Zum Frauen-Fußball habe ich eine gespaltene Meinung. Und wie es aussieht, wird sich daran auch durch die „FIFA Frauen-Fußball-WM“ nichts ändern. Eher im Gegenteil.
In einer Fußballerfamilie groß geworden, waren der Fußball, war die Eintracht so lange ich zurückdenken kann, fester Bestandteil meines Lebens. Als kleines Mädchen habe ich selbst ganz gerne Fußball gespielt, „durfte“ bei den Jungs bei uns am Platz mitspielen, aber obwohl ich durchaus sportliche Ambitionen hatte, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, selbst aktiv Fußball zu spielen. Stattdessen Leichtathletik. Und Hockey. Das war das eine, Fußball war das andere.
Ich finde es gut und wichtig, dass Frauen Fußball spielen. Ich sehe den emanzipatorischen, den befreienden, selbstbestimmten Gedanken, der dahinter steht. In der Geschichte des Frauen-Fußballs entdecke ich Geschichten von klugen, eigenwilligen, spannenden Frauen. Das hat, gerade in seiner frühen Zeit, etwas von Pioniertum, von Unangepasstheit. Eigensinn. Hartnäckigkeit. Mut. Großartig. Und trotzdem hatte ich bis zu dieser Weltmeisterschaft noch kein einziges Frauenfußball-Länderspiel von Anfang bis Ende gesehen. Es hat mich einfach nicht interessiert.
Anders sieht es mit dem Frauen-Fußball live aus. Einer meiner jungen Mit-Adler ist ein Mädchen, sie hat den Fußball schon sehr früh für sich entdeckt, ist heute äußerst fachkundige Fußballexpertin, Eintrachtlerin und **zähneknirsch** leider auch glühende Anhängerin des 1. FC Köln. Und: Sie spielt Fußball, leidenschaftlich gerne, mit hohem Trainingsfleiß und ziemlich gut. Damit hat sie eines meiner Frauen-Fußball-Vorurteile – dass nur Mädchen und Frauen selbst Fußball spielen, die sich nicht für Fußball interessieren und keine Ahnung vom Fußball haben – von vornherein schon einmal wiederlegt.
Auf den Spuren meiner jungen Mit-Adlerin habe ich in den vergangenen Jahren auf den mehr oder (meistens) weniger holprigen Plätzen im rheinhessischen Hinterland eine lange Reihe von Mädchen- und n den letzten Monaten dann auch Frauenfußballspielen auf Bezirksebene live gesehen. Ich liebe die mitunter sehr adretten, mal irgendwie am Ortsrand vor sich hin schlunzenden Plätze und die Stippvisiten in den abseits gelegenen Ortschaften, in denen diese Spiele in der Regel stattfinden. Ein kleines Vereinsheim mit den Umkleideräumen, manchmal nur eine Turnhalle und ein ordentlicher Hartplatz – nur selten (z.B. bei TuS Wörrstadt, die 1974 der erste Deutsche Meister im Frauenfußball war und auch heute zumindest regional noch eine herausragende Stellung einnimmt) wird auf gepflegtem Rasen gespielt. Sonnige Sonntagvormittage, auf der Wiese hinter dem Platz oder auf einem Bänkchen hinter dem Tor. Hunde, die am Rande des Spiels Bällen hinterher jagen. Bei glühender Hitze mit Extra-Wasserflasche als Notreserve. Viele Flutlichtspiele bei Regen und Wind. Im Winter bei Heimspielen wird auch schon einmal ein Bulleröfchen zum Aufwärmen am Spielfeldrand aufgestellt.
