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Henne oder Ei(er)?

Das letzte Wochenende habe ich auf dem Land verbracht, auf der schwäbischen Alb. Ich habe Spätzle gegessen und glückliche über Berg und Tal laufende Hühner gefüttert. Zwischenzeitlich war ich mir fast sicher, dass ich das Geheimnis von Henne und Ei gelüftet hätte. Um die Hühner zum – im Winter ohnehin spärlichen – Eier legen zu animieren, wird im Hühnernest ein Kalkei hinterlegt. Wo schon ein Ei ist, da legt das Huhn sein Ei dazu – und so könnte man also vermuten, dass vielleicht doch erst das Ei und dann die Henne...obwohl…mmh…

Es ist jetzt fast eine Woche her, dass unser Trainer sich über die mangelnde Begeisterung im Eintracht-Umfeld beklagt und mehr Euphorie eingefordert hat. Er hat dafür allerlei Spott, teilweise auch gelinde Empörung geerntet, trotzdem blieb der – für Vehsche Verhältnisse fast leidenschaftliche – Appell nicht unerhört. Irgendwie waren wir wohl alle erleichtert, dass da zumindest eine Art von Signal ausgesendet wurde - und irgendwie, auf eine ziemlich Eintracht-typische, schräge, dialektische Art formierten sich die euphorisierten Fanreihen. Knoddernd. Grinsend. Zynisch. Witzig. Krittelig. Grummelnd. Bärbeißig. Hallo Herr Veh – so sind wir halt! Glaube. Liebe. Hoffnung. Und daneben lauert, frisch genährt von der letzten Saison, immer auch der Zweifel. Frei nach Bob D.: „We haven’t changed much. That’s what makes us different.“ So ein "richtig geiler Haufen", halt.  Eintracht. Yeah!

Seit dem Vehphorie-Appell sind einige Tage ins Land gegangen und - sagen wir mal so – sie haben nicht gerade dazu beigetragen, dass die Stimmung ins Unermessliche gestiegen ist. Die Euphorie-versus-Zweifel- Bilanz sieht ungefähr so aus:

***
1. Heiko Butscher wird verpflichtet.
Die Euphorie freut sich: Yeah. Genau so einen können wir noch brauchen. ***Heiko Butscher soll – so ist zu lesen „der Eintracht den Aufstieg ermöglichen.“  Der Zweifel grummelt: Du liebes bisje. „Ermöglichen." Wenn ich das schon höre. Das heißt dann also, dass wir ohne ihn…ähem… in Erwägung gezogen hätten, den Aufstieg nicht zu ermöglichen.

2. Die Nachricht vom unmittelbar bevorstehenden Wechsel von Patrick Helmes zur Eintracht macht die Runde.
Die Euphorie jubiliert: Yeah. Helmes. Das war mal ein richtig Guter. Bestimmt nicht billig. Aber der wird sich reinhängen bei uns. Der ist sogar noch ziemlich jung. Der will was beweisen. Das ist auch eine Ansage nach an die Mitkonkurrrenten. Das passt. *** Es stellt sich heraus, der Wechsel ist weit davon entfernt, perfekt zu sein. Der Aufsichtsrat muss noch sein "go" geben. Der Zweifel flüstert: War ja klar. Wie konntest du nur für einen Moment glauben, dass es diesmal anders sein würde.*** Nach tage-stundenlangem Warten kreist der Aufsichtsrat und gebiert eine Maus in Form einer Pressemitteilung. Heribert Bruchhagen wurde "ermuntert", weiter mit Felix Magath zu verhandeln. Der Zweifel krümmt sich: Muhahaha. Profis wie wir.

3. Holpriger Start ins Wüstentrainingslager. Die Trainingsmaterialien bleiben im Zoll hängen, die Mannschaft trainiert auf einem Acker.
Die Euphorie kichert: Eieieiei. Nicht zu fassen. Wieder das übliche Eintracht-Chaos. *** Armin Veh droht mit Abreise. Der Zweifel braust auf: Meine Fresse. Wer wollte denn in die Wüste? War er nicht selbst vor Weihnachten 5 Tage vor Ort und hätte sich informieren können, was da möglicherweise abgeht.

