Supercup - das war so ein Spiel, das mich in den vergangenen Jahren weniger als null interessiert hat. Ein zusätzlicher, künstlicher Cup, den irgendwelche Big Names untereinander austragen. Irrelevant.
Heute sieht die Sache naturgemäß etwas anders aus. Ich kann nicht sagen, dass ich dem Spiel gegen Real heute maximal entgegenfiebere oder megaaufgeregt bin - aber gespannt bin ich, sehr gespannt. Einmal ein Pflichtspiel gegen Barca. Einmal gegen Real. Das sind Stoßseufzer, die viele Adler in den vergangenen Jahren (Jahrzehnten...) in den Himmel geschickt haben. Ich füge hinzu: Einmal gegen Liverpool. Zwei Drittel davon sind dann also schon mal erledigt - und warum sollte die CL-Auslosung in ein paar Wochen uns nicht nochmal ein Geschenk vor die Füße legen?
Aber jetzt erstmal: Helsinki. Die Eintracht-Karawane ist in Zehntausend-Adler-Stärke längst vor Ort gelandet. Trinkt und singt - und kann sich heute (anders als vor drei Monaten in Sevilla) wenn vielleicht auch nicht über einen Sieg, dann zumindest über ausreichende Getränke bei angenehmen Temperaturen freuen Es ist schon etwas sehr, sehr Spezielles um diese, unsre Eintracht, ist es nicht?
Mein persönlicher Spannungslevel ist in den letzten Tagen deutlich angestiegen. Das liegt vor allem am letzten Freitag. Und am Abgang von Kostic. Der tut weh. Fußballerisch, klar, aber irgendwie auch persönlich. Ich werde ihn insgesamt vermissen. Keiner, der sich beliebt macht, trotz aller Emotionalität ein irgendwie zurückhaltender, verschlossener Typ, eine coole Socke, eigenwillig, ganz sicher nicht jedermanns Freund, nach meiner Wahrnehmung eher ein Einzelgänger. Der aufrechte Gang. Die spezifische Art sich zu bewegen. Seine unfassliche Wucht und Explositivität, sein extrem stark ausgeprägter individueller Ehrgeiz, der sich auch darin zeigt, dass er (bei schlechten Spielen) eher mit seinen Mannschaftskollegen hadert als mit sich selbst. Das hat mich mehr als einmal verärgert, dieses "jetzt erst recht" und "dann mache ich es eben allein." Und dann hat er es (mehr als einmal) tatsächlich allein gemacht. Langgezogener Sprint über links, oder schon links außen postiert, direkt angespielt, ein kurzer Haken und - jetzt, jetzt - zieht er ab. Tooooor. Ein Freund hat mir gestern ein Zitat aus der Süddeutschen Zeitung geschickt: "Das Tor, das Kostic dauernd schießt, geht so. Der Ball gerät am linken Strafraumeck in seine Nähe, Kostic holt aus und befördert den Ball mit einem präzisen Hieb aus so genanntem spitzen Winkel in das so genannte lange Eck. Jeder Torwart weiß das, keiner kann es verhindern." Genau so ist ist. War es. Bin ziemlich traurig.
Heute also das erste Spiel in der Nach-Kostic-Ära. Im Supercup. Ausgerechnet. Peter Fischer macht daran, dass Kostic auf dieses Spiel, den - so said - krönenden Abschluss des Europacupsieges, verzichtet, so etwas wie ein Indiz für den Verfall des fußballerischen Ethos fest. Echt jetzt? Noch und noch und noch ein Abschluss. Noch und noch ein Jahrhundertspiel. Noch und noch eine noch größere Ehre. Ein historischer Moment. Mal ernsthaft die Frage: Sollten wir tatsächlich heute Abend Real schlagen - gibt es dann morgen wieder eine Feier am Römer?
Die letzten Aufrechten der 1959er Meistermannschaft, die Finalisten im Europacup der Landesmeister 1960, sind heute mit vor Ort in Helsinki. Erwin Stein, Dieter Stinka, Ekko Feigenspan, Istvan Stzani. Die Eintracht lebt ihre Tradition (oder richtiger: sie besinnt sich darauf, denn ich kann mich an gar noch so lang vergangene Zeiten erinnere, in denen weniger pfleglich mit Vereinslegenden umgegangen wurde. Things have changed.)
Christopher Lenz auf der linken Außenbahn? Kolo Muani als Spitze? Welche Learnings hat das Team aus dem Spiel gegen Bayern mitgenommen und können wir das, was wir besser oder anders machen wollen, heute auch (schon) umsetzen. Ist alles möglich? Ich backe heute kleine Brötchen. Nicht untergehen, mitspielen, von mir aus ein paar Tore fangen - aber bitte auch selbst welche machen.
Mein Tipp: Wie wäre es mit einem gepflegten 7:3 - für wen auch immer!
Ok, jetzt weiß ich wieder, warum mich Supercup nie nicht interessiert hat und auch künftig nicht mehr interessieren wird. Er ist einfach total überflüssig. Freundschaftsspiel auf etwas höherem Niveau. Ohne Spannung, ohne echte Emotionen - für mich auch kein "Abschluss" der Europaleaguesaison, eher so was wie eine Anti-Klimax. Ok, haben wir jetzt hinter uns, abgehakt. Und zumindest ist für viele Eintrachtler eine zusätzliche nette Reise mit einem sehr schönen Reiseziel dabei rausgekommen. Nehmen wir positiv zur Kenntnis, dass wir nicht unter die Räder gekommen sind und uns ganz ordentlich präsentiert haben. Nicht mehr, nicht weniger. Sonderlob für Christoph Lenz, der sich wirklich extrem reingehängt hat, unverdrossen, total engagiert. Er ist halt kein Kostic, an dieser Lücke werden wir, wie ich fürchte, noch länger knabbern.
AntwortenLöschenStellenweise sah das Spiel für mich so aus, wie wenn in der ersten DFB Pokalrunde ein Bundesligist bei einem niedrigklassigeren Gegner antritt. Da ist viel strebendes Bemühen bei dem "Kleinen", da wird auch mal versucht zu kontern, einzelne Spieler wuseln ein bisschen und kommen dabei ab und zu durch, aber da ist nie der Hauch einer Chance, das Spiel zu gewinnen. Und so war es (trotz des Beinah-bzw.-das-hätte-ein-Tor-sein-müssen von Lindström) auch gestern. Real souverän, abgeklärt, mit deutlich angezogener Handbremse. Klar wollten die das gewinnen, aber sie haben schnell gemerkt, dass es reichen wird, wenn sie einfach ganz normal und ruhig durchspielen. Was mich beeindruckt hat: Die zweite, junge Garnitur hinter der tollen, aber halt echt überalterten ersten Mannschaft, die schon parat steht und nahtlos übernimmt. Das sieht nach einem ziemlich systematisch vorbereiteten, sukzessiven Generationenwechsel aus.
Was mir (für uns) ein bisschen Angst macht: Bei dem teilweise aufblitzenden richtig schnellen One-Touch-Spiel der Spanier sahen wir ein ums andere Mal nicht so wirklich gut aus bzw. hatten nichts dagegen zu setzen. Und ja, auch wir können schnell - aber wenn wir schnell spielen, ist das ein anderes Schnell. Mal sehen, was und wen die CL-Auslosung bringt. Ich bin jedenfalls nach der zurückliegenden Fußballwoche ein gutes Stück nachdenklicher als vorher.