Meist sind nur eine Handvoll Zuschauer da, bei wichtigen Spielen oder wenn im Ort sowieso etwas los ist, auch schon mal 50 oder 60 – Freunde, Eltern, Vereinsmitglieder, ich - und ein paar Anwohner oder Rentner, die auf ihrem Spaziergang am Sportplatz vorbei kommen und mal kucken, wer da grade spielt. Da macht es keinen Unterschied, ob es Jungen oder Mädchen sind, die auf dem Platz stehen. Oder doch: Ab einem bestimmten Alter stehen bei Jungenmannschaften immer Pulks von Mädchen an der Bande – bei Mädchenspielen ist es umgekehrt. Da wird auch mal gelästert und gegrinst, aber überwiegend wird angefeuert und fachmännisch kommentiert. Es geht um Fußball.
Von Jahr zu Jahr habe ich erstaunliche Entwicklungen gesehen – von einzelnen Spielerinnen, aber auch von Mannschaften. Die Fortschritte wären sicher noch größer, wenn die Teams nicht so sehr - weit mehr als dies bei Jungenmannschaften der Fall ist – gegen Schwund ankämpfen müssten. Viele Mädchen steigen irgendwann aus, neue kommen dazu, werden – auch ohne große fußballerische Vorgeschichte – aufgenommen und ins Mannschaftsgefüge integriert – ganz einfach deshalb, um weiterhin eine Mannschaft zusammenzubekommen und am Spielbetrieb teilnehmen zu können.
Natürlich bekommt man/frau nicht immer gute Spiele zu sehen. Zwischen den Mannschaften – und auch innerhalb einer Mannschaft – gibt es große Leistungsunterschiede. Nicht selten sind die Spiele schlecht und das Spielniveau niedrig – aber es ist Fußball.
Gegenüber Jungen-Fußball ist der Mädchenfußball deutlich weniger technisch und deutlich weniger athletisch. Mein Eindruck ist, dass die Trainer – mehr Männer als Frauen – gerade auch deswegen großen Wert auf grundlegende Dinge legen: Dass die Mädchen lernen, richtig zu stehen; dass die Abwehrreihe ihre Position hält, die Zuordnung zu den Gegenspielerinnen stimmt, die Mittelfeld- und Außenpositionen konsequent besetzt sind. Und dass während des Spiels ein paar einfache fußballerische Grundregeln umgesetzt werden: Die Gegenspielerin nicht laufen lassen. Die Anspielstation im Mittelfeld suchen, von der aus die Bälle verteilt werden. Sich im freien Raum anbieten. In Bewegung bleiben. Die Außen konsequent besetzt halten. In der eigenen Hälfte keine unnötigen Ballverluste riskieren und den Ball lieber einmal mehr hinten herum spielen und neu aufbauen. Und und und.
Im Durchschnitt ist das individuelle technische Vermögen, die Arbeit am und mit dem Ball bei einer Mädchen-/Frauenmannschaft in den unteren Ligen eher gering. Wenn in einem Team Spielerinnen sind, die technisch versiert sind, dann fallen sie sofort auf. Ebenso wie die Mädchen/Frauen, die besonders schnell sind und – logisch – in der Regel auf den Außenpositionen und im Sturm eingesetzt werden. In der Regel reicht es, wenn eine Mannschaft über zwei, drei dieser aus dem Durchschnitt herausragenden Spielerinnen verfügt, um als Mannschaft erfolgreich zu sein – aber eben nur, wenn sie im Kern über mehrere Jahre zusammengeblieben ist und wenn das Gros der Mannschaft zumindest körperliche Robustheit und – wie gesagt – eine gewisse taktische Schulung und dementsprechendes Spielverständnis mitbringt. Zumindest eine sollte außerdem dabei sein, die einen richtig guten Schuss hat und auch mal aus der Distanz oder bei den – eher seltenen - Standards abziehen kann. Und die Mannschaft sollte genügend Kondition haben, um ein Spiel konzentriert zu Ende zu bringen. Auch bei überlegen geführten Spielen resultieren Gegentore in Mädchen-/Frauenfußballspielen nämlich überdurchschnittlich oft aus eigenen Fehlern. Wenn es einer Mannschaft gelingt, Druck aufzubauen, Bälle immer wieder – auch irgendwie – vors gegnerische Tor zu bekommen – dann braucht es häufig keine zwingend herausgespielte Chance, um irgendwann einen Treffer zu erzielen.
