Der Winter war lang und kalt. Die zurückliegende Woche war doof und beschwerlich. Aber gestern Abend im Stadion – da war alles ganz einfach. Das Wetter, das Fußballspielen, das Aufsteigen, das Drumherum. Ja, das Drumherum. Was war im Vorfeld nicht alles kolportiert worden, von Dresdnern, die sich dann doch irgendwie ins Stadion schmuggeln und sich strategisch günstig im Stadion verteilen würden; davon, dass es jetzt erst bestimmt so richtig abgehen würde. Ein leicht mulmiges Gefühl hatte ich, war mir nicht sicher, was uns erwarten würde. Man hat ja so seine Vorstellungen von der Dresdener Fanszene. Und tatsächlich: Unser Block ist gesprengselt mit Dresdnern – nicht an gelbundschwarzen Klamotten, aber unschwer an ihrem Dialekt zu erkennen. Oopsala - da waren sie also wirklich – und sehr schnell die Erkenntnis: Na und? Grinsen. Lachen. Staunen. Schulterklopfen hier, kurzes Schwätzchen da. Fußballfans wie du und ich. Alles klar. Der Gästeblock, die rechte Hälfte der Ostkurve gähnt leer, aber dann, kurz vor dem Anpfiff, setzt sich eine Menschenwelle von links in Bewegung und aus den benachbarten Blocks strömen einige hundert Dresdener in Block 18b, den Block direkt hinter dem Tor. „Dünamou“, skandieren sie. „Dynamo“, echot es ihnen aus der West entgegen. Wechselseitiger Applaus. Und da ist es – wie gesagt – auf einmal alles ganz einfach: Abgedreht, witzig, Fußball.
Unterdessen fällt dann auch bereits das 1:0 – vorbereitet von Djakpa, der in der ersten Halbzeit wie gedopt aufspielt – schöne Flanke auf den Kopf von. Meier. Meier. Mei….Tooooor. Zehn Minuten später das 2:0 – wunderschön von Benni Köhler in den Lauf von Mo Idrissou, der passt nach Innen, Hoffer – oder war es doch ein Dresdener – rutscht in den Ball. Egal. Tooor. Wahnsinn. Wir spielen wie aus einem Guss. Nach einer viertel Stunde ist das Spiel praktisch schon entschieden. Die Dresdener Fans neben uns sind – wer will es ihnen verdenken – jetzt doch ein wenig bedrippelt und beschließen, das sich abzeichnende Desaster in (noch mehr) Bier zu ertränken. Im zehn Minuten Abstand verschwindet einer nach draußen, um mit Nachschub zurückzukehren. „Dürft ich mal bitte vorbei?“ Ei, sischä doch.
Die Stimmung im Stadion ist abgespact, fast ein wenig unwirklich. Der Trupp Dresdener hinter dem Tor ist gut organisiert und auch ohne Kapo durchaus stimmgewaltig, die West nimmt bereitwillig die DFB-Schmähgesänge auf, hüpft vor sich hin und streut zwischendurch – fast schon pro forma - auch einmal ein „Scheiß Dynamo“ ein – es klingt wie Selbstironie. Auf dem Platz zeigt die Eintracht ihr vielleicht bestes Saisonspiel, lässt den Ball laufen, kombiniert, erarbeitet sich Chancen, könnte dieses Spiel auch sechs, sieben oder acht zu null gewinnen. Auf den Rängen des Stadions üben wir uns in Basisdemokratie – hey, wir brauchen niemanden, der uns reglementiert, der aus Fußballstadien Hochsicherheitstrakte macht und uns einreden will, dass das Böse immer und überall lauert. Für diesen einen kurzen, langen Moment, den dieses Fußballspiel dauert, sind wir uns einig, dass Fußballfans keine Verbrecher sind, dass diese blöde Kraftmeierei in den Stadien doch eigentlich Schwachsinn ist und dass wir keinen Bock darauf haben, immer weitere Vorlagen für noch mehr Drangsalerierei zu liefern. Cool down. Alles halb so wild. So geht's doch auch. Hey – wir sind Fußballer, wir kommen schon mit einander zurecht.
