Direkt zum Hauptbereich

Dann wollen wir mal...

Wow... echt wahr? Das dachte ich gestern Vormittag als die Nachricht durchsickerte:  Zum Auftakt gegen Bielefeld dürfen tatsächlich Zuschauer ins Waldstadion. Und war ich mir vorher absolut sicher, dass ich unter Corona-Schutz-Bedingungen ganz bestimmt nicht  ins Stadion gehen werde, war ich gestern selbst überrascht, wie sehr ich mich über diese Nachricht gefreut habe. Corona schien plötzlich ganz weit weg, konkret war  die Vision...von überall her strömt es rotundschwarz,  Bratwurst, singen, lachen, Fahnen, Anspannung, Vorfreude... Mensch, wär das schön... Dann die zu erwartenden Infos über Ablauf und Organisation wie das alles organisiert werden wird - ausgelost unter DK-Besitzern, Platzzuteilung im Stadion... Mmmh... Und dann der Gesundheitsfragebogen, den ich heute morgen in meiner Mail hatte und das neue Infektionssprech, vor dem es mir graust. (Ich bestätige, dass ich keinen Kontakt zu einem Infizierten hatte...) Kann es das sein? Will ich das...? Ende der Überlegungen offen.

Heute also der Start in die Saison mit der ersten Pokalrunde bei den Sechzigern in München, ohne Zuschauer.

Was fällt mir ein zu 60? Werner Lorant, der mit Grabi und Holz bei der Eintracht gespielt und in den 90er Jahren die Löwen trainiert hat.  Traditionsverein. Skandalgeschüttelt. Ein ständig nach unten führender Strudel, aufgehellt von kleinen, immer weniger werdenden Lichtblicken. Herumdümpeln in der zweiten Liga.  Die Hoffnung auf den Investor, der das Ruder herumreißt. Die vollmundige Verkündung besserer Zeiten.  Und dann der tiefe Fall: Keine Lizenz mehr für die dritte Liga und der Gedanke, dass (hallo lieber Kid Klappergass) alles das ein paar Jahr früher auch die Eintracht hätte treffen können.  Parallelen auch in dem Gefühl, dass der Niedergang irgendwie ein Irrtum gewesen muss, man  doch eigentlich nicht da unten rein, sondern  nach oben, zu den großen Traditionsvereinen in Deutschland und nach Europa, gehört. Wir haben die Kurve gekriegt, mehr als das, und 1860? Sie fangen an, sich wieder zu berappeln. Sind irgendwie wieder auf dem Sprung, haben beinahe um den Wiederaufstieg in die zweite Liga mitgespielt. Und auch jetzt sicher getragen von dem Gefühl, dass "man" eigentlich nicht da unten rein gehört und dass der Pokal eine Chance sein kann, wieder aufzutauchen im "großen" Fußball. Das wird für uns trotz mit ohne Zuschauer nicht einfach.

Bei 1860 München denke ich auch an die Abstiegssaison 2010/11 und das Spiel gegen St. Pauli, bei dem wir im Waldstadion ins Gespräch mit einem jungen Pauli-Fan kamen, der uns echt in Staunen brachte, weil sein Fanherz gleich für drei Vereine schlug: St. Pauli, Celtic Glasgow und eben 1860 München.  Wann immer möglich, war er an den Wochenenden jeweils zwischen zwei, manchmal auch drei Spielstätten unterwegs, um live dabei zu sein (Celtic nur in Ausnahmen, zum Beispiel beim Derby gegen die Rangers). Damals hätten wir uns nicht träumen lassen, dass es in der nächsten Saison zum direkten Aufeinandertreffen der Eintracht mit den Münchenern kommen würde. Aber genau so war es. In der zweiten Liga.

Ich denke an die "Ladies Lounge", die die 60er im Kontext eines geplanten Höhenflugs im Stadion und  - öööks - mit speziellem Fokus auf weibliches Fußballpublikum an der Grünwalder Straße eingerichtet hatten.

Und ich denke an Stefan Aigner, der damals, nach unserem Wiederaufstieg, von den 60ern zur Eintracht kam und eine Zeitlang so ein bisschen die Rolle übernommen hat, die heute Martin Hinteregger als All-Time-Hinti erfüllt. Nicht ganz so rustikal, nicht ganz so "volksnah", aber straight, natürlich, bodenständig. Wie hab ich mich damals gefreut, als mir ein Agenturkollege und bekennender 60er erzählt hat, dass er in der Jugend zusammen mit Aigner in einer Mannschaft gespielt hat. Da wurde er für mich fast so was wie ein persönlicher Bekannter.