Was soll ich sagen: Fast unbemerkt und sogar gegen meine irgendwie vorhandene Ablehnung habe ich also in den vergangenen Jahren angefangen, Frauen-Fußball zu mögen und zu schätzen. Und trotzdem – oder vielleicht ja auch gerade deshalb – kann ich der Frauen-WM wenig abgewinnen, mitunter fange ich fast an, eine Aversion zu entwickeln, was nur zu einem geringen Teil an den Fußball spielenden Frauen liegt. Es ist, als versuche der Frauen-Fußball ohne Umweg da anzukommen, wo der Männer-Fußball schon ist, aber besser nicht wäre. Marketing, Event, Sommermärchen, Fanmeilen - das ist das eine. Schlimmer ist das, was man fast als "Gentrifizierung des Fußballs" vom grünen Tisch aus bezeichnen könnte - eine Art hostile Take-over, der dem Frauen-Fußball vor allem eins zu nehmen scheint: Den Fußball. (Und möglicherweise ist das ja auch der geheime Plan ,-)
Der aufgeblähte Hype rund um die Fußball-WM der Männer war schlimm, aber immerhin kann der Männer-Fußball doch von sich behaupten, dass er auch ohne WM eine breite Verankerung in der Öffentlichkeit hat. Wenn jetzt bei einer Sportart, die sonst fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, ein Stadion mit 50.000 jubelnden Menschen gefüllt ist,dann ist das irgendwie absurd, und fast schon ein bisschen erschreckend. Haben "wir" nicht immer gedacht, dass Frauen-Fußball langsamer und langweiliger ist als Männerfußball? Das finden "wir" jetzt auch noch, aber wir zeigen den Frauen, die auf dem Platz stehen, dass das gar nicht schlimm ist, und wir trotzdem die vorher ausgeteilten Fähnchen schwenken und ihnen zujubeln.
Dazu passt das mediale Drumherum. Beispiele? Der bis dato des Fußballsachverstands völlig unverdächtige Roger Willemsen schreibt in der Zeit über die befreiende Kraft des Frauen-Fußballs und über die Frauen-WM, die nicht nur für den Veranstalter, die Teams auf den Plätzen, die „Feinschmecker des runden Leders“ gefeiert wird, sondern auch für jene, die „irgendwo in Armenvierteln, in Kriegsgebieten, in Lagern oder unter Repressalien das Signal empfangen, dass auch Frauen aufgenommen sind in die Internationale eines Sports, der für sie weit mehr bedeutet als ein Spiel rund um einen Ball.“ Die Heinrich-Böll-Stiftung setzt - ganz im Trend - auf "Nachhaltigkeit". In der bundesweiten Kampagne "Gender Kicks" wird das Fußballereignis aus "feministischer und geschlechterdemokratischer Perspektive" beleuchtet.
In den "Tagesthemen" wird berichtet, dass irgendein Willi, der sonst immer an Weihnachten und Ostern sein Haus mit allerlei Unfug dekorier tund schmückt, jetzt auch – eigens für die WM - sein Haus mit frauenfußballtypischen Utensilien verziert hat. Im Bild zu sehen sind aufblasbare Figürchen mit großen Busen und rosa Hemdchen und Schlumpfinchen mit Ball und im Deutschland-Trikot. Die leuchten. In einer Berliner Szenekneipe wird die WM als Lesben-Event gefeiert und die Veranstalterin mokiert sich (ebenfalls in einem Tagesthemen-Bericht) darüber, wie lächerlich es ist, dass die Frauen-WM versucht, den Frauen-Fußball als superweibliche Sportart für Tussis aller Art zu proklamieren, während doch alle Welt wüsste, dass 80% aller Spielerinnen einer Mannschaft lesbisch seien. Im 11 Freundinnen WM-Sonderheft wird über dem WM-Vorbereitungsstress berichtet, den "Ersatztorfrau Ursula Holl und ihre Gattin Carina" zu bewältigen haben - und schon haben wir auch noch gelernt, dass das mit den Lesben im Frauen-Fußballl gar kein Vorurteil ist, dass es aber gar nicht gut ist, wenn wir deswegen Vorurteile haben. Da schließt sich der geschlechterdemokratische Kreis und da freut sich das WM-Maskottchen, das gräuslicherweise „Karla Kick“ heißt und auch so aussieht oder mit anderen Worten "auf beeindruckende Weise für die wichtigsten Attribute des Frauenfußballs steht: Leidenschaft, Spaß und Dynamik."
