Auf der Suche nach Einträgen zu David Abraham habe ich mich grade ein wenig durch meinen Blog gezappt. Und ganz ehrlich, dabei hat mich mehr als eine kleine Welle an Melancholie überschwappt...Beim Lesen alter Spielberichte flutschen so viele wunderbare Stadionmomente an mir vorbei und bei den meisten von ihnen seit mehr als fünf Jahren (fast) immer mittendrin: Unser Kapitän. Schmal, unauffällig, stetig. Ich sehe ihn beim Aufwärmen direkt vor unserem Block, zusammen mit Timothy Chandler. Ein junger Eintrachtler aus der West hat sich sein Trikot vom Leib gerissen, es zusammen mit Stift einem Ordner in die Hand gedrückt - er soll es unterschreiben lassen. Macht er, machen alle, die da gerade ihre Übungen absolvieren, klar. Jubel aus der Kurve. Oder das berauschende 4:2 gegen Köln, fast genau vor drei Jahren zur Fastnachtszeit: David Abraham, der nach dem Spiel mit seinem kleinen Sohn auf dem Arm in die Kurve läuft. Der Kleine, der Richtung Kurve trippelt und beim aufbrausenden Jubel ganz schnell wieder Schutz bei seinem Papa sucht. Die bewegenden Momente nach dem Europacupspiel gegen Talinn, als die Spieler aus Tallinn trotz Niederlage nach Abpfiff auch zu uns in die Kurve laufen, sich bedanken. David Abraham umarmt seinen Gegenspieler. Der Pokalsieg in Berlin - David Abraham, der gemeinsam mit Alex Meier den Pokal in den Himmel hebt... Ach...
Wie gern, wie gern hätten wir David Abraham heute persönlich im Stadion verabschiedet. Ich sehe es vor mir. Schneeflocken wirbeln durch den kalten Winterabend, auf dem Videowürfel steht ein 4:1 für die Eintracht, die Kurve voller Banner mit Abraham Konterfei, 19, "Adios Capitano" "Danke, David". David Abraham geht auf Stadionrunde, schüttelt Hände, winkt, begleitet von Gesängen und Jubelstürmen, unsere Mannschaft und, ja, auch die Schalker stehen Spalier. Wir schreien uns die Seele aus dem Leib... Sicher, all das werden wir irgendwann nachholen, leider erst dann, wenn der Bundesliga-Fußballer David Abraham schon Geschichte ist.
Wie viele "Danke, xy" hat das Eintracht Social Media-Team in den vergangenen Monaten auf Instagram gepostet. Spieler, die wir zum Teil nicht ein einziges Mal live im Stadion erlebt haben. Jetzt ist Luka Jovic wieder zurück - hurray - er wird uns weiter helfen -, aber er wird schon wieder weg sein, bevor wir zurück ins Stadion dürfen. Während der Zeit seiner Ausleihe werden wir seine Tore nur vor dem Bildschirm bejubeln. War er da, ist er weg? Wo und warum ist die Mannschaft wann und wie?
David Abraham war da, mehr als fünf Jahre lang. Kein Superheld, kein spektakulärer Publikumsliebling, aber ein von allen hoch geschätzter Spieler, ein echter Kapitän. Zuverlässig, schnell, kompromisslos, voller Engagement und Teamspirit, manchmal überraschend unbeherrscht auf dem Platz (wir erinnern uns an die Szene in Freiburg, in der er Christian Streich am Spielfeldrand... Ach was... daran erinnern wir uns kaum noch) - immer freundlich, höflich, fast sanft außerhalb des Spielfelds. Ein fester Punkt in einer Mannschaft, die speziell in den letzten Jahren immer wieder umgekrempelt wird, irgendwo zwischen "neuen Impulsen" und "flying circus" changiert, häufig nur eine Durchgangsstation ist.
Beim Eintracht-Abschiedsvideo mit David Abraham, in dem er Fanfragen beantwortet und Fanwünsche entgegennimmt, wird zwischendrin überraschend ein Video seines kleinen Sohnes eingespielt. Alfonsito fragt seinen Vater, was sie denn alles zusammen unternehmen werden, wenn er erst wieder zuhause ist. David Abraham strahlt, kann die Tränen unter Lachen aber nicht zurückhalten. Was antwortet er, worauf freut er sich am meisten in Argentinien? "Einfach nur ihn jeden Tag sehen und mit ihm reden." Das geht mir echt ans Herz. Ebenso wie die Aussage, dass er in Argentinien weiter Fußball spielen will. Wo? Bei Huracán Chabas, seinem Heimatverein, irgendwo in der "neunten oder zehnten Liga." Wie cool ist das denn...?
Ein Sieg gegen Schalke nachher ist unter diesen Vorzeichen einfach nur selbstverständlich, oder?
Wir behalten David Abraham als echten Eintrachtler in unserer Erinnerung und in unseren Herzen - und wir freuen uns mit ihm, dass er jetzt bei seiner Familie sein kann.
Muchas gracias - hasta luego. Nos veremos!
Puh. So so schade, dass wir nicht dabei sein konnten. Aber auch am Bildschirm war das ein wirklich berührender, einträchtlicher Abend. Dass tatsächlich auch Filip Kostic und Luka Jovic die alte Büffel Connection direkt wieder belebt haben. Wahnsinn. Das lässt einiges erwarten... Ach Mensch...
AntwortenLöschenUnd inmitten all des emotionalen trubels ein stilles Gedenken an den viel zu jung verstorbenen Eintrachtler.
Danke für den schönen Text! Und natürlich DANKE DAVID ABRAHAM!
AntwortenLöschenDanke fürs Lesen - und fürs Teilen.
LöschenUnd auch ohne unseren Capitano können Siege eingefahren werden. Ich vermute, er wird unsere Eintracht interessiert verfolgen und sich mit uns über die Erfolge freuen.
AntwortenLöschenGefreut habe ich mich heute auch darüber, dass Benny Köhler im Waldstadion war und die Partie kommentiert hat.
Ich hoffe, dir geht es gut, auch in diesen schwierigen Zeiten.
Vielen Dank für deine Nachfrage. Leider ein trauriges Ereignis in meiner Familie, aber sonst alles aufrecht und immer weiter...
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