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So oder so

Die vier wichtigsten Spiele der Saison haben wir bereits hinter uns.  Das allerwichtigste ebenfalls. Und doch steht heute noch ein Spiel an, das ist dann wohl das allerallerwichtigste und dann auch definitv letzte Spiel dieser merkwürdigen Saison. Heute fühlt es sich so an, als hätte die gesamte Spielzeit nur aus den letzten neun Spielen bestanden. Die Hinrunde, die letzten Spiele unter Armin Veh – fast surreal, ganz weit weg, wie ein Spuk. Alles ausgeblendet,  alles Fühlen und Denken nur noch darauf gerichtet, irgendwie da wieder rauszukommen. Was für ein Auf und Ab. Mut. Enttäuschung. Frust. Überschwängliche Freude. Nackenschläge. Trotz. Jetzt erst recht. Viel Kraft hat das gekostet. Sehr viel Kraft.

Flashback

Hannover:  Ein knapper Sieg und die wieder befeuerte Hoffnung. 

Bayern:  Trotz Niederlage positive Ansätze und leise aufkeimende Zuversicht.

Hoffenheim:  Drei Punkte, die wir fest auf unserer Rechnung haben und nicht holen.  Ernüchterung. Tiefe Enttäuschung. Fast schon Resignation. 0:2. Nullzuzwei. Hätte, hätte Fahrradkette.

Leverkusen:  Aufgeben gilt nicht. Spielerischer Aufwärtstrend und Trotzdem-Niederlage. Hadern mit der Situation. Zu spät. Wir haben es uns selbst zuzuschreiben.  Jetzt fehlt uns auch noch das Glück. Es soll nicht sein, es ist aus. Zwecklos? Nein. Nicht so. Kollektives Aufbäumen. Nein. Nein. Nein. Auf jetzt. Wunder-erprobt. Wir.  Und tatsächlich.

Mainz und Darmstadt: Wir. Wir. Wir. Zwei Mal nach Rückstand zurückgekommen. In Darmstadt eigentlich schon mausetot und dann endlich, endlich einmal auch das Glück  wieder auf unserer Seite. Jetzt packen wir alles. Jetzt kann uns nichts mehr stoppen.  

Dortmund: Ein frühes Tor. Eine Schlacht um jeden Millimeter. Überschwang. Erleichterung. Geschafft. Geschafft. Jetzt sofort. Saisonende. Abpfeifen. Schluss. Aus.  Fliegen. Abheben. Wir sind durch. Fast.

Werder:  Je näher das Spiel rückt, jeden Tag stärker nagende Zweifel.  Wirre Träume. Von Schiffen und Fahrstühlen. Reisen. Fenstern, hinter denen sich ein Abgrund auftut. Bremen. Auswärts. Das kann nicht gutgehen.  Ein Punkt. Nur ein Punkt. Ein Tor. Wir müssen. Eigentlich. Aber wir schießen keines.  Hadern. Falsch. Falsch. Oder?  Stopp. Anders. Hände ringen, Haare raufen. Nur noch fünf Minuten. Vier. Drei. Zwei. Tor. Wie gelähmt, vom Donner gerührt, sitze ich noch eine halbe Stunde nach dem Spiel. Unbeweglich. Tränen kullern. Ok. Dann eben anders. Relegation. Wir packen das. Überrede ich mich selbst, trotzig, und bin mir nicht sicher, ob ich wirklich daran glaube.

Nürnberg  1:  Wie oft kann man sich noch und noch und noch einmal pushen?  Alles geben, kämpfen. Noch einmal. Wieder und wieder. Die Nacht vor dem Spiel, halb Zwei. Die Nachricht über die Erkrankung von Marco Russ. Was? Wie? Warum? Kann es nicht glauben. Verstehe nicht, was ich lese.  Wenig Schlaf, viel Arbeit.  Runtercoolen. Ablenken.   Bin so früh im Stadion wie lange nicht.  Die Stimmung. Voll unter Strom. Ausnahmezustand.  Kämpferisch. Ein klarer Sieg.  Zumindest kein Gegentor.  Mir ist schlecht, mein Herz rast. Und doch hängt da etwas wie Melancholie in der Luft und über den Rängen. Seht ihr es nicht? Seht ihr es auch?  Die Abendsonne taucht die Oberränge in rotes Licht. Steht auf, wenn ihr Adler seid. Die Nürnberger schießen im Leben kein Tor. Und doch ist der Ball drin. Für einen Moment: Stille im Stadion, absolute Stille. Wie in Zeitlupe die Reaktion im Nürnberger Block. Yeah. Rotglühende Pyropunkte. Ihne ihrn Sicherheitssprecher. 0:1.  Fakt. Da steht es auf dem Videowürfel und direkt daneben leuchtet jetzt ein blasser, fast kreisrunder Mond.  Das war’s, denke ich. Das ist der Abstieg und mir ist als ob jeder Funke an Kraft aus meinem Körper entwichen sei.