Sogar – man stelle sich vor - bis ins FIFA-Frauen-Fußball-WM-Organisationskommitee sind Frauen vorgedrungen. Unserer Lokalzeitung entnehme ich, dass eine ehemalige Nationalspielerin die Logistik organisiert, sich darum kümmert, dass das Equipment der teilnehmenden Mannschaften, aber auch die Büroutensilien des FIFA-Trosses immer rechtzeitig dort sind, wo sie benötigt werden. Zum Beispiel mussten in der vergangenen Woche die "drei Spezialgarnituren Büromöbel von Josef Blatter und seinem Gefolge“ von Berlin nach Frankfurt verbracht werden. O Gipfel der geschlechterdemokratischen Nachhaltigkeit – dass diese verantwortungsvolle Aufgabe tatsächlich in die Hände einer Frau gelegt wurde.
Man fragt sich schon, für was sie noch alles stehen sollen diese Fußball spielenden Frauen, die "Elfen", die alles sein sollen, wollen, können, was dem politisch korrekten, neo liberalen Weltbild gerade so durch den Kopf schwurbelt. Sie räumen jedes Vorurteil aus dem Weg. Sie retten die Frauen dieser Welt. Sie sind attraktiv. Sie sind lesbisch. Oder auch nicht. Sie sprengen religiöse Ketten. Werden zum Symbol des Widerstands im Kampf gegen Hunger, Elend und Unterdrückung in dieser Welt. Schade, von fußballspielenden, alleinerziehenden mehrfachen Müttern habe ich jetzt bei der WM noch nichts gesehen und gehört. Und es ist ein Jammer, dass bisher noch nicht wissenschaftlich festgestellt worden ist, dass Frauen beim Fußballspielen weniger co2 ausstoßen als Männer oder – wahlweise – weniger häufig rülpsen als australische Kamele – dann wäre der Frauen-Fußball auch noch klimaneutral. Hurra.
In einer Fußballerfamilie groß geworden, waren der Fußball, war die Eintracht so lange ich zurückdenken kann, fester Bestandteil meines Lebens. Als kleines Mädchen habe ich selbst ganz gerne Fußball gespielt, „durfte“ bei den Jungs bei uns am Platz mitspielen, aber obwohl ich durchaus sportliche Ambitionen hatte, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, selbst aktiv Fußball zu spielen. Stattdessen Leichtathletik. Und Hockey. Das war das eine, Fußball war das andere.
Ich finde es gut und wichtig, dass Frauen Fußball spielen. Ich sehe den emanzipatorischen, den befreienden, selbstbestimmten Gedanken, der dahinter steht. In der Geschichte des Frauen-Fußballs entdecke ich Geschichten von klugen, eigenwilligen, spannenden Frauen. Das hat, gerade in seiner frühen Zeit, etwas von Pioniertum, von Unangepasstheit. Eigensinn. Hartnäckigkeit. Mut. Großartig. Und trotzdem hatte ich bis zu dieser Weltmeisterschaft noch kein einziges Frauenfußball-Länderspiel von Anfang bis Ende gesehen. Es hat mich einfach nicht interessiert.
