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Japanisch für Anfänger


Alle Welt macht sich Gedanken: Warum sind die bloß so gut, die Japaner? Meinen Mit-Adler und mich wundert das alles nicht so besonders. Und das liegt daran, dass es uns schon vor Jahren vergönnt war, Einblick in die Abgründe und Geheimnisse der japanischen Seele zu nehmen.  Unsere Eindrücke verdanken wir Dr. phil. Bernd K. Und das kam so.

Bernd K. ist ein guter Freund von uns. Wir studierten zusammen: Komparatistik, also: Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Ein höchst unberechenbarer und wilder Studiengang, in dem man sich grenz- und länderüberschreitend mit Literatur, mit Film, mit Kulturgeschichte und  Philosophie beschäftigt - und den es (deswegen?) an Deutschlands modularisiert-verwalteten Universitäten immer seltener gibt. Aber ich schweife ab. Voraussetzung für die Zulassung zum Hauptstudium war die Lektürefähigkeit in mindestens zwei Fremdsprachen – ok, das kriegt man irgendwie hin – und als weitaus höhere Hürde: Das große Latinum. Ich hatte das Glück, dass ich bis zum Abitur Latein hatte, Fall erledigt. Andere waren weniger glücklich, darunter Bernd K.  Immer wieder neue Anläufe  - Selbstlernverfahren, „Lerngruppen“,  Intensivkurse – , keine Lust, trotzdem irgendwie durchziehen, irgendwann dann zumindest ein paar Grundkenntnisse, das schaff ich locker, zweimalige Anmeldung zur Prüfung: Katastrophe.

Irgendwann war die Zeit abgelaufen. Es gab kein Vertun mehr  – Bernd K. musste den Latein-Schein vorlegen. Er griff zum allerletzten Strohhalm:  Einem Latein-Crashkurs, für wenig Geld angeboten von einem lateinbeseelten Altphilologen, um den sich  alljährlich in den Semesterferien  Verzweifelte, Gebeutelte, Traumatisierte, Gestrandete, Hoffnungslose scharten, damit er sie zum großen Latinum führe.  Wilde Gerüchte machten die Runde:  über schlimmste Folterqualen, schreckliche Entbehrungen und ein gnadenloses Regiment. Eine Art Survival-Training -  vier Wochen, nur Latein, zurückgezogen in einer Jugendherberge im Hunsrück. Nur Füchse, Wölfe,  Pfälzer. Und Latein. Bernd K. war verzweifelt, aber ihm blieb keine Wahl: Er tat es.

Vier Wochen später kam er zurück und hatte Erstaunliches zu berichten: Ungefähr zehn Mann waren mit im Hunsrück gewesen, darunter auch ein Japaner. Klein und schmächtig. Er sprach kein Deutsch, was ausgesprochen ungünstig war, denn wer das große Latinum will, muss eine Übersetzung anfertigen – und der Leiter des Latein-Camps verfügte über allerlei Tugenden, japanisch gehörte nicht dazu. Nach einigem Hin- und Her bekam „unser Japaner“ die Erlaubnis, die Abschlussprüfung – und also auch die Übersetzung – auf Englisch zu verfertigen und die Dinge nahmen ihren Lauf. Während der Rest der Truppe heimlich auf entlegenen Hunsrückpfaden nach Kneipen suchte, ausgeklügelte Versorgungswege zur Beschaffung von Alkohol und Zigaretten organisierte und es auch sonst zu mancherlei verzweiflungsbedingter Unregelmäßigkeit kam  – unser Japaner blieb am Ball. Verbissen, unerbittlich, unermüdlich und immer nur sein Ziel vor Augen. Er stand morgens um 7 Uhr auf, duschte kalt, war freundlich und hilfsbereit  – und lernte. Er sprach kein Wort. Abends ging er pünktlich um zehn Uhr zu Bett. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob und wie er sich während dieser Zeit ernährte. Am Ende des Camps gelang ihm, was zuvor noch keinem vor ihm gelungen war: Er bestand die Prüfung mit einer glatten Eins.

So ist er halt, der Japaner. Er ist mit seinem Latein nie am Ende.

(Für alle, die sich jetzt um den weiteren Lebensweg und das Schicksal von Bernd K. sorgen: Auch er  hat sein Latinum gemacht, irgendwie,  und  am Ende ist dann doch noch etwas Ordentliches aus ihm geworden.)

Kommentare

  1. Japaner sind ja irgendwie ein ganz eigenes Völkchen.
    Takashi Inui, der sich ja bereits in Mannheim ins Herz meiner großen Tochter spielte, ist so ein "typischer" Japaner, oder? Bescheiden, selbstkritisch, mit großem Können und der Bereitschaft, sich ständig zu verbessern.

    Ich hatte länger die Japaner im Stadion vermisst, die ja mal dank Takahara und Inamoto so fröhlich dabei waren. Ich denke, wir werden sie wieder vermehrt sehen ;-).

    Ich bin froh, dass Bernd K. auch die Kurve gekriegt hat. Echt.

    LG Nicole
    PS: Die Robotprüfung ist immer noch eine Herausforderung für mich, der ich mich mit quasi japanischer Unermüdlichkeit stelle.

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  2. Die Charakteristik, die du gibst, trifft es, glaube ich, ganz gut. Ich hab da noch ein paar mehr Japanische Erlebnisse und die gehen alle in die gleiche Richtung - irgendwas muss da also dran sein. Auch Armin Veh betont ja immer wieder: "Sie lernen schnell" - und der Latein-Japaner bestätigt das aufs Feinste.

    Zu Takas Zeiten gabs da so viele lustige Episoden. Ich glaube, dass der Besuch in Stadien, in denen Japaner spielen, dann so was wie ein Programmpunkt auf der Europareise sind. Neben uns saß mal eine Gruppe, die war von Kopf bis Fuß ausstaffiert - Eintracht-Kapp, Eintracht-Schal, Eintracht-Shirt - alles erkennbar neu - und japanische Fähnchen :-)

    Mein Eindruck ist, das "unser" Japaner besonders nett ist - leise und liebenswert und doch sehr eigenwillig. Ich bin gespannt, wie das weitergeht.

    Wg. Robot: Wie gesagt - keine Ahnung, wie ich das abstellen kann. Warum schreibst du eigentlich nicht als "complice" - du bist doch als "Stammleser" des Blogs angemeldet - und so weit ich weiß, fällt dann die Robot-Prüfung weg....??!!

    Wahnsinnsgrüße, K.

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  3. PS: Ja, Bernd K. ist wirklich etwas Ordentliches geworden - ordentlicher Professor. Sache gibt's :-)

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