Vor dem 19. Mai 2018 war jeder Saisonauftakt, jede erste Pokalrunde für mich (und wahrscheinlich für jeden Eintrachtler) die  brennende Hoffnung darauf, dass es in diesem Jahr wahr werden könnte und wir endlich, endlich wieder etwas richtig Großes erreichen. Und jedes Jahr wieder wurde die Hoffnung von der Realität eingeholt. Ok... dann eben nicht, es soll nicht sein, dafür haben wir  einen Sack voll Erinnerungen und den genialsten Verein der Welt... wird schon, irgendwann, irgendwann.  

Und dann kam das Finale 2018 und seit dem ist alles anders.  Alles? Der ersten Pokalrunde wohnt - wie jedem Anfang - immer noch und immer wieder ein Zauber inne (und ich gehe mal davon aus, dass dieser Satz auch in Corona-Zeiten seine Gültigkeit behält...)  Wird es uns noch einmal gelingen? Heute können wir damit anfangen.

*sing* Erste Runde München...


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die nächste Strophe vom alten Reisbrei

Am Samstagabend höre ich im ZDF Sportstudio die Vorankündigung für das Spiel am Sonntag im Waldstadion. „Hannover kann morgen auf den zweiten Tabellenplatz vorstoßen“, verkündet Katrin Müller-Hohenstein. Tatsächlich? Was Sie nicht sagen. Und die Eintracht? Hey – hallo, das ist unser Heimspiel, und wir werden es gewinnen, weil nämlich dann wir es sein werden, die zu Hannover und zur Spitzengruppe aufschließen. Capisce? Und tatsächlich. So machen wir es. Impressionen vom Spiel: Patrick Ochs, der in der ersten halben Stunde auf der rechten Seite herum mannövert als habe er tatsächlich vor, was er vorher verkündet hatte: Sich festbeißen – und von dem in der zweiten Halbzeit nichts mehr zu sehen ist. Halil Altintop, der (auch in seinem eigenen Sinn) zur Halbzeit hätte ausgewechselt werden müssen, und von seinem Trainer, der voll hinter ihm steht, eine viertel Stunde vor dem Ende zum Abschuss freigegeben und – sichtlich um Fassung bemüht – regelrecht vom Platz gepfiffen wird. (Ja, ja.

Kleines Fußball-ABC - Heute "U" wie "Unterschiedsspieler"

Unterschiedsspieler, der (pl. (selten die); fußballneudeutsch für einen Spieler, der – wie der Name schon sagt – den Unterschied machen und ein Spiel entscheiden kann. Bsp .    → Rebic, Ante (Eintracht Frankfurt) , der in der ersten Runde des DFB-Pokals 2019/20 “ den aufmüpfigen Drittligisten Waldhof Mannheim quasi alleine in die Knie zwang. “ In der Regel ist der → Unterschiedsspieler ein Offensivspieler, aber auch Defensivspieler „mit einer starken Technik und einem guten Gespür für Räume imOffensivspiel“  können Unterschiedsspieler sein  -   Bsp.   → Baumgartner, Christoph TSG Hoffenhei m) , → Kimmich, Joshua (FC Bayern München) oder  →Kostic, Filip (Eintracht Frankfurt), der für seinen Trainer →Adi Hütter derzeit „der absoluteUnterschiedsspieler“ ist. Auch Torhüter  können den Unterschied machen ( Bsp. Neuer, Manuel, FC Bayern München ), was als Beleg dafür gelten kann, dass auch Spieler, die nicht der Mannschaft von →Eintracht Frankfurt angehören, →Unterschiedsspieler sein kö

Hans-Dieter "Fips" Wacker - ein Fußballerleben

Es ist ein paar Monate her, dass ich für diesen Blog im „Kleinen Fußball-ABC“ einen eher satirisch gefärbten Beitrag zum Thema  Nachwuchstalente verfasst habe. Es war Kid Klappergass, der das Thema in einem Kommentar in ernsthaftere Bahnen führte: Es gebe nicht viele große Eintracht-Talente, denen er nachtrauere, aber eines davon sei ganz gewiss Fips Wacker. Fips Wacker? Diesen Namen hatte ich noch nie gehört und machte mich auf die Suche nach ein paar Informationen. Es war nicht viel, was ich im Netz aufstöbern konnte – aber was ich fand, machte mich neugierig. Die „Spur“ führte zum Heimatverein von Fips Wacker, der SKV Büttelborn und wie es der Zufall so will: Einige Wochen später sollte in Büttelborn ein Spiel der Alten Herren – der  Old Boys   gegen die Eintracht-Traditionsmannschaft ausgetragen werden. Wenn für Hans-Dieter Wacker alles so gelaufen wäre, wie es hätte laufen können, hätte er in diesem Spiel vielleicht eine Halbzeit lang für die Eintracht und eine für den SKV auf de