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Rotundschwarze Sommerschnipsel (philosophisch und international)

So ganz allmählich  erscheint die neue Bundesligasaison am Horizont, das Trainingslager der Eintracht in den USA neigt sich dem Ende entgegen. Wir haben nahezu täglich Spieler kommen und gehen sehen und können jetzt damit anfangen, Namen und Ereignisse zu sortieren (ich bastele bereits an einem Quiz ,-) . Mein Schnipselvorrat, der sich in den letzten Wochen angesammelt hat, ist immens, aber um zumindest mal wieder einen Fuß in die Blogtür zu bekommen, kommt hier jetzt einfach mal ein kurzes Spotlight. 

Tja. So ist das also. Leicht melancholisch fällt der Blick zurück auf das, was früher mal die Saisonvorbereitung  war. Testspiele in Bruchsal, Klein-Gumpen oder Rüsselsheim. Eine Fahrt über Land,  Parken irgendwo auf dem Acker, Eintrittskarte im Schreibwarengeschäft um die Ecke. Bratwurst essen, im Gras sitzen und die Eintracht grantelnd  bei einem 12:1 (wahlweise 1:0) beobachten. Stattdessen schalten wir (oder doch zumindest einige von uns) jetzt euphorisch nachts um 4 Uhr 15 Eintracht TV ein, um einen Blick auf die tollen neuen Trikots zu werfen und erfreuen uns per Live-Stream an einer 1:4 Niederlage gegen die San José Earthquakes. (Verbürgter Dialog unter Eintrachtlern: „Wie findest du die Neuen?“ „Keine Ahnung wie ich die finde – im Moment bin froh, wenn ich sie auseinander halten kann.“ „Zum Glück haben sie ja Nummern.“ "Aaah, deshalb...")

Immerhin – der Trainingsauftakt war live hier gleich um die Ecke, in Dreieich. Dort, wo auch – ha! - Sébastien Haller von Beginn an ohne Pass dabei sein konnte und durch seinen Auftritt für Aufmerksamkeit sorgte. Gut im Gedächtnis ist mir die Bemerkung eines anwesenden Journalisten auf der nachfolgenden Trainingsauftaktspressekonferenz. „Sébastien hat einen Körper, der von den Fans goutiert wurde.“ O lala. (Wenn ich die aktuellen Bilder von Jetro Willems beim Gesundheitscheck sehe, gehe ich davon aus, dass wir auch ihn in dieser Hinsicht goutieren werden).

Ist/war die Saisonvorbereitung (neudeutsch für: Promotionstour) in den USA denn nun wirklich  sinnvoll oder wegen der Zeitverschiebung und der vielen Flüge doch eher kontraproduktiv, weil zu anstrengend? Niko Kovac zieht ein positives Zwischenfazit  (Trainingslager war ein Volltreffer, ist natürlich ein Zwiespalt und wir machen das Beste daraus). Axel Hellmann findet, dass dieses Argument nicht zählt, denn: „Trainingslager unter Niko Kovac sind nie leicht – selbst wenn es auf dem Mond wäre.“ 

Da ein Trainingslager in China derzeit meines Wissens (noch) nicht geplant ist, gehe ich fest davon aus, dass die Eintracht-Saisonvorbereitung im nächsten Sommer auf dem Mond stattfindet. Wir könnten dort als erster Bundesliga-Verein eine Fahne hissen, die Mannschaft hüpft und  singt (das passende Lied haben wir ja schon) „Auf dem Mars, auf dem Mond…“ und twittert ein Live-Video plus Mannschaftsfoto. Gäbe es einen überzeugenderen Weg, um  „Tradition und Modernität zu einem souveränen und sportlich markanten Auftritt auf allen Kanälen“ zu verbinden? Könnte man „Spieler wie Fans“ besser „emotional vereinen“?  Der nächste German Brand Award in Gold und ein vorderer Platz im Social Media Ranking sind uns garantiert sicher.

Schnitt. Im Schwimmbad vor einigen Tagen. Ein kleines Mädchen, höchstens fünf oder sechs Jahre alt,  steht zitternd und ängstlich ganz vorne auf dem Dreimeterbrett.  Ihre Beine sind leicht eingeknickt, man sieht von unten förmlich wie sie zittert. Sie schaut nach unten, vorsichtig, ganz vorsichtig dreht sie sich um und geht wieder zurück. Ihr Vater steht unten auf der Treppe und kommt ihr entgegen, nimmt sie kurz in den Arm, spricht mit ihr. Sie richtet sich auf, wendet sich wieder um, geht leicht schwankend aufs Brett, weiter  nach vorne,  steht am Rand, zögert nur kurz und – springt. Lachend taucht sie wieder auf.

Eine halbe Stunde später sitze ich auf einer Treppenstufe am Beckenrand. Ach, die kenne ich doch – das ist doch das  kleine Mädchen von eben. Sie läuft, jetzt im Bademantel, an der Hand ihres Vaters an mir vorbei in Richtung Ausgang.  Vertrauensvoll schaut sie zu ihm nach oben. "Gell", sagt sie, „manchmal muss man seine Angst eben einfach überwinden.“

Könnte ein gutes Motto sein. Fürs Leben. Und vielleicht ja auch für die neue Saison.