Anders sieht es mit dem Frauen-Fußball live aus. Einer meiner jungen Mit-Adler ist ein Mädchen, sie hat den Fußball schon sehr früh für sich entdeckt, ist heute äußerst fachkundige Fußballexpertin, Eintrachtlerin und **zähneknirsch** leider auch glühende Anhängerin des 1. FC Köln. Und: Sie spielt Fußball, leidenschaftlich gerne, mit hohem Trainingsfleiß und ziemlich gut. Damit hat sie eines meiner Frauen-Fußball-Vorurteile – dass nur Mädchen und Frauen selbst Fußball spielen, die sich nicht für Fußball interessieren und keine Ahnung vom Fußball haben – von vornherein schon einmal wiederlegt.
Auf den Spuren meiner jungen Mit-Adlerin habe ich in den vergangenen Jahren auf den mehr oder (meistens) weniger holprigen Plätzen im rheinhessischen Hinterland eine lange Reihe von Mädchen- und n den letzten Monaten dann auch Frauenfußballspielen auf Bezirksebene live gesehen. Ich liebe die mitunter sehr adretten, mal irgendwie am Ortsrand vor sich hin schlunzenden Plätze und die Stippvisiten in den abseits gelegenen Ortschaften, in denen diese Spiele in der Regel stattfinden. Ein kleines Vereinsheim mit den Umkleideräumen, manchmal nur eine Turnhalle und ein ordentlicher Hartplatz – nur selten (z.B. bei TuS Wörrstadt, die 1974 der erste Deutsche Meister im Frauenfußball war und auch heute zumindest regional noch eine herausragende Stellung einnimmt) wird auf gepflegtem Rasen gespielt. Sonnige Sonntagvormittage, auf der Wiese hinter dem Platz oder auf einem Bänkchen hinter dem Tor. Hunde, die am Rande des Spiels Bällen hinterher jagen. Bei glühender Hitze mit Extra-Wasserflasche als Notreserve. Viele Flutlichtspiele bei Regen und Wind. Im Winter bei Heimspielen wird auch schon einmal ein Bulleröfchen zum Aufwärmen am Spielfeldrand aufgestellt.
Meist sind nur eine Handvoll Zuschauer da, bei wichtigen Spielen oder wenn im Ort sowieso etwas los ist, auch schon mal 50 oder 60 – Freunde, Eltern, Vereinsmitglieder, ich - und ein paar Anwohner oder Rentner, die auf ihrem Spaziergang am Sportplatz vorbei kommen und mal kucken, wer da grade spielt. Da macht es keinen Unterschied, ob es Jungen oder Mädchen sind, die auf dem Platz stehen. Oder doch: Ab einem bestimmten Alter stehen bei Jungenmannschaften immer Pulks von Mädchen an der Bande – bei Mädchenspielen ist es umgekehrt. Da wird auch mal gelästert und gegrinst, aber überwiegend wird angefeuert und fachmännisch kommentiert. Es geht um Fußball.
Von Jahr zu Jahr habe ich erstaunliche Entwicklungen gesehen – von einzelnen Spielerinnen, aber auch von Mannschaften. Die Fortschritte wären sicher noch größer, wenn die Teams nicht so sehr - weit mehr als dies bei Jungenmannschaften der Fall ist – gegen Schwund ankämpfen müssten. Viele Mädchen steigen irgendwann aus, neue kommen dazu, werden – auch ohne große fußballerische Vorgeschichte – aufgenommen und ins Mannschaftsgefüge integriert – ganz einfach deshalb, um weiterhin eine Mannschaft zusammenzubekommen und am Spielbetrieb teilnehmen zu können.
Natürlich bekommt man/frau nicht immer gute Spiele zu sehen. Zwischen den Mannschaften – und auch innerhalb einer Mannschaft – gibt es große Leistungsunterschiede. Nicht selten sind die Spiele schlecht und das Spielniveau niedrig – aber es ist Fußball.
