Ich bin waschechte Hessin, lebe und arbeite seit vielen Jahren in der Nähe von
Mainz und (ich glaub, ich hab's hier mitunter schon mal erwähnt ,-): Ich mag Mainz mit all seinen
Kuriositäten, Wurschdelischkeiten,
alteingesessenen Geschäften, dem Fastnachtsgedöns, den Festen, der
Altstadt, dem Dom, Rhein, Theater – und bin der festen Überzeugung, dass Mainz 05 und Mainz nicht so fürchterlich
viel miteinander zu tun haben, wie sie gerne denken und wie es in der
Öffentlichkeit vermittelt wird. (Darüber
hab ich hier im Blog das ein oder andere Mal schon geschrieben – wer mag z.B.
hier)
Die Frankfurter Eintracht ist in Mainz – da beißt die
Maus keinen Faden ab - so etwas wie der Erbfeind, der Inbegriff des Bösen und
Garstigen. Wenn man mit einem Eintracht-Schal durch die Stadt geht,
weichen die Menschen zurück, bekreuzigen sich, halten einem eine Knolle Knoblauch entgegen und bilden eine Gasse. (Na ja, das ist vielleicht ein klitzekleines bisschen übertrieben, aber nur ein bisschen). Unvergessen jedenfalls der ca. 1,50 große Youngster, der
sich am Mainzer Hauptbahnhof vor mir in meiner Eintrachtregenjacke, aufbaute,
wild gestikulierte und rief: „Heeey, du…rausausmeinästadt.“ Mainzer, die mich
neu kennen lernen und nett finden, können es nicht glauben: „Eeeeeeeeecht? Du bist
Eintrachtler?“ Wie kann das sein? Da
geht’s mir wie Sebastian Vettel: Witzig, klug, unglaublich kultiviert,
einigermaßen ordentlich gekleidet, bildhübsch *g – und trotzdem Eintrachtler. Sache gibt’s.
In den letzten Wochen hat die Stimmung in Mainz sich ein
wenig gewandelt. Der Hype um die 05er ist einer gewissen Normalität gewichen,
im Blick nach Frankfurt schwingt häufig eine Art Anerkennung mit: „Ihr
spielt ja echt richtig gut.“ Das freut mich, wenn so ein Satz - ein bisschen verdruckst und widerwillig - von Freunden kommt, bei denen ein trauriges Schicksal es nun einmal so gewollt hat, dass sie 05er werden. Als allgemeine Stimmung ärgert es mich - aaaaaaargs, was für eine Bigotterie. Mir ist es z.B. schnurzpiep egal wie gut die
Bayern oder ggf. die Mainzer Fußball spielen: Ich mag sie halt einfach nicht.
Das letzte Spiel gegen die 05er liegt jetzt knapp eineinhalb
Jahre zurück. So fern, so nah. Ich erinnere mich noch erschreckend gut an diesen Tag – kein Wunder, war ja eine
Art D-Day. Ich fürchtete mich vor diesem Spiel, ganz
schrecklich, und nährte tief in mir doch die wilde Hoffnung, dass unsere
Mannschaft es nicht zulassen würde, dass wir in Mainz verlieren. Diese apokalyptische, deprimierende,
gruselige Rückrunde – sicher war es eine höhere Fügung, dass ein so
wichtiges Spiel kurz vor Saisonende ausgerechnet hier in Mainz stattfand. Hier
genau hier, würden wir dieses vermaledeite eine Spiel gewinnen, und den Abstieg
verhindern. In meinen Ohren klang noch
der Vorsitzende der TV-Kappesitzung, der
im Februar verkündet hatte: „So
richtig gut wird die Saison für die 05er erst dann, wenn die Frankfurter
Eintracht abgestiegen ist.“ So was nehme ich übel, sehr übel. Das bleibt
hängen. In Mainz schien die Sonne, die Stadt war rotundschwarz getupft, ich
begegnete lieben Forums-Adlern auf dem Markt, war am Rhein, um den
Adlerschiffen beim Anlegen zuzusehen.
Ein paar Stunden später war – wie Mutter Kempowski gesagt hätte – alles in Dutt. Die Eintracht ein rauchenderTrümmerhaufen, in dem es nicht einmal mehr zuckte. Merkwürdigerweise hat dieses
Spiel meine wilden Ablehnungsgefühle gegen die 05er eher abgemildert als
verstärkt: Die haben einfach nur ihren Job gemacht. Sie waren auch nicht
schuld, dass wir abgestiegen sind, haben uns nicht einmal den Gnadenstoß
gegeben. Sie können uns gar nichts anhaben, selbst wenn sie wollen. Das machen wir schon selbst, ganz alleine.
Wie bei allen Heimspielen gegen die 05er in den letzten
Jahren ist auch heute wieder ein grauer, trüber Vorwintertag. Heute steht eine
andere, eine neue Eintracht auf dem Platz. Adler auf Höhenflug, Europa ist schon in Sicht
– die rotundschwarze Wolke schwebt weiterhin strahlend hell und leuchtend hoch oben am Himmel.
