehr nah, die Australier sind grottenschlecht, aber – doch: Ehre wem Ehre gebührt - das da ist mit Abstand das bisher beste Spiel bei dieser WM.
PS:
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