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Ein Gespenst geht um in Europa ,)

Schlimmer geht immer! Als ob der Fanausschluss fürs erste Eurocup-Spiel nicht schon elend genug wäre,  gibt es doch offensichtlich immer noch weitere Möglichkeiten den laufenden Schwachsinn zu toppen. Stadtverbot für Eintracht-Fans. Unfasslich.  Und es bleibt zu hoffen, dass sich der neue Staatssekretär für Innere Sicherheit nicht von solcherlei Umtrieben inspirieren lässt: Stadtverbot für Bremer in Hamburg, für Frankfurter in Offenbach (oder umgekehrt).  Man könnte auf vielerlei Gedanken kommen und irgendwie  werden sie es schon schaffen, uns eine nette kleine Hölle voller Mauern und Verbote zurecht zu zimmern. Ob die Eintracht-Verantwortlichen trotz Einreiseverbot und möglichem Eintracht-Schal in Marseille willkommen sind? Fredi Bobic, dessen Nerven irgendwie blank zu liegen scheinen, täte eine kleine Abwechslung vielleicht ganz gut.

Wenn man schon nicht selbst hinfahren kann bzw. darf, ist es gut, sich ein Bild von dem zu machen, was man versäumt. Und da habe ich eine 1a Quelle. Meine liebe Eintracht-Freundin Nicole ist nämlich nicht nur Eintracht-Fan, sonder trägt in ihrem Herzen eine große Liebe zu Frankreich (beides hat sie auch auf den Rest ihrer Familie übertragen ). Französischer Lieblingsverein? Olympique Marseille. In Nicoles Wohnungsflur hängt eine große Fahne von Olympique, ihr schwarzer Kater heißt Pogba und drei Mal dürft ihr raten, auf welches Los Nicole wohl bei der Europacup-Auslosung hingebibbert hat? Große Freude - hurreille wir fahren nach Marseille. Und dann große Ernüchterung und der großer Zorn. Maaaan.

Aber wie ist es denn nun so in dem Marseille?  "Marseille ist die schönste Stadt Frankreichs. Eine Stadt der Gegensätze: Laut, schrill, heiß, bunt, aber auch mit vielen ruhigen, malerischen Ecken und freundlichen, offenen Menschen. Das Meer liegt direkt vor der Tür, es gibt viele bunte, laute Märke, da ist die Corniche, Calanques, der Vieux port, Dame de la garde und soooo vieles mehr. Gewissen Gegenden wie die Banlieu sollte man besser meiden. An der Corniche gibt es eine Pizza "Francfort-Marseille", sie wird angeblich mit - haha - original Frankfurter Würstchen zubereitet, schmeckt aber auf jeden Fall ziemlich lecker." 

Mmh. Das wäre dann also ihne ihr Europakapp-Auswärtsfahrt gewesen :(...  Als Mini-Trost haben wir hier zumindest schon mal einen original marseillaiser (?) Essenstipp für den heimischen Fußballabend: Pizza mit Würstchenbelag (schmeckt wahrscheinlich besonders gut dann, wenn ihr vorher einen Sender oder Livestream gefunden habt, der funktioniert und das Spiel auch tatsächlich  überträgt).

Und wie spielt OM so - auf was muss Taktikfuchs Adi H. sich einstellen?

Nicole: "Olympique spielt 'droit au but' (salopp übersetzt: direkt aufs Tor) und auch wenn sie es mal langsamer angehen lassen (wie z.B. am letzten Sonntag gegen Guincamp, sollte man sie nicht unterschätzen. Nach einem  0:0 zur Pause, haben sie nach der Halbzeit richtig aufgedreht und am Ende stand es 4:0. Überragender Mann ist Dimitri Payet, aber es stehen auch noch drei weitere aktuelle Weltmeister  bei Olympique auf dem Platz. Steve Mandanda, Adil Rami und Florian Thauvin (ebenfalls sehr stark gegen Guingamp und mit bereits vier Saisontreffern). Rami hatte während der WM zwar keine Einsatzminute, gilt aber als Spieler, der extrem wichtig fürs Teamgefüge ist."

Letztes Jahr stand Olympique bekanntermaßen im Finale der Euro League (und wenn ich mich richtig an den Kommentator der Auslosung erinnere ist Marseille der Verein, der am häufigsten im Finale stand, ohne zu gewinnen). Die Vergangenheit des Vereins ist trotzdem echt ruhmreich: 9 x französischer Meister, 10 x Pokalsieger,  1 x Champions League-Sieger. Und tatsächlich hat sogar der große Zinedine Zidane mal in Marseille gespielt, ebenso wie der aktuelle Weltmeistertrainer Didier Deschamps. Und auch einige deutsche Stars vergangener Tage  - Karl-Heinz Förster, Klaus Allofs, Andreas Köpke, Rudi Völler - sind im OM-Trikot im Vélodrome aufgelaufen.