Halbzeitpause, raus, raus.  Stehe im Mittelkreis auf dem Trainingsplatz hinter der Haupttribüne. Über mir der Himmel und der Mond, vor mir  das erleuchtete Stadion. Musik. Rufe. Langsam, ganz langsam gehe ich wieder auf meinen Platz. Der Ausgleich. Stehe, schreie, höre mich schreien. Arme in der Luft. Immer noch. Also doch. Wir. Weiter, weiter, weiter. Aus. Marco Russ mit seinen Kindern vor der West.  Zwei kleine rotundschwarze Punkte mit Kopfhörern und viel zu großen rotundschwarzen Trikots. 4. Marco Russ. Marco Russ. Der lange Weg durch den Wald zum Auto. Müde. Kraftlos.

Flashback Ende

Jetzt ist er also da, der Tag der Entscheidung. Das ultimativ letzte Spiel dieser Saison und die Gewissheit, dass es heute Abend vorbei ist.  So oder so.  Anders als vor Werder, anders als am Donnerstag ist jetzt, vor dem letzten, dem entscheidenden, dem wichtigsten aller wichtigen Spiele meine Zuversicht täglich gestiegen. Wir packen das. Klar. Wir packen das. Es dauert so lange es dauert.  Wie oft kann man sich wieder und wieder pushen? Ich weiß es nicht, aber einmal, einmal geht ganz sicher noch. 

So oder so. Eintracht!

Kommentare

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Danke, Kerstin! Mir hast du mit deinen Zeilen noch einmal einen Schub gegeben.

    Ja, einmal geht noch. Wir werfen gemeinsam alles rein, was noch drin ist, alles, was nach dieser kraft- und nervenraubenden Saison übrig ist. Und das muss reichen. Es muss einfach. Für die Eintracht. Für Marco Russ. Für Dich.

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    1. Ach Kid... Jetzt geht es der Katze Fiebi wie eurem tramp gegen Dortmund. Nass geweint. Danke dir sehr, dass du in diesen schwierigen Wochen auch hier im Blog dabei warst. Das bedeutet mir viel.

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  3. Das alles nochmal zu rekapitulieren und auch noch hinzuschreiben war sicherlich alles andere als einfach. Aber das kannst Du, Kerstin, halt auch: hinschreiben wo's wehtut (andere singen dahin, wie auch immer). Wenn die Mannschaft diesen Fokus nachher auch hat, woran ich nicht zweifle, denn ich traue das den Kovac Brothers zu, dann packt die Eintracht das heute, wieder mal. Ja!
    Gruß aus Schneetreiben (was mich leider daran hindert, zur Ablenkung auf einen Berg zu steigen) - ak / Matthias

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    1. Ist es schon durch den Schnee auf den Berg vorgedrungen? Ja. Ja. Ja. Und dieses Mal fallen die Steine nicht auf den Kopf, sondern vom Herzen.

      So froh, so froh.

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    2. Aber ja doch! YESSS. Feiert schön und dann guds Nächtle allerseits.

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  4. Ich sitze hier gerade im Büro und mir ist übel. Kann mich überhaupt nicht konzentrieren.

    Was für eine Achterbahn der Gefühle diese letzten Spiele. Frage mich, wo man da immer noch die Kraft und den Glauben findet.
    Zum Beispiel beim Lesen hier, wo mich die Suche hingeführt hat. Noch dieses eine Mal. Und dann heulen. Vor Trauer oder Erleichterung. Wir werden sehen...
    Wir packen das!

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    1. Jetzt sind es Glückstränen...was für eine Anstrengung... was für eine unglaubliche Erleichterung...

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  5. "Wir packen das. Klar. Wir packen das. Es dauert so lange es dauert. Wie oft kann man sich wieder und wieder pushen?"

    Wir können das, wieder und wieder, vor allem, da es keine Alternative gibt; da gilt der Satz mit den guten und schlechten Zeiten. Aber wie sieht es mit den Spielern heute abend aus? Ein Spieler kann den Verein wechseln, ein Fan nicht.

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  6. Und auch unsere Eintracht hat es gepackt in der ersten Liga zu bleiben. Zum Glück!!!
    Gute N8

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    1. Was für ein Glück. Geschafft tatsächlich geschafft. Es wäre so viel zu sagen (und wird zweifelsohne gesagt werden), aber jetzt ist einfach nur Erleichterung und Erschöpfung. Glückvac auch an Kowunsch. Hat Ansgar Brinkmann das eben gesagt? Sternenhimmel. Ein kaltes Bier. Regen. Wind. Gute Nacht ihr Adler, wo immer ihr seid.

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  7. Ihne Ihrn Sicherheitssprecher. Den hatten wir alle lieb :-)

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  8. Wie wärs mit:
    Erschöpft - Ausgeschöpft - Am Schopf?
    Schöpferisch wäre dann nächste Saison.

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