Vor der Halbzeitpause fällt auch noch das 3:0 – Seppl Rode wunderschön auf Mo -, die Dresdener neben uns holen eine neue Ladung Bier („Dürft ich mal…?“ „Abber immer…“), der Abend ist mild, die Eintracht spielt und kombiniert, dass es eine Pracht ist - spielen die Dresdener überhaupt noch mit? - und erarbeitet sich Chancen um Chancen: Sebi Jung nimmt den Ball halb rechts an, umkurvt seinen Gegenspieler, zieht den Ball noch einmal nach links, nach rechts, zieht ab – das ist…nein, der Ball zischt knapp übers Tor. Mist. Alex Meier läuft auf Sebi zu, umarmt ihn kurz, wuschelt ihm – ganz Kapitän – über den Kopf: macht ja nix. Dann ist Alex selbst fünf Meter frei vor dem Tor - jetzt aber das 4: 0 – der Kopfball flutscht am linken Pfosten vorbei (uii, der war schwieriger vorbei als ins Tor zu köpfen). Hoffer mit feinem Trick auf rechts Außen in der Höhe der Mittellinie, Hacke, Spitze und vorbei an seinem Gegenspieler, geht aufs Tor, geht, geht – jetzt müsste er abspielen – Seppl Rode, Alex Meier stehen bereit – er schießt selbst. Der Torwart ist unten.
Ja, so läuft es das Spiel. Munter, flüssig, ohne größere Aufreger. Und als nach einer halben Stunde der zweiten Halbzeit klar ist, dass wir heute wohl kein weiteres Tor mehr schießen werden, dreht auch die Mannschaft ihren Offensivdrang eine Nummer zurück, lässt den Ball jetzt einfach kursieren, rotiert, Ballstafetten, zehn, fünfzehn Stationen, hinten rum, rechts, links, Seitenwechsel, ab und zu ein schneller Ball in die Spitzen. Vereinzelte Ausfall-Versuche der Dresdener werden bereits kurz hinter der Mittellinie abgefangen und im Keim erstickt. Kurzpassspiel, flott, flüssig – sie haben die Dresdener zu jeder Sekunde im Griff. Das Spiel plätschert auf hohem Niveau vor sich hin und dann ist es aus. Yep. Spitzenreiter. Kein überschwänglicher Jubel, stille Genugtuung. Die am Videowürfel eingeblendete Tabelle lässt keinen Zweifel. Mal ehrlich: Wer will, wer soll diese Mannschaft, wer soll uns daran hindern, aufzusteigen? Auch darüber sind wir uns in diesem Moment einig. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin."
Freundliche Verabschiedung der Mannschaften. Auch die Dresdener kommen zu ihrem Fanblock. Alex Meier tauscht auf dem Platz mit einem Dresdener sein Trikot und sieht in seinem roten Muscle-Shirt, das unter dem Trikot zum Vorschein kommt, also, na ja – er sieht ziemlich gut aus. Wir verabschieden uns von unseren Adler-Nachbarn, auch von jetzt reichlich bierseligen Dresdenern. - Tschüss. Viel Glück. So schnell sieht man sich ja - hoho - auf jeden Fall nicht mehr wieder, höchstens beim FSV – und verlassen das Stadion.
Draußen sind jetzt ein paar Hundertschaften Polizisten aufmarschiert, der Gästeblock ist abgesperrt. Wir Eintrachtler marschieren ab, die Dresdener warten noch hinter den Gittern. „Fußballmafia DFB“, intonieren sie. Applaus von der anderen Seite. Zurufe. Lachen. „Dünamou Drääsden“ ruft ein Hesse in den Nachthimmel. „Lärn dou ärschtmol säggsich", repliziert ein Sachse. Hihi.
Inzwischen weiß ich, dass es nach dem Spiel wohl Zoff gab, dass die locker-flockige Stimmung aus dem Stadion den Abpfiff nicht überdauert hat. Die Erfahrung, die ich gestern im Stadion gemacht habe, nehme ich trotzdem mit. Sie war gut. Ganz einfach.
Unterdessen fällt dann auch bereits das 1:0 – vorbereitet von Djakpa, der in der ersten Halbzeit wie gedopt aufspielt – schöne Flanke auf den Kopf von. Meier. Meier. Mei….Tooooor. Zehn Minuten später das 2:0 – wunderschön von Benni Köhler in den Lauf von Mo Idrissou, der passt nach Innen, Hoffer – oder war es doch ein Dresdener – rutscht in den Ball. Egal. Tooor. Wahnsinn. Wir spielen wie aus einem Guss. Nach einer viertel Stunde ist das Spiel praktisch schon entschieden. Die Dresdener Fans neben uns sind – wer will es ihnen verdenken – jetzt doch ein wenig bedrippelt und beschließen, das sich abzeichnende Desaster in (noch mehr) Bier zu ertränken. Im zehn Minuten Abstand verschwindet einer nach draußen, um mit Nachschub zurückzukehren. „Dürft ich mal bitte vorbei?“ Ei, sischä doch.