Erstmals in dieser Saison hat uns das Verletzungspech am
Wickel. Kein Grund zur Panik – uns bzw. unserem Trainer (jawohl, lieber Heribert Bruchhagen) wird schon etwas
einfallen. Wenn ich richtig zwischen den Zeilen der PK-Äußerungen von Armin Veh
lese, könnte es gut sein, dass wir heute
Abend in der Innenverteidigung eine
Premiere erleben. (Ja, ja, ja - trau dich!!) Und nach vorne, ach – nach vorne geht sowieso immer was. Gebe
hier schon mal zu Protokoll: Sollte es Jimmy Hoffer sein, der heute mit
aufläuft, bin ich mir sehr - also wirklich: sehr - sicher, dass er ein Tor machen wird!
Und
ansonsten immer dran denken, was unser Trainer sagt: „Es ist (net so) wichtig, gegen wen es heut geht.“
Sieg – und sonst gar nichts!
*Zitat Ruth Wagner im Rahmen der PK vor dem Mainz Spiel - mit Blick auf die noch verfügbaren Tickets.
Soviel Zeit, diesen launigen Beitrag zu lesen, musste jetzt doch noch sein. Schee!
AntwortenLöschenUnd mach Dir nix draus, den O Mund und die aufgerissenen Augen kenne ich auch. Ich werde, wenn überhaupt mit Fußball, dann doch "wenigstens mit (sagichjetztmalliebernicht)" in Verbindung gebracht *ggg*
Teller Suppe, warm einpacken, und los gehts.
LG an die waschechte Hessin von der ebenso waschechten
Sarroise
Ein wichtiges Spiel, eigentlich DAS wichtigste Spiel für alle Adler, die in und um Mainz leben. Ich hoffe sehr, dass wir heute gewinnen. Das würde dann auch die Schmach der Niederlage in der Abstiegssaison ein bißchen wieder gut machen. Forza SGE!!
AntwortenLöschenHeimsiech!!Wobei ich als mittelalter Middlehesse finde,das dieses Rivalitätsgehabe der Mainzer gegenüber der Eintracht dem Mangel an Traditionsduellen geschuldet ist die in der Zeit Oberliga Südwest nie stattgefunden haben(Äätsch!).Tradition hat es noch nicht gegen die SGE,vielleicht in 20 Jahren. Dass sich Eintrachtler meinen,ein neues Feindbild suchen zu müssen, liegt wohl daran,das sich in den letzten 10 Jahren Lautern und die SGE zu selten die Klingen gekreuzt haben, da immer im Wechsel 1./2.Liga, und die alte Feindschaft mit Fechenheim-Süd gibts nur noch im Pokal.(P.S:mein Nickname lässt auf Lauternfan schließen,war aber von meinen Mannschaftskameraden auf meine Statur+Spielweise gemünzt worden,ähem)
AntwortenLöschenP.S.:mit meinem Frankfurter Nummernschild(seit 1993) und den Eintracht-Kennzeichen bekomme ich bei Auswärtstouren auch öfters mehr oder weniger ernst gemeinte Kommentare von wegen Drogenhändler,Hauptstadt des Verbrechens,Ultras als potentielle Straftäter usw.,aber ich habe es aufgegeben,da noch Erklärungen/Berichtigungen zu machen, oder gar zu Missionieren.
AntwortenLöschenIch kann heute nichts schreiben,mein Kopf ist total leer.Stehe immer noch unter Schock.Konnte überhaupt nicht schlafen-
AntwortenLöschenEinen Tag später, eine Enttäuschung und einige Erkenntnisse reicher. Ach, Mensch...
AntwortenLöschen@Sarroise: Ich ahne, welcher Verein gemeint sein könnte... *g
@KastelSGE: In den vergangenen Wochen hab ich - wenn ich in Mainz unterwegs war - meinen Eintracht-Schal meistens zu Hause gelassen (bin ohnehin - Armbändsche, Handytäschje, Regenjacke - als Eintrchtler erkennbar) - wenn die Eintracht oben schwimmt, muss ich nicht damit hausieren gehen. Hammer net nötig. Am Samstag geht der Schal ganz bestimmt mit auf den Markt. Sollen sie ruhig glauben, sie hätten uns "gedemütigt" oder so was - sollen sie denken was sie wollen. Wir! Uffrescht wie die Sparschel!
@Briegel: Wollte das neulich schon fragen, ob dein Nick irgendwas mit der "Walz aus de Palz" zu tun hat... aaah so ist das - dann kann ich mir ja ungefähr eine Vorstellung von dir machen :)))
Ja, genau... Eintracht gegen die 05er - das ist sozusagen Lack-of-Traditionsderby-Kompensationsderby.
@Happy: Musste gestern in all meinem eigenen Elend dauernd an dich denken. Für dich hängt das Spiel ja noch viel höher. Jetzt wieder die ganze Kampagne über die blöden Sprüche. Lasse schwätze - es gibt ja auch noch ein Rückspiel. Und am Ende der Saison winken wir ihnen aus Madrid, Mailand oder Liverpool :)
Einträchtliche Grüße in alle Richtunge, K.