Apropos Vélodrome. Hier nochmal O-Ton Nicole: "Ich bin bisher leider erst zweimal dort gewesen, einmal in den 80ern, das habe ich in nicht so guter Erinnerung, dann vor drei Jahren bei einem Freundschaftsspiel gegen Juventus Turin. Wir haben uns im Vélodrome sofort wie zu Hause gefühlt und waren von der Atmosphäre eingefangen.  Es gab ein wenig Pyro (Anm. rus: hihi - vielleicht hat das ja das Zuhause-Gefühl verstärkt?) und insgesamt geht das Stadion  als Ganzes mehr ab als bei uns, nicht nur die Kurve. Liegt vielleicht daran, dass es zwei Fankurven gibt, die sich - wie bei uns die West und die Gegnerkurve - gegenüberliegen. Perfekt für Wechselgesänge. Und dann sind das ja alles auch Südfranzosen -  die sind sowieso sehr temperamentvoll." Aha :)

Marseille ist aber nicht nur glorreich, sondern auch reichlich skandalumwittert - Bestechungs- und Korruptionsaffären, eine aberkannte Meisterschaft plus Zwangsabstieg - langweilig ist anders. Seit 2016 ist ein Groß-Investor bei Marseille eingestiegen und so wurde eine Menge Geld in den Verein gepumpt. Dadurch konnte Dimitri Payet (derzeit  bärenstark) wieder aus England zurückgeholt werden, schon 2013-15 hatte er erfolgreich in Marseille gespielt. Was diese insgesamt eher ungute Struktur mittelfristig aus dem Verein macht - man wird sehen. Es ist halt überall dasselbe. Sponsoren, Investoren blablablubb.

Vor dem Spiel gegen die Eintracht ist man in Marseiller Fankreisen jedenfalls mehr als optimistisch. Dazu Nicole: "Ich habe mal in drei verschiedene Marseiller Foren reingeschaut. Und eins ist klar: In Marseille kennt uns keine Sau. Die Fans dort sind der Meinung, dass Rom und Marseille in der Gruppe weiterkommen und Apollon und Frankfurt abgeschlagen dahinter landen. Dort weiß keiner was von unserem Pokalsieg (Wie kann das sein?), auch die Frankfurter Völkerwanderung nach Bordeaux hat sich nicht bis Marseille herumgesprochen. Immerhin wären sie froh, wenn es statt uns die Römer mit dem Zuschauerausschluss getroffen hätte, auf eine braune Kurve hat dort keiner Lust".

Alla gut. Dann schauen wir mal, was da heute Abend mit ohne rumkommt und wie viele Geister aus Frankfurt sich den Euro-Spaß nicht nehmen lassen und bis in die verbotene Stadt am Meer durchkommen. Ich werde heute Abend keine Würstchenpizza verzehren und das Spiel nur per Ticker verfolgen - ich bin nämlich auf einem Konzert. Das ist Zufall, aber im Prinzip perfekt getimet. Denn die beiden letzten Male als ich parallel zu einem wichtigen Spiel der Eintracht auf einem Konzert war, ist die Eintracht jeweils ins Pokalfinale eingezogen. Also aus diesem Blickwinkel beste Voraussetzungen für einen glorreichen Start in die Euro-League (wenn auch, ehrlich gesagt, sonst nicht so furchtbar viel dafür spricht).


Kommentare

  1. Das Gespenst ist ein Geist und der macht sich auf, Europa aufzumischen. Tatsächlich gewonnen. In Marseille. Wahnsinn Und das Ding mit dem Konzert lass ich mir patentieren. Klappt immer. Ich schau mich schon mal um nach einem Konzert am finaltag in BaKu nächstes Jahr :)

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  2. Sehr schön geschrieben!
    Und ein schöner Sieg, auch wenn ich das eigentlich nicht beurteilen kann, da ich derzeit Urlaub in Kalabrien mache. Zufällig war ich gestern auch auf einem, bzw. mehreren Konzerten, da in Tropea gerade das jährliche Bluesfestival stattfindet mit Musik in der ganzen Stadt.
    Auf welchem Konzert warst du denn gestern?

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    1. Element of crime beim 3sat Zeltfestival. Wir hatten vollkommen überraschend kurzfristig Karten bekommen und es war großartig. Bei weitem nicht mein erstes EOC Konzert, aber dieses Mal halt in diesem fast schon privaten Rahmen mit nur ein paar 100 Zuschauern direkt an der Bühne. Zum Heulen schön. Danach dann die apps von allen Seiten zum Sieg der Eintracht. Bin jetzt noch geflasht. Bluesfestival in Kalabrien klingt aber auch nicht schlecht. (Ui, das reimt sich)

      Einträchtliche Grüße in den Süden und noch eine schöne Zeit!!! ( Hier hat seit heute der Herbst Einzug gehalten, aber ich hatte mich gebührend von diesem langen langen Sommer verabschiedet und freu mich jetzt auf Wind und Wetter.)

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    2. Dann wird das Konzert ja noch im Fernsehen zu sehen sein. Da freue ich mich drauf.

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  3. Das Gespenst mag in Europa umgehen, in der Bundesliga ist es eher ein freundlicher Geist, der bereitwillig die Punkte abgibt und deshalb gern gesehen ist.

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    1. Hihi. Da hast du wohl leider recht. Mal sehen, ob aus dem freundlichen Geist in der BuLi dann am Ende auch noch ein Gespenst - Schreckgespenst?? - wird.

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