Gegenüber Jungen-Fußball ist der Mädchenfußball deutlich weniger technisch und deutlich weniger athletisch. Mein Eindruck ist, dass die Trainer – mehr Männer als Frauen – gerade auch deswegen großen Wert auf grundlegende Dinge legen: Dass die Mädchen lernen, richtig zu stehen; dass die Abwehrreihe ihre Position hält, die Zuordnung zu den Gegenspielerinnen stimmt, die Mittelfeld- und Außenpositionen konsequent besetzt sind. Und dass während des Spiels ein paar einfache fußballerische Grundregeln umgesetzt werden: Die Gegenspielerin nicht laufen lassen. Die Anspielstation im Mittelfeld suchen, von der aus die Bälle verteilt werden. Sich im freien Raum anbieten. In Bewegung bleiben. Die Außen konsequent besetzt halten. In der eigenen Hälfte keine unnötigen Ballverluste riskieren und den Ball lieber einmal mehr hinten herum spielen und neu aufbauen. Und und und.
Im Durchschnitt ist das individuelle technische Vermögen, die Arbeit am und mit dem Ball bei einer Mädchen-/Frauenmannschaft in den unteren Ligen eher gering. Wenn in einem Team Spielerinnen sind, die technisch versiert sind, dann fallen sie sofort auf. Ebenso wie die Mädchen/Frauen, die besonders schnell sind und – logisch – in der Regel auf den Außenpositionen und im Sturm eingesetzt werden. In der Regel reicht es, wenn eine Mannschaft über zwei, drei dieser aus dem Durchschnitt herausragenden Spielerinnen verfügt, um als Mannschaft erfolgreich zu sein – aber eben nur, wenn sie im Kern über mehrere Jahre zusammengeblieben ist und wenn das Gros der Mannschaft zumindest körperliche Robustheit und – wie gesagt – eine gewisse taktische Schulung und dementsprechendes Spielverständnis mitbringt. Zumindest eine sollte außerdem dabei sein, die einen richtig guten Schuss hat und auch mal aus der Distanz oder bei den – eher seltenen - Standards abziehen kann. Und die Mannschaft sollte genügend Kondition haben, um ein Spiel konzentriert zu Ende zu bringen. Auch bei überlegen geführten Spielen resultieren Gegentore in Mädchen-/Frauenfußballspielen nämlich überdurchschnittlich oft aus eigenen Fehlern. Wenn es einer Mannschaft gelingt, Druck aufzubauen, Bälle immer wieder – auch irgendwie – vors gegnerische Tor zu bekommen – dann braucht es häufig keine zwingend herausgespielte Chance, um irgendwann einen Treffer zu erzielen.
Was soll ich sagen: Fast unbemerkt und sogar gegen meine irgendwie vorhandene Ablehnung habe ich also in den vergangenen Jahren angefangen, Frauen-Fußball zu mögen und zu schätzen. Und trotzdem – oder vielleicht ja auch gerade deshalb – kann ich der Frauen-WM wenig abgewinnen, mitunter fange ich fast an, eine Aversion zu entwickeln, was nur zu einem geringen Teil an den Fußball spielenden Frauen liegt. Es ist, als versuche der Frauen-Fußball ohne Umweg da anzukommen, wo der Männer-Fußball schon ist, aber besser nicht wäre. Marketing, Event, Sommermärchen, Fanmeilen - das ist das eine. Schlimmer ist das, was man fast als "Gentrifizierung des Fußballs" vom grünen Tisch aus bezeichnen könnte - eine Art hostile Take-over, der dem Frauen-Fußball vor allem eins zu nehmen scheint: Den Fußball. (Und möglicherweise ist das ja auch der geheime Plan ,-)
Der aufgeblähte Hype rund um die Fußball-WM der Männer war schlimm, aber immerhin kann der Männer-Fußball doch von sich behaupten, dass er auch ohne WM eine breite Verankerung in der Öffentlichkeit hat. Wenn jetzt bei einer Sportart, die sonst fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, ein Stadion mit 50.000 jubelnden Menschen gefüllt ist,dann ist das irgendwie absurd, und fast schon ein bisschen erschreckend. Haben "wir" nicht immer gedacht, dass Frauen-Fußball langsamer und langweiliger ist als Männerfußball? Das finden "wir" jetzt auch noch, aber wir zeigen den Frauen, die auf dem Platz stehen, dass das gar nicht schlimm ist, und wir trotzdem die vorher ausgeteilten Fähnchen schwenken und ihnen zujubeln.