Die Stimmung im Stadion ist abgespact, fast ein wenig unwirklich. Der Trupp Dresdener hinter dem Tor ist gut organisiert und auch ohne Kapo durchaus stimmgewaltig, die West nimmt bereitwillig die DFB-Schmähgesänge auf, hüpft vor sich hin und streut zwischendurch – fast schon pro forma - auch einmal ein „Scheiß Dynamo“ ein – es klingt wie Selbstironie. Auf dem Platz zeigt die Eintracht ihr vielleicht bestes Saisonspiel, lässt den Ball laufen, kombiniert, erarbeitet sich Chancen, könnte dieses Spiel auch sechs, sieben oder acht zu null gewinnen. Auf den Rängen des Stadions üben wir uns in Basisdemokratie – hey, wir brauchen niemanden, der uns reglementiert, der aus Fußballstadien Hochsicherheitstrakte macht und uns einreden will, dass das Böse immer und überall lauert. Für diesen einen kurzen, langen Moment, den dieses Fußballspiel dauert, sind wir uns einig, dass Fußballfans keine Verbrecher sind, dass diese blöde Kraftmeierei in den Stadien doch eigentlich Schwachsinn ist und dass wir keinen Bock darauf haben, immer weitere Vorlagen für noch mehr Drangsalerierei zu liefern. Cool down. Alles halb so wild. So geht's doch auch. Hey – wir sind Fußballer, wir kommen schon mit einander zurecht.
Vor der Halbzeitpause fällt auch noch das 3:0 – Seppl Rode wunderschön auf Mo -, die Dresdener neben uns holen eine neue Ladung Bier („Dürft ich mal…?“ „Abber immer…“), der Abend ist mild, die Eintracht spielt und kombiniert, dass es eine Pracht ist - spielen die Dresdener überhaupt noch mit? - und erarbeitet sich Chancen um Chancen: Sebi Jung nimmt den Ball halb rechts an, umkurvt seinen Gegenspieler, zieht den Ball noch einmal nach links, nach rechts, zieht ab – das ist…nein, der Ball zischt knapp übers Tor. Mist. Alex Meier läuft auf Sebi zu, umarmt ihn kurz, wuschelt ihm – ganz Kapitän – über den Kopf: macht ja nix. Dann ist Alex selbst fünf Meter frei vor dem Tor - jetzt aber das 4: 0 – der Kopfball flutscht am linken Pfosten vorbei (uii, der war schwieriger vorbei als ins Tor zu köpfen). Hoffer mit feinem Trick auf rechts Außen in der Höhe der Mittellinie, Hacke, Spitze und vorbei an seinem Gegenspieler, geht aufs Tor, geht, geht – jetzt müsste er abspielen – Seppl Rode, Alex Meier stehen bereit – er schießt selbst. Der Torwart ist unten.
Ja, so läuft es das Spiel. Munter, flüssig, ohne größere Aufreger. Und als nach einer halben Stunde der zweiten Halbzeit klar ist, dass wir heute wohl kein weiteres Tor mehr schießen werden, dreht auch die Mannschaft ihren Offensivdrang eine Nummer zurück, lässt den Ball jetzt einfach kursieren, rotiert, Ballstafetten, zehn, fünfzehn Stationen, hinten rum, rechts, links, Seitenwechsel, ab und zu ein schneller Ball in die Spitzen. Vereinzelte Ausfall-Versuche der Dresdener werden bereits kurz hinter der Mittellinie abgefangen und im Keim erstickt. Kurzpassspiel, flott, flüssig – sie haben die Dresdener zu jeder Sekunde im Griff. Das Spiel plätschert auf hohem Niveau vor sich hin und dann ist es aus. Yep. Spitzenreiter. Kein überschwänglicher Jubel, stille Genugtuung. Die am Videowürfel eingeblendete Tabelle lässt keinen Zweifel. Mal ehrlich: Wer will, wer soll diese Mannschaft, wer soll uns daran hindern, aufzusteigen? Auch darüber sind wir uns in diesem Moment einig. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin."
Freundliche Verabschiedung der Mannschaften. Auch die Dresdener kommen zu ihrem Fanblock. Alex Meier tauscht auf dem Platz mit einem Dresdener sein Trikot und sieht in seinem roten Muscle-Shirt, das unter dem Trikot zum Vorschein kommt, also, na ja – er sieht ziemlich gut aus. Wir verabschieden uns von unseren Adler-Nachbarn, auch von jetzt reichlich bierseligen Dresdenern. - Tschüss. Viel Glück. So schnell sieht man sich ja - hoho - auf jeden Fall nicht mehr wieder, höchstens beim FSV – und verlassen das Stadion.