4. Pirmin Schwegler gibt ein Interview.  
Die Trainingslagerpannen waren nicht so schlimm. Alles im grünen Bereich. Die nächsten Wochen sind entscheidend – für den Verein, aber auch für ihn selbst. Der Nachholbedarf des „Kollektivs“ ist normal – die Mannschaft ist schließlich komplettneu zusammengestellt worden. Wir dürfen uns nichts mehr erlauben. Wir müssen auch als Mannschaft ein Zeichen setzen. Die Euphorie sieht sich bestätigt: Yep. So ist das. Widerstände muss man auch mal wegstecken. Defizite ansprechen, ändern. Konzentriert und kämpferisch. Weiter geht’s. Gut so! *** Pirmin Schwegler sagt noch mehr. Zum Beispiel: "Das Umfeld muss positiv sein."„Heiko Butscher, das ist einer der ein Team führen kann.“ Und: „Ihn muss man schnell ins Boot holen.“ Der Zweifel lästert:  Verdammt noch mal. „Muss man“ – wer ist hier der Kapitän? Wäre er vielleicht sogar froh, wenn Heiko Butscher ihm die Führungsrolle abnimmt?

5. Pirmin Schwegler hat sich beim - auf einer Steintreppe durchgeführten -Konditionstraining den großen Zeh gebrochen und fällt mindestens vier Wochen aus.
Die Euphorie ermuntert: So ein elender Shice, aber ok – dann müssen jetzt halt die anderen ran. Wir kriegen das auch so hin. Jetzt wird die Mannschaft zeigen, dass sie ein Team ist.  Gut das Pirmin bei der Mannschaft bleibt. ***Armin Veh sagt: „Das ist ein herber Verlust..“ Und: „Pirmin ist unser wichtigster Spieler.“ Der Zweifel bohrt: Warum betont er das gerade jetzt nochmal. Wird da gleich schon mal vorgebeugt? Was soll das heißen? Fehlt jetzt wieder einer, der uns den Aufstieg „ermöglicht“?


***
Tja. Und jetzt? Wie wird es wohl weitergehen? Noch immer ziehen sich die Helmes-Gespräche, die dereinst vielleicht einmal als "Wolfsburger Kongress" in die Annalen der Eintracht eingehen werden. Kommt er nun oder kommt er doch nicht? Bleibt Rob Friend oder geht er? Was ist eigentlich mit Caio? War das 1:0 gegen die Olympiaauswahl von Katar so trüb wie es sich anhört oder so munter wie es sich im Liveticker von Enkhaamer und Exil-Bischemer im Eintracht-Forum liest? Hat die Eintracht in den nächsten Tagen noch weitere Überraschung und/oder Peinlichkeiten zu bieten? Wenn ja: Welche? Wer wird sich durchsetzen – die Euphorie oder der Zweifel? Henne oder Ei?

Ich plädiere für Ei. Ach was: Für Eier. Was auch immer die nächsten Wochen bringen werden – wir ziehen das jetzt durch. Die bwin-News beschäftigen sich heute mit dem ersten Rückrundenspieltag der ersten Bundesliga und vermelden: „Die Bundesliga ist zurück.“ Und ich weiß jetzt schon, wie die Schlagzeile am 6. Mai lauten wird. „Eintracht Frankfurt ist zurück.“

Kein Zweifel!

Kommentare

  1. Haha, der Euphorie-Zweifel-Vergleich ist absolut treffend dargestellt. Hut ab hierfür ;-)
    Aber so sind'se halt, die Eintrachtler..

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  2. Gut, dann zweifeln wir halt nicht. Hoffen wir nur, daß wir am Ende nicht verzwifeln. (Mir wird mit jedem Tag mulmiger.) Gruß C.

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  3. Beim Plädoyer für Eier fällt mir doch prompt ein ehemaliger Torwächter ein, der doch schon mal sagte, dass man dieselben brauche. Vielleicht sollte der mal für ein Motivationsseminar gebucht werden.

    Im übrigen ein ganz fabelhafter Beitrag (warum fühl ich mich beim Lesen bloß so ertappt???).

    Danke und Gruß von der Sarroise

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  4. Euphorie und Zweifel? Eier? Eieiei? Du meinst wahrscheinlich: I and I. Gruß aus Ostwestfalen.

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  5. So simmer halt. Den will ich sehen, der uns das Knoddern und Zweifeln verbietet. Mulmig ist mir auch - aber dagegen soll Singen (naaaain, gepfiffen wird nicht) im dunklen Wald ja ganz hilfreich sein.

    Motivationsseminar? Außer Torwächtern gibt es ja noch eine ganze Reihe anderer Ex-Eintrachtler, die solche Seminare anbieten und/oder z.b. als Redner bei Seminaren eingeladen werden. Mir hat mal ein früherer Kollege über ein Management-Seminar berichtet, an dem er teilgenommen hat und bei dem Stepi als Gastredner geladen war, um über seine Motivationskünste zu berichten. Sein Tipp für den Fall, dass alles nix mehr nützt: "Dann geh ich hin zu dem und sag: Disch mach ich ferdisch, du Arschloch." *ggg

    I and I? Das wären ja dann.... WIR! Yep! so mache mers!

    Danke für eure Kommentare! lgk

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