Das war kein schöner Nachmittag gestern im Waldstadion. Im
Gegenteil: Nach dem Abpfiff ging es mir schlecht. Also: So richtig schlecht - so, dass ich mich selbst gefragt habe, warum um des Himmels willen, ich gar so
niedergeschmettert bin. Zusammengesunken
sitze ich auf meinem Platz, fast wie
gelähmt. Stiere minutenlang vor mich hin, rappele mich mühsam hoch und stapfe
mit müden Schritten zum Ausgang, die Beine schwer wie Blei.
Niederlagen sind nie schön. Zuhause schon zweimal nicht.
Aber am dritten Spieltag sollte man sie noch einigermaßen verkraften können.
Vier Punkte haben wir nach drei Spielen ja schon, immerhin. Eine 0:1 Heimniederlage gegen eine körperlich robuste,
gut eingestellte Augsburger Mannschaft und gegen einen indisponierten Schiedsrichter
– das kann einem ja nicht so aus den Schuhen hauen. Und doch. Irgendwie scheint das Maß der Enttäuschung mit der Einstellung
zusammen zu hängen, mit der man ins Spiel geht.
Schwenk zurück auf den Sonntagmorgen:
Schwenk zurück auf den Sonntagmorgen:
Ich habe gut geschlafen, das
späte Sonntagsfrühstück schmeckt ausgezeichnet, kurz bevor ich mich auf
in Richtung Frankfurt mache, bricht die Sonne durch die Wolken. Ich bin
zuversichtlich und entspannt, nicht gerade euphorisch, aber sehr lässig.
Natürlich werden wir heute gewinnen, ich habe nicht den geringsten Zweifel. "Vorsicht", warnt mein Mit-Adler, "so was geht gerne schief." "Haha", lache ich, "stimmt - aber nicht heute." Pflichtschuldigst vergegenwärtige ich mir noch kurz, dass die Augsburger ihre
beiden Auftaktspiele unglücklich verloren haben und unter Wert derzeit da ganz
hinten am Tabellenende stehen. Und auch
bei uns gibt es ja einigeUnwägbarkeiten. Wird Thomas Schaaf sein Herz über die
Hürde werfen, Souveränität beweisen und
Alex Meier von Anfang an bringen?
Trotzdem dringen die möglichen Befürchtungen
nicht so richtig in mein Inneres durch.
Ich fahre heute ins Stadion, um recht zu behalten. Seht ihr, werde ich
hinterher sagen können – hab ich’s doch gewusst. Jetzt ist das alles schon
besser eingespielt, der Ball läuft, Kadlec wuselt über rechts, durch Meier
hinter den Spitzen hat das Spiel mehr Ordnung, das Kombinationsspiel in
Strafraumnähe läuft jetzt schon ganz munter. Ha, ihr Schwarzseher. Der Schaaf, der weiß schon was er macht.
Insgeheim spekuliere ich mit einem deutlichen Sieg. Vielleicht reicht’s sogar
für die Tabellenführung – das wär ein Ding.
Soweit meine Gemütslage vor dem Spiel, die durch die
kleine, feine „Für immer Waldstadion“-Choreo befeuert wird und bereits zehn Minuten nach dem Anpfiff ins
Wanken gerät. Was ist das? Wir stehen nur in unserer eigenen Hälfte. Nicht
etwa, weil die Augsburger so einen immensen Druck ausüben, sondern weil uns
nichts besseres einzufallen scheint.
Zaghafte Angriffsbemühungen werden von den Augsburgern robust
unterbrochen. Nach einer Viertelstunde nimmt unser Spiel ein wenig Fahrt auf.
Turbulente Szenen im Strafraum. Das war
ein Elfer. Oder? Doch, klarer Elfmeter. Proteste. Geschrei. Nützt nichts. Aber
hey: Das war das Hallo Wach, das wir benötigt haben. Seferovic zieht den Ball von der Grundlinie scharf nach Innen, Kadlec
erwischt ihn mit der Hacke, ja, das ist es,der Ball trudelt Richtung Eckpfosten. Marco Russ müht sich, noch die Fußspitze
dahinter zu bekommen. Toor. Nein. Doch nicht.
Die Augsburger spielen robust und ruhig. Stehen wohl
geordnet und nutzen jede Gelegenheit zum Gegenangriff. Gelegenheiten gibt es
viele, denn die Anzahl unserer Fehlpässe ist hoch. Bamba Anderson scheint immer falsch zum Ball zu stehen.