Kommentare

  1. Gut, Kerstin, dass Du an den Mond erinnerst und ihn als möglichen Ort für ein Trainingslager in den Fokus rückst. Natürlich, auf dem Mars, auf dem Mond! Und da Kultur bei der Eintracht schon immer groß geschrieben wurde, hätte ich da den passenden Kulturbeutel im Angebot: http://www.sothebys.com/en/news-video/blogs/all-blogs/sotheby-s-at-large/2017/04/artifact-from-apollo-11-to-appear-at-auction.html So weit die gute Nachricht. Die schlechte: inzwischen war die Auktion, das Teil ging für schlappe 1,8 Millionen über die Theke. Aber, wer weiß, vielleicht konnte Bruno Hübner sich auf Bieterseite durchsetzen. Wir sind jetzt ja reich, oder? Orgiginalton BH: "Bagge Se's ain, isch nehms glaisch mit. Und sachese Beschaid, wenn Se widder so e Beudelsche hawwe. Mir wolle schließlisch net de Nico allaans da hochschieße. Gude Bay!"

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  2. Die Theorie gefällt mir und ist insofern einleuchtend, dass wir - anders als im Fall Lajos D. - jetzt schon im Vorfeld eine Erklärung hätten, die das mögliche Verschwinden der einen oder anderen der derzeit kursierenden Millionen im Nachhinein erklären könnte.

    Ob der Mond tatsächlich ein geeigneter Platz für das nächste Eintracht Trainingslager sein kann, scheint mir dagegen inzwischen zweifelhaft. Der Platz dort ist schlicht nicht ausreichend. Eine 35-köpfige Mannschaft nebst 200 Mann starker Begleitmannschaft ist auf dem Mond kurzfristig nicht so ohne weiteres unterzubringen. Macht aber nix, denn ich bin mir sicher, dass längst drei der insgesamt 100 Eintracht-Scouts Richtung Mond abkommandiert worden sind, um dort - als Aktivposten einer ausgeklügelten zukunftsorientierten Werschöpfungskette - ein wachsames Auge auf eventuell vorbeikommende Talente zu haben. Die durch Mond-Importe generierten Spielerwerte werden - einer geheimen, von F. Bobic eigenhändig verfassten und digital bevorrateten, internen Eintrachstudie - bis zum Jahr 2022 mit rund 438 Millionen beziffert.

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  3. Genau, ein kleiner Voraustrupp müsste es erstmal richten http://media.gettyimages.com/videos/two-astronauts-playing-soccer-on-the-alien-planet-surface-video-id496891716?s=640x640 ... nicht lange, und ein hoffnungsvolles Talent beamt sich hinzu https://t2.ftcdn.net/jpg/00/41/38/03/400_F_41380399_n6P1mEto283jsxCkpJRyy2riXYOXcaPG.jpg Ein leichtes Opfer für Bobic, denn der Berater wurde nicht mitgebeamt. Okay, jetzt noch die Unterschrift ... ... nix schreiben? ... auch gut, Daumenabdruck genügt ... äh, sorry, ich sehe gerade, also, Mittelfinger tut's auch. Der Kleine macht jetzt doch den Mund auf: "Ich freue mich, tolles Stadion, tolle Stadt, tolle Fans, Äppelwoi". Man schläft nicht auf Proxima Centauri.

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    1. Wenn ich richtig sehe, hat er auch ein eigenes Sponsorenlogo auf dem linken Trikotärmel?

      Und die Verlesung der Mannschaftsaufstellung wird durch außerterrestrische Leihgeschäfte ggf. auch vereinfacht: "Mork" - "vom Ork". "E" - "T"."R2" - "D2". Ein neuer Merchandisongkosmos könnte sich eröffnen. Hach, Fredi sollte uns fragen (oder zumindest ausleihen - mein Wert verdoppelt sich wöchentlich).

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    2. Unsere Werte, Kerstin, schießen exponentiell durch die Decke.

      Die Schiris müssten sich dann einem intergalaktischen Cultural Codices Briefing (CCB) unterziehen. Zeigt der Kleine jetzt Thumbsup oder den Stinkefinger? Was meint er, wenn er seinem Gegenspieler "Hss-prwddl" zuzischelt? Was meint Bobic, wenn er enthüllt, der Neue könne bereits "Guten Morgen" und "mehr" sagen? Und was wird, wenn der kleine Neue sich als kleine Neue oder gar kleines Neues herausstellt, unter der Dusche? Fragen über Fragen.

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  4. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  5. Wie schön, dass es hier weiter geht! Und: Ja, früher war es "eine Fahrt über Land", heute ein Flug übers Meer, um der Eintracht nahe zu sein, die sich unter Kovac auch daheim abschottet wie nie zuvor. Ob das alles von Erfolg gekrönt ist, wird die Zeit zeigen, die sich ohnehin nicht zurück drehen lässt. So nah die Eintracht einst war, so sehr entfernt sie sich mittlerweile. Auf die räumliche Trennung wird bei einigen Fans irgendwann eine emotionale Abkopplung folgen, doch das wird nicht von finanzieller oder stimmungsmäßiger Bedeutung sein. Die Stimmung hat sich im Stadion ohnehin längst vom Spielgeschehen gelöst.

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    1. Ja, hier geht es weiter, wenn es auch mit den Einträgen -trotz ohne Zement - nicht ganz so flutscht wie bei der Eintracht mit den Millionen.

      Und nochmal ja: wir werden alle herausfinden müssen wie lange die Eintracht in unseren Herzen der ready made Eintracht auf allen Kanälen noch standhalten kann.

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