„Mehr Transparenz!“ – dafür weniger Durchblick? – soll es im
kommenden Jahr überall und auf allen Wegen – hier und hier und hier und hier –
geben. Nicht nur die Dinge, sondern auch die Debatten darüber werden immer transparenter - da ist es gut, dass es immer mehr Transparenzagenturen und Transparenzstellen gibt, die für Transparenz in der Transparenz sorgen. Ihr habt Glück: Gerade noch rechtzeitig, bevor das Jahr 2012 sich
endgültig verabschiedet, meldet sich die vollkommen eklektische, intransparente
rotundschwarze Schnipselstelle mit weiteren Jahresschnipseln 2012.
Januar und Februar-Schnipsel gibt es bereits – hier!
Und jetzt also weiter mit dem März und dem April.
Bei der CeBit in Hannover dreht sich alles um Wolken und wir
hoffen, dass wir mit der Eintracht nicht doch noch aus allen fallen. Nach der
Klatsche in Paderborn starten die Ostwochen. Zuerst kommt Cottbus ins
Waldstadion, auch der wieder genesene Martin Fenin ist mitgereist und besucht
Frauke und Beve vor dem Spiel auf der Waldtribüne – eine Welle von Sympathie
und Zuneigung schwappt ihm entgegen. Mensch, Maddin. Im Spiel rettet die
Eintracht mit Ach und Krach einen Punkt über die Ziellinie – in Rostock soll es
wieder besser werden. Wird es auch – wir gewinnen mit 5:1, was einmal mehr
beweist, dass das Ergebnis nicht immer etwas über das Spiel aussagt. Nach einer
2:0 Führung in der ersten Halbzeit erzielen die Rostocker in der 63. Minute den
Anschlusstreffer und das Spiel steht Spitze auf Knopf, bevor dann in der letzten
Viertelstunde (77., 84. und 87.Minute) die Treffer zum klaren Sieg fallen. Jubel.
Jubel. Jubel.
In den Rewe-Filialen wird bereits der
Adler-Uffstiegs-Schoppe verkauft, während die Eintracht an die „Selbstreinigungskräfte
in der Kurve“ appelliert und sich mit einer Anti-Pyro-Aktion (= 50.000 Euro für
die Knochenmarkspenderdatei, wobei sich die Summe bei jeder Untat um 1.000 Euro
verringert) in die Nesseln setzt. Wer nicht hören will, muss fühlen? Fragt sich
nur wer. Kreative Ideen hat auch das Sport-Gericht des DFB: Es nimmt
Auswärtsfans in Sippenhaft und verhängt Auswärtsfahrverbote für Fans der
jeweiligen Mannschaft. Beim Besuch der Dresdner im Waldstadion bleibt
dementsprechend der Gästeblock leer, gelbundschwarze Farben im Stadion sind
verboten, wilde Szenarien von all dem, was passieren könnte, werden gezeichnet.
Ich mag Dynamo nun wirklich nicht, bastele mir aber – jetzt erst recht, es geht
ums Prinzip - ein gelbundschwarzes Schleifchen. Unser Block ist gesprenkelt mit
Dresdnern, die man zwar nicht an gelbundschwarzen Klamotten, aber unschwer am
Dialekt erkennt. Lachen. Grinsen. Schulterklopfen. Fußballfans wie du und ich.
Kurz nach Anpfiff in der Ostkurve: Eine Menschenwelle von links, die aus den
benachbarten Blocks in den Block hinter dem Tor drängt. „Dünamou“ skandieren
sie. „Dynamo“, echot es ihnen aus der West entgegen. Wechselseitiger Applaus.
Geht doch. Und das Ergebnis des Spiels – 3:0 für die Eintracht – kann sich auch
sehen lassen.
Die Stimmung im Waldstadion beim Dresden-Spiel war
beeindruckend – das Spiel der Eintracht bei Union Berlin eine Woche später wird zu einer Demonstration,
ach was: zu einem Fest - gegen den DFB und Pro vereinsübergreifender Solidarität
und Fankultur. Eigentlich dürften an diesem Montagabend im März keine
Frankfurter im Stadion sein – sie sind aber da und werden von den Berlinern
eiserneinträchtlich willkommen geheißen. „Die Mauer muss weg!“ Intoniert das
ganze Stadion, die Ordner greifen nicht ein, als die mitgereisten Eintrachtler friedlich den
Gästeblock entern. Die 11 Freunde berichten
über „das friedlichste Event seit Woodstock.“ Die Eintracht gewinnt mit 4:0.
Passend zu den ostdeutschen Wochen der Eintracht läuft in
Leipzig gerade die Buchmesse, in einer Buchbesprechung erfahre ich
Wissenswertes über den Kokovorismus, eine Zurück-zur-Natur-Bewegung, die sich
vor allem dadurch auszeichnet, dass ihre Anhänger sich fast überwiegend von
Kokosnuss ernähren, um so der Erleuchtung näher zu kommen. Alles hängt von der Verdauung ab – und vom
Kopf, weil der der Sonne (und dem Tor) am nächsten ist (und vermutlich auch deshalb, weil er die größtmögliche
Ähnlichkeit mit einer Kokosnuss aufweist). Oh Herr, schmeiß Hirn vom Himmel
muss dann wohl „O Herr schmeiß Kokosnuss vom Himmel“ heißen – vielleicht ja
nicht die schlechteste Lösung.