Keine Bewegung im Spiel. Niemand
bietet sich an. Lucas Piazon, mein Lucas, weht wie ein freundliches Federchen
über den Platz. Es tut mir wirklich
leid, aber nein – das geht so nicht. Takashi Inui als Spielmacher – bemüht,
aber überfordert. Hasebe von der Rolle,
aber wenn er von der Rolle ist, was ist dann mit Russ? „Ganz ehrlich“, kommentiert ein Adler-Freund
in der Pause und es scheint ihm selbst
ein wenig unangenehm so etwas zu sagen. „Ich bin mir nicht sicher, ob
der Russ überhaupt weißt, was er da grad tut.“ Ecke Augsburg. Trapp klärt und dann, kurz vor
Abpfiff gleich noch einmal, indem er
ich-weiß-nicht-wie im Reflex die Arme nach oben reißt und einen Schuss von Bobadilla mit den
Fingerspitzen über die Latte lenkt.
In der zweiten Halbzeit wird es besser werden. Muss ja. Von
Illusionen über einen möglicherweise hohen Sieg sind wir zwischenzeitlich alle
weit entfernt. Irgendwie gewinnen das Ding und dann sehen wir weiter. Schnell wird klar, dass es auch damit heute
wohl nichts werden wird. Das Tor der Augsburger direkt nach der Pause fällt mit
Ansage und auf Einladung. So ein Tor kann, darf doch gar nicht fallen. Du
liebes bisje. Angriff der Augsburger. Altintop passt intelligent auf den links
gestarteten Werner. Trapp klatscht den Ball ab, vor die Füße von Werner, der
noch einmal abzieht. Djakpa klärt auf der Linie. Ächz. Nochmal gut
gegangen, aber dann doch nicht. Statt Ruhe ins Spiel zu bringen, wird der Ball
von der rechten Abwehrseite irgendwie
ins Mittelfeld gedroschen, dort bemühen sich drei Mann vergebens den Ball unter Kontrolle zu bringen. Huch, ein
Augsburger (haaallo, ja gegen die spielen wir gerade) – Bobadilla setzt sich gegen den ohne rechte Bodenhaftung strampelnden Anderson halbrechts durch, zieht ab,
drin. Fast ist es mir als ob ich eine Sprechblase über Trapps Kopf sehe:
„Verdammt, muss man denn hier alles alleine machen?“
Das Spiel, das jetzt folgt, hat mit Bundesligafußball nur
noch bedingt etwas zu tun. Zerfahren. Wirr. Uninspiriert. Fast schon kurios.
Hohe Ballstaffetten. Augsburger, die
unsere zaghaften Pässe ablaufen, vom Fuß spitzeln, immer einen Schritt
schneller sind. Wenn dann ansatzweise mal so etwas wie ein Eintracht-Angriff rollt – langer Ball und dann
der Versuch vor dem Strafraum zu kombinieren –, wird das
Spiel unterbrochen. Irgendwo scheint immer ein Augsburger zu liegen, zu
humpeln, einen Schlag abbekommen zu haben.
Dann kommt doch noch Alex Meier und ich glaube, das ist der Moment, in dem meine Stimmung für diesen Tag endgültig nach unten sackt. Wie gegen Freiburg wird er mit lautem Jubel als Fußballgott begrüßt und während ich vor drei Wochen bei seiner Einwechslung fast ein bisschen Gänsehaut hatte, geht es mir heute stattdessen regelrecht durch Mark und Bein. Es ist mir unangenehm, rund um lachende Gesichter, das hat fast parodistische Anklänge - und es würde mich nicht wundern, wenn Alex Meier das ähnlich gefühlt hätte, in diesem Moment als er vom Aufwärmen hinter dem Tor mit gesenktem Kopf an uns vorbeiläuft.
Dann kommt doch noch Alex Meier und ich glaube, das ist der Moment, in dem meine Stimmung für diesen Tag endgültig nach unten sackt. Wie gegen Freiburg wird er mit lautem Jubel als Fußballgott begrüßt und während ich vor drei Wochen bei seiner Einwechslung fast ein bisschen Gänsehaut hatte, geht es mir heute stattdessen regelrecht durch Mark und Bein. Es ist mir unangenehm, rund um lachende Gesichter, das hat fast parodistische Anklänge - und es würde mich nicht wundern, wenn Alex Meier das ähnlich gefühlt hätte, in diesem Moment als er vom Aufwärmen hinter dem Tor mit gesenktem Kopf an uns vorbeiläuft.