Draußen sind jetzt ein paar Hundertschaften Polizisten aufmarschiert, der Gästeblock ist abgesperrt. Wir Eintrachtler marschieren ab, die Dresdener warten noch hinter den Gittern. „Fußballmafia DFB“, intonieren sie. Applaus von der anderen Seite. Zurufe. Lachen. „Dünamou Drääsden“ ruft ein Hesse in den Nachthimmel. „Lärn dou ärschtmol säggsich", repliziert ein Sachse. Hihi.
Inzwischen weiß ich, dass es nach dem Spiel wohl Zoff gab, dass die locker-flockige Stimmung aus dem Stadion den Abpfiff nicht überdauert hat. Die Erfahrung, die ich gestern im Stadion gemacht habe, nehme ich trotzdem mit. Sie war gut. Ganz einfach.
Schöne Aktion von Meier, das Aufmuntern von Jung. Eines Kapitäns würdig. Und ein Anführer kann man auch ohne Binde sein. Dazu das wichtige frühe Tor und schon wäre mein Spieler der Stunde fertig, wenn ... nicht Köhler gewesen wäre. :-) Die Mannschaft wird - so sieht es aus - die Abstimmung für sich entscheiden, aber Köhler ist dieses Mal meine Wahl.
AntwortenLöschenEin fast perfektes Spiel und mir hat besonders gut gefallen, dass die Elf trotz Überlegenheit und klarer Führung wirklich weitere Tore erzielen wollte. Dass das nicht geklappt hat, ist zweitrangig, wenn man 3:0 gewinnt. Finde ich. :-)
Gruß
Rüdiger
Es war ein wunderschöner Freitagabend. Habe ich beim Cottbus-Spiel noch bis zum Schluß gezittert, war das Entspannung pur. Man konnte das Spiel von der ersten bis zur letzten Minute genießen. Wie oft hat es schon eins oder zwei zu Null gestanden und die Eintracht hat aufgehört Fußball zu spielen? Und am Freitag? Haben auch nach dem 3:0 weiter auf das Tor gespielt, den Gegner nicht kommen lassen auch wenn eben kein Tor mehr geschossen wurde. Ich war sehr Zufrieden, für mich war es das beste Heimspiel.
AntwortenLöschenGruß Beate
Was soll ich Deinem Text & Rüdogers Kommentar noch hinzufügen. Wenn alles gesagt ist, bleibt nur noch die Abstimmung und der Dank für die Betrachtung, die Beschreibung. Sie ist gut. Ganz einfach.
AntwortenLöschenViele Grüße & weiterhin sichere Straßen, Fritsch.
Mei,war das schön. Bin immer noch vergnügt. Spieler der Stunde zu wählen ist diesmal wie Besuch im Bonbonladen: am liebsten ALLE. Dennoch habe ich mich letztlich wieder für Köhler entschieden, und das auch, weil ich mich so gefreut habe, dass die beiden Kommentatoren des englischsprachigen Streams wegen ihm völlig aus Häuschen waren.
AntwortenLöschenDanke für die Nachlese, und Recht hast Du, lass Dir die schönen Momente nicht verderben.
Liebe Grüße, BB
@ Rüdiger: Finde ich auch. Und Köhler? Jaaaa – sicher keine schlechte Wahl. Eine spezielle Würdigung von mir bekommt er in dieser Woche auf jeden Fall noch– da seine Kür letzte Woche leider, leider ausfallen musste, bin ich da nämlich sowieso im Obligo.
AntwortenLöschen@Beate: Stimmt, es war einfach nur entspannt. Das lag am absolut überzeugenden und überlegenen Spiel unserer Jungs – für mich aber (wie oben beschrieben) auch an der fast unwirklich friedlichen Atmosphäre im Stadion. So als hätten sich alle darauf geeinigt, der überall vorher gesagten Apokalypse ein Schnippchen zu schlagen. Als ob der Weltuntergang befürchtet wird und dann stattdessen rotundgelbundschwarze Herzchen und bunte Seifenblasen an den Himmel gemalt werden – und als sei das ganze Stadion von sich selbst überrascht, dass es SO doch auch geht… Schade, sehr schade, dass es dann leider doch nicht so geblieben ist.
@Fritsch: Danke!
@Sarroise: Hab den Stream nur in den Tor-Ausschnitten (drüben bei Staycold) gesehen – da wird vor allem von Meier geschwärmt „one oft he top performers in the second division this season“ – ach, schee Und: Nein. Lass ich nicht.
Danke für eure Anmerkungen und Ergänzungen! Eintracht! lgk
Das Spiel am Freitag war wohl vom Kombinationsspiel mit das beste. Und...man kann wirklich nicht maulen. Gibt keinen Grund dazu...
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