Bilder, die bleiben. Der Moment in dem Sonny Kittel am Boden liegt, die Hände vor dem
Gesicht, die Tränen laufen ihm über die Wangen. Haris Seferovic, der sich über
ihn beugt, ihm Mut zuspricht. Hey, wird schon nicht so schlimm sein. Die
Hoffnung war leider trügerisch. Doch, es ist schlimm, richtig schlimm. Wieder
ein Kreuzbandriss und Sonny schien es vom ersten Moment an gewusst zu haben. So
glücklich war er, noch vor zwei Wochen im HR Heimspiel, endlich wieder so weit,
auf dem Platz zu zeigen was für ein feiner Fußballer er ist. Deutlich
machen, dass er an den Rückschlägen gewachsen ist, dass er es schaffen
kann, ein ganz Großer zu werden. Einfach froh. Jeden Tag wieder zum Training
gehen. Fußball spielen. Und jetzt das. Wieder das Knie. Wieder neu
anfangen und die Hoffnung, dass er die Kraft findet, um sich noch einmal
heranzukämpfen und dass sein Körper ihm das auch gestattet. Gedanken an
Christoph Preuss schwirren durch meinen Kopf und ich schiebe sie ganz, ganz schnell nach hinten. Nein, nein, nein, das darf nicht sein. Sonny, du schaffst
das.
Auch sonst liegt die Niederlage in Bremen
heute wie ein schwerer Schatten über dem Tag und meinem Gemüt. Dort, wo mein
Herz ist, brennt ein feiner kleiner Schmerz. Mein Magen tut mir weh. Nein, nicht wegen oder zumindest nicht vorrangig wegen des Spieles gestern in Bremen. Ich habe ein fehlerhaftes, deutlich verbesserungswürdiges Spiel, aber kein Desaster auf dem Platz gesehen. Und: Ich habe keine Angst,
dass wir noch in Relegationsnot geraten (das ist schon spielpaarungstechnisch - selbst
wenn wir gar keinen Punkt mehr holen - so gut wie unmöglich). Wie im Schuh des
Manitou ist es die Gesamtsituation, die mir auf der Seele lastet und die
durch das Spiel gestern nicht wirklich besser geworden ist.
Ich gehöre nicht zu denen, die es
"schon immer gewusst haben", sondern war zum Beginn der Saison der
festen Überzeugung, dass Thomas Schaaf ein guter Trainer für die Eintracht sein könnte.
Ich habe sogar - ich mag mich täuschen - System und die Idee erkannt, die
Schaaf auf dem Spielfeld mit der Eintracht umsetzen möchte, habe in erkennbaren
Fehlern auch immer die Möglichkeit zum Guten erkannt. Das ist die eine Seite.
Die andere ist: Schon relativ früh in der Saison glaube ich gemerkt zu haben,
dass Thomas Schaaf hier in Frankfurt nicht wirklich erwünscht war und keine Chance haben würde. Warum auch
immer. Bruchhagen-Zementfraktion? Stillstandsbefürchtungen? Machtspiele? Ich
weiß es nicht und bin mir nicht sicher, ob ich es überhaupt wissen will.
Gedanken darüber mache ich mir natürlich – wenn ich die Stiche in Herz- und
Magengegend fühle: Wahrscheinlich sogar zu viele.
Das vielköpfige Bremer Trainergeschwader hat, so vermute ich, nicht viel dafür
getan, sich beliebt zu machen. Sie haben deutlich gemacht, dass sie ihre
eigenen Vorstellungen haben. Die Veh-verwöhnten Journalisten waren -
sagen wir mal: - von Schaafs Auftreten nicht angetan und auch mannschaftsintern hat Schaaf sich durch
seine Personalentscheidungen - Meier, Aigner - nicht viele Freunde gemacht,
seinen Führungsstil durchgezogen und einige schwer nachvollziehbare
Entscheidungen getroffen. Ich kann nur vermuten, dass sich - wie im
äußeren Umfeld - auch im inneren Kreis sehr schnell Freunde und Gegner von
Schaaf auseinander sortiert haben. Spieler, die - je nach Temperament,
persönlicher Verfasstheit und Persönlichkeit - mit der Situation umgehen: Das
Beste daraus machen, sich wegducken, sich - aus Überzeugung oder Opportunismus
- auf die Seite des Trainers schlagen, ihre Chance suchen oder eben auch nicht.
Einzelne Spieler werden dabei fast schon zur tragischen Figur. Inui kommt
mir zum Beispiel in all dem immer mehr vor wie der Ägypter in "Asterix als
Legionär": Er versteht nicht, was da gerade abgeht, irrt herum und versucht sich die
unverständlichen Zeichen irgendwie zu deuten.