Russ und Inui gehen. Piazon darf weiter mitspielen - und lohnt es durch zwei, drei schöne
Szenen, in denen er sich - körperlos –
gegen seinen Mitspieler durchsetzt und zeigt, wie der Ball eigentlich immer gespielt
werden müsste: Flach, präzis, schnell. Neuzugang Medojevic kommt für Hasebe, wirkt
selbstbewusst und gewillt, das Spiel in die Hand zu nehmen. Die Kabinettstücken, die er am Ball zeigt, sehen gut aus und könnten ein leichtes Zungeschnalzen auslösen, wirken
in diesem konfusen Spiel aber fast wie ein Absurditätsverstärker: „Ei, was
macht der dann da?“ jammert es hinter mir.
Das Spiel war bisher schlecht, spätestens Mitte der zweiten Halbzeit wird es so, dass es
fast körperlich weh tut zuzuschauen. Meier
irrt sinnfrei und ortlos über den Platz. Ohnehin laufen alle - fast wie im
Slapstick – konsequent falsch. Wenn wir einen
Ball abfangen und in der Vorwärtsbewegung sein müssten, sind sämtliche Offensivkräfte gerade noch damit beschäftigt, sich nach hinten zu orientieren. Das Spiel läuft immer gegen unseren eigenen Strich. Bälle, die eigene Angriffe einleiten sollen,
sind lang und unkontrolliert und kommen in der Regel nicht an. Jeder, aber auch jeder Eintracht-Pass ist zu
kurz, zu lang, zu lasch oder landet gleich im Aus. Von Raumaufteilung keine
Rede. Verschieben? Schön und gut. Aber
mitunter liegt praktisch die komplette linke Hälfte brach. Klumbberenne.
Immer häufiger sitze ich vornübergebeugt, die Hände vor dem
Gesicht zusammen geschlagen. Immer, wenn ich hochschaue, sehe ich: Djakpa, der
ebenso unermüdlich wie ergebnislos am
linken Seitenrand rotiert, Bälle holt, hinten ist, vorne ist, Bälle in den
Strafraum drischt, Ecken schießt, Freistöße schießt. Hat er nicht am Ende sogar
hinter Trapp im Tor gestanden? Ach, nein – das waren die Latte und der Pfosten,
die sich mutig den Schüssen des immer stärker werdenden Tobias Werner
entgegengeworfen haben.
Vier Minuten Nachspielzeit und das Spiel endet, nein, nicht
mit einem großen Sturmlauf der Eintracht
und einem Irgendwie-Happy End, sondern so wie so ein Spiel eben endet: Irgendwie - bei einem Geplänkel bzw. Gestehe im Mittelfeld. Ist es aus? Ja, es ist aus. Und da sitze ich
also und stiere vor mich hin.
Müde und enttäuscht tappert unser kleiner Adlertrupp schwergängig durch den Wald. „Jetzt seid doch nicht so deprimiert“, versucht ein Mit-Adler die Stimmung zu heben. „Na, dann sag doch mal was Aufmunterndes.“ „Mmh… wir hätten auch noch höher verlieren können.“ Stimmt, das ist dann doch ein Grund zur Freude. Irgendwie.
Die Bundesligakurzzusammenfassung abends im Hessischen
Rundfunk spricht von einem „abwechslungsreichen Spiel“ und davon, dass das
Spielniveau, zumindest in der ersten Halbzeit, „sehr ok“ war. So unterschiedlich
kann man ein Spiel sehen. Oder lag es wirklich nur an mir? Aber auch heute
morgen, beim Aufwachen, ist es immer noch da, das flaue Gefühl, etwas
gedämpft, aber bohrend, irgendwo zwischen Magen und Herz.
Nein. Nein. Nein. An
dieses Gefühl will und werde ich mich in dieser Saison nicht gewöhnen. Ich gehe nach wie vor fest davon aus, dass Thomas Schaaf
weiß, was er tut. Neues Spiel, neues
Glück. Schalke. Andere suchen ihr
Headset, wir suchen unser System. Wenn wir bei dieser Suche ab und zu mal mit
dem Ball den Mitspieler finden, wäre ich es im Moment schon zufrieden.
Mir geht es ähnlich wie dir. Und ich habe das Spiel auch ähnlich erlebt. Am Ende blieb leider das Gefühl, das ich vom 1. Spieltag kenne.
AntwortenLöschenJa, Thomas Schaaf weiß, was er tut. Ob er auch weiß, was zu tun ist, werden schon die nächsten Spiele zeigen.
Das ist in der Tat ein feiner Unterschied. Wir werden sehen, welche Schlüsse Thomas Schaaf aus dem Spiel zieht und ob er Änderungen für nötig hält.
AntwortenLöschenMein Gefühl am 1. Spieltag war anders. Ich denke auch: Spätestens nach dem Spiel gegen Mainz werden wir ungefähr ein Gefühl dafür haben, was möglicherweise doch geht oder eben nicht oder vielleicht nur anders.