Dazu passt das mediale Drumherum. Beispiele? Der bis dato des Fußballsachverstands völlig unverdächtige Roger Willemsen schreibt in der Zeit über die befreiende Kraft des Frauen-Fußballs und über die Frauen-WM, die nicht nur für den Veranstalter, die Teams auf den Plätzen, die „Feinschmecker des runden Leders“ gefeiert wird, sondern auch für jene, die „irgendwo in Armenvierteln, in Kriegsgebieten, in Lagern oder unter Repressalien das Signal empfangen, dass auch Frauen aufgenommen sind in die Internationale eines Sports, der für sie weit mehr bedeutet als ein Spiel rund um einen Ball.“ Die Heinrich-Böll-Stiftung setzt - ganz im Trend - auf "Nachhaltigkeit". In der bundesweiten Kampagne "Gender Kicks" wird das Fußballereignis aus "feministischer und geschlechterdemokratischer Perspektive" beleuchtet.
In den "Tagesthemen" wird berichtet, dass irgendein Willi, der sonst immer an Weihnachten und Ostern sein Haus mit allerlei Unfug dekorier tund schmückt, jetzt auch – eigens für die WM - sein Haus mit frauenfußballtypischen Utensilien verziert hat. Im Bild zu sehen sind aufblasbare Figürchen mit großen Busen und rosa Hemdchen und Schlumpfinchen mit Ball und im Deutschland-Trikot. Die leuchten. In einer Berliner Szenekneipe wird die WM als Lesben-Event gefeiert und die Veranstalterin mokiert sich (ebenfalls in einem Tagesthemen-Bericht) darüber, wie lächerlich es ist, dass die Frauen-WM versucht, den Frauen-Fußball als superweibliche Sportart für Tussis aller Art zu proklamieren, während doch alle Welt wüsste, dass 80% aller Spielerinnen einer Mannschaft lesbisch seien. Im 11 Freundinnen WM-Sonderheft wird über dem WM-Vorbereitungsstress berichtet, den "Ersatztorfrau Ursula Holl und ihre Gattin Carina" zu bewältigen haben - und schon haben wir auch noch gelernt, dass das mit den Lesben im Frauen-Fußballl gar kein Vorurteil ist, dass es aber gar nicht gut ist, wenn wir deswegen Vorurteile haben. Da schließt sich der geschlechterdemokratische Kreis und da freut sich das WM-Maskottchen, das gräuslicherweise „Karla Kick“ heißt und auch so aussieht oder mit anderen Worten "auf beeindruckende Weise für die wichtigsten Attribute des Frauenfußballs steht: Leidenschaft, Spaß und Dynamik."
Sogar – man stelle sich vor - bis ins FIFA-Frauen-Fußball-WM-Organisationskommitee sind Frauen vorgedrungen. Unserer Lokalzeitung entnehme ich, dass eine ehemalige Nationalspielerin die Logistik organisiert, sich darum kümmert, dass das Equipment der teilnehmenden Mannschaften, aber auch die Büroutensilien des FIFA-Trosses immer rechtzeitig dort sind, wo sie benötigt werden. Zum Beispiel mussten in der vergangenen Woche die "drei Spezialgarnituren Büromöbel von Josef Blatter und seinem Gefolge“ von Berlin nach Frankfurt verbracht werden. O Gipfel der geschlechterdemokratischen Nachhaltigkeit – dass diese verantwortungsvolle Aufgabe tatsächlich in die Hände einer Frau gelegt wurde.