Vor hundert Jahren ging Karl May in die ewigen Jagdgründe
ein. Ich blättere noch einmal im Kapital und wundere mich, dass nach 50 Seiten
immer noch keine Indianer auftauchen.
Markus Lanz wird neuer DFB-Präsident,
Wolfgang Niersbach wird Bundespräsident und Joachim Gauck wird
Nachfolger von Thomas Gottschalk. Wetten, dass?
Endlich. Am Ende des Monats ist die Eintracht Spitzenreiter.
Und am Samstag nach dem
Freitagabend-3:0-Heimsieg gegen den VFL Bochum (je ein Tor von Mo, Alex und
Jimmy) ist es zum ersten Mal in diesem
Jahr warm genug für ein Frühstück im Freien.
April
Fortuna Düsseldorf kommt ins Schlingern – fast sieht es so
aus, als ob die in der Rückrunde mit dem Hintern alles wieder kaputt machen,
was sie in der Vorrunde gut gemacht haben. Nicht, dass mich das irgendwie
beunruhigt – aber auch der Aufstiegsweg
der Eintracht bleibt holpriger als erhofft. Sieben, sechs, fünf Spieltage vor
Saisonende schon alles klar machen -
daraus wird nichts. So ganz glatt und einfach wird uns die Rückkehr in die
erste Liga dann doch nicht gemacht. In
Duisburg klappt gar nichts – die Eintracht verliert mit 2:0. Auch im folgenden
Heimspiel gegen Ingolstadt langt es nur zu einem Unentschieden. 30. Spieltag,
zwei Punkte bis zur Spitze, immer noch 5 Punkte vor dem Relegationsplatz. Was
soll da noch schief gehen? Und doch: Da
ist sie wieder die leise Panik. „Der
eine pfeift, der andere hält sich den Kopf“, kommentiert Heribert Bruchhagen
die Unmutsbekundungen im Stadion. Ich
gehöre eindeutig zur „hält-sich-den-Kopf-Fraktion.“
Günther Grass sorgt
sich darum, dass Europa geistlos verkümmert und tritt auch selbst gleich den
Beweis an – er schreibt ein wichtiges Gedicht und veröffentlicht es in allen
großen Tageszeitungen. Pirmin Schwegler dagegen lässt Taten sprechen und verlängert
frühzeitig seinen Vertrag bei der Eintracht. O du Pirmin.
Levon Helm, großartiger Drummer, Sänger, Mitbegründer von
„The Band“ und eine der Stimmen Amerikas,
hat seinem Krebsleiden noch viele Jahre abgetrotzt – jetzt stirbt er.
Wide River to cross.
In einem vollkommen abgedrehten Spiel gewinnt die
Eintracht ihr Heimspiel gegen Aue. Das
Stadion hüpft, Schals grinsen, die Welle
wogt. 4:0. Alex Meier, Fußballgott, wird
nach dem Spiel hier im Blog zum 10. (zehnten!) Mal in dieser Saison zum Spieler der Stunde gekürt. Jetzt kann uns nichts mehr passieren, wir sind
so gut wie, ach was: Wir sind durch.
Der Frühling bricht aus. Die Bäume sind noch kahl, aber der
Himmel ist blau. Während Greuther Fürth am Bornheimer Hang mit einem 1:1 den
Aufstieg klar macht, verbringen mein Mit-Adler und ich einen schwebend aus der
Welt gebeamten Nachmittag nebenan auf der Dippemess. Drei Tage später gewinnt die
Eintracht mit 3:0 bei Alemannia Aachen. Back where we belong. Jetzt. Wirklich. Wieder da. Beobachte den überschwänglichen Jubel vor dem Bildschirm.
Alex Meier wird auf Händen vom Platz getragen. Kreischen. Jubeln. Tanzen. Lachende
Fäuste recken sich in den Himmel, glückliche Fahnen, wehende Gesichter. In all dem Jubel werde ich ganz still. Abends
löse ich das Versprechen ein, dass ich mir vor der Saison selbst gegeben
habe: Mit wehendem Eintracht-Schal drehe
ich bei Nieselregen mit dem Auto eine Runde durch Straßen und Gassen des bereit
schlafenden, rheinhessischen Örtchens, in dem ich lebe. Der kleinste Autokorso
der Welt. Einmal zum Rand der Welt und zurück. Die Adler fliegen
wieder. Der Waldmeister blüht.
Danke Kerstin....
AntwortenLöschenwib
Viel passiert. So viel, dass man schnell vergessen könnte. Dabei lohnt sich das Erinnern. Danke, Kerstin.
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