Man fragt sich schon, für was sie noch alles stehen sollen diese Fußball spielenden Frauen, die "Elfen", die alles sein sollen, wollen, können, was dem politisch korrekten, neo liberalen Weltbild gerade so durch den Kopf schwurbelt. Sie räumen jedes Vorurteil aus dem Weg. Sie retten die Frauen dieser Welt. Sie sind attraktiv. Sie sind lesbisch. Oder auch nicht. Sie sprengen religiöse Ketten. Werden zum Symbol des Widerstands im Kampf gegen Hunger, Elend und Unterdrückung in dieser Welt. Schade, von fußballspielenden, alleinerziehenden mehrfachen Müttern habe ich jetzt bei der WM noch nichts gesehen und gehört. Und es ist ein Jammer, dass bisher noch nicht wissenschaftlich festgestellt worden ist, dass Frauen beim Fußballspielen weniger co2 ausstoßen als Männer oder – wahlweise – weniger häufig rülpsen als australische Kamele – dann wäre der Frauen-Fußball auch noch klimaneutral. Hurra.
Inzwischen habe ich übrigens das ein oder andere Frauen-Fußball-Länderspiele (fast) von Anfang bis Ende gesehen und bin erstaunt. Alle Welt, zumindest der Teil, der im Zusammenhang mit der Frauen-WM über Fußball spricht oder schreibt, scheint sich darauf verständigt zu haben, dass Frauen-Fußball eigentlich genauso ist wie Männer-Fußball - nur weniger körperbetont und weniger schnell. Ich finde: Das stimmt nicht. Je besser und hochklassiger Frauen-Fußball ist, desto weiter – so mein Eindruck – entfernt er sich vom Männer-Fußball. Man könnte auch sagen: Er gewinnt ein ganz eigenes Profil – mit eigenen Stärken, aber auch mit eigenen Schwächen. Aber das ist ein anderes Thema: Fußball.
Es ist einfach ein anderer Sport. Einen, für den ich bei der WM in den USA 2003 nachts aufgeblieben bin, um die Spiele der DFB-Auswahl zu sehen, während ich mich bereits zu dieser Zeit schon längst nicht mehr zu jedem Spiel der Männer aufraffen konnte.
AntwortenLöschenUnd danach? Herr Blatter hat es geschafft, dass mich die WM 2006 im eigenen Land nicht interessierte. Und von den deutschen Frauen habe ich bei dieser WM noch kein Spiel gesehen.
Wie du schaue ich halt auch einfach nur gerne Fußball. Und dann will ich eben auch Fußball sehen. Nur Fußball, wenn es geht. Aber zurzeit habe ich keine Lust dazu.
Gruß vom Kid, der sich auch gerne Fußball "auf dem Ort" anschaut. :-)
Das ist schon irgendwie traurig, dass man diese deutschen Fußballfrauen, die seit vielen Jahren durch besondere Leistungen glänzten, aber nie so wirklich wahrgenommen wurden, nun so vermarktet werden müssen. Mir behagt das nicht.
AntwortenLöschenAuf der anderen Seite habe ich die netten Mädels nach dem letzten Spiel gesehen, die es einfach so genossen haben, noch ewig im Stadion zu sein, Autogramme zu geben, Freude teilen zu können... Zwiespältig das Ganze.
Diese deutsche Frauenmannschaft mag ich schon länger, im Gegensatz zur deutschen Männermannschaft *örgs*. Ich mag sowieso dieses deutsche Gemeinschaftseventgedöns überhaupt nicht :(.
Früher war das irgendwie anders. Eine WM, EM, waren Ereignisse, aber nicht so aufgesetzt und massenmäßig, gesteuert von einer riesigen Marketingmaschinerie.
Danke für deine Einblicke!
Lieben Gruß
Nicole
*verneig*
AntwortenLöschenDas ist sehr schön, dass dieser "Außer der Reihe"-Eintrag Interesse gefunden hat - es/er war mir ein Bedürfnis. Irgendwie. Und auf das Viertelfinale bzw. den Ausgang desselben bin ich heut Abend jetzt fast doch ein bisschen gespannt.. ,-)
AntwortenLöschenDanke fürs Lesen, Kommentieren und loben. Hey, lieber Harx - **freu**sehr**
lgk