Das gleiche Spiel – so reime ich es mir zusammen - auch außerhalb
des Platzes. Verantwortliche, die sich hinter den einen oder anderen stecken, sicher
nicht zufällig oder unabsichtlich merkwürdige Dinge sagen und zu Protokoll
geben, vielleicht, weil die eine oder andere Position sich besser mit ihren
persönlichen Interessen deckt. Journalisten, die Spielern hinter den Kulissen
gerne mal auf den Zahn fühlen. Wie dies halt so läuft, wenn es so läuft. Sich wechselseitig Zucker geben, immer weiter hochschaukeln, Chancen erkennen, um persönliche Rechnungen begleichen. Irgendwann war alles, was Schaaf richtig macht - und da gibt es (soweit ich das von außen beurteilen kann) einiges,
alles voran den Umgang mit den jungen Spielern - egal und wurde gegen ihn
verwendet. Gute Spiele, spielerische Ansätze, Siege - alles Zufall.
Schaaf kann - das ist, denke ich, in den
vergangenen Wochen immer deutlicher geworden - von sich aus die Situation nicht
auflösen. Er ist, wie er ist, versucht die Widerstände - so er sie erkennt - zu
ignorieren, verschärft sie durch seine Personalentscheidungen möglicherweise
sogar noch, und zieht sich in eine Art Wagenburg zurück. Ich zitiere mal einen
Kommentar eines geschätzten Adler-Freundes hier aus dem Blog: „Beim Trainer
meine ich zunehmende Entwicklung von offen, locker, unternehmend hin zu stur,
umständlich, Rückzug hinter die Pallisaden festzustellen.“ So empfinde ich das
auch. Nach meinem Eindruck ist das bei den Spielen sogar fast physisch sichtbar: Die Mannschaft steht auf dem Platz. Schaaf gestikuliert in seiner eigenen
Welt am Spielfeldrand. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, es ist als
sei da ein unsichtbarer Vorhang zwischen Spielfeldrand und Spielfeld
heruntergefallen, ein Gefühl, dass sich z.B. auch in den merkwürdigen
Pressekonferenzen, die die Eintracht in letzter Zeit abhält, wiederspiegelt:
Kein Dialog, sondern Verkündigungen, in denen die gewünschte Leseart auch ohne
Fragen der Journalisten vermittelt wird. Einen fast schon absurden Akzent
setzen daneben die Eintracht TV-News, die ich mir nur sehr selten anschaue,
weil sie sich - bei aller Professionalität - auf einem schmalen Grat zur Realsatire
bewegen.
Ob das alles so hat kommen müssen? Ob die
Situation auch so gekommen wäre, wenn Schaaf nicht von Heribert Bruchhagen
inthronisiert worden und stattdessen hier mit Hurra begrüßt, seine Ideen
begeistert aufgegriffen worden wären? Sind die Fehler (z.B. die
"ohne Meier nicht bundesliagtaugliche Mannschaft",
die wir jetzt beklagen), nicht vielleicht bereits in der vorhergehenden Saison
gemacht worden? Warum sind Veh-Fehler verzeihbar und Schaaf-Fehler ein Indiz
für Inkompetenz? Ob Schaaf ein guter Trainer für die Eintracht hätte sein
können? Ich bin mir fast sicher, dass wir das nicht mehr feststellen
werden können.
Es liegt mir fern, in das "Trainer
raus"-Horn zu stoßen - im Gegenteil, die Rufe machen mich widerständig -
aber es wird - jetzt oder später - so enden. Mehr als ein Hauch des
Funkel-Klimas von vor zehn Jahren liegt in der Luft. Funkel ist damals - im
wörtlichen Sinn - öffentlich bespuckt worden und es hat nur gefehlt, dass er nicht
auch noch geteert und gefedert worden ist. Schaaf dagegen wird quasi zur
Unperson erklärt, jemand, der es nicht einmal mehr wert ist, ihm weitere Beachtung zu schenken oder sich mit ihm auseinanderzusetzen. So richtig lustig
kann ich auch das nicht finden.
Wir sind in der Betrachtung und bei den Fragen nicht weit auseinander. Wobei ich finde, dass ausnahmslos alle ihr Scherflein dazu beigetragen haben, dass es so wurde, wie es ist.
AntwortenLöschenDie Risse, auch die tiefen, sind schon länger da, meine ich. Zwischen Hellmann und Bruchhagen. Zwischen Bender und Hübner. Zwischen Aigner/Flum/Meier und Schaaf. Lediglich kaschiert durch vorübergehende Erfolge. Und wenn der ausbleibt, der Erfolg, dann kommt das zum Vorschein, was man auch entdeckt, wenn der Schnee schmilzt.
Und auch das "Umfeld" war sich noch selten einig. Die Unterschiede werden durch das Internet möglicherweise sichtbarer als früher. Und für den, der viel im Internet liest, wird das Ganze im Vergleich eindringlicher und lauter.
Bei mir fand die Zäsur 2008/09 statt. Ich habe nicht vergessen, wie allein ich mich beim Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim fühlte. Und ich habe nicht vergessen, wie der heutige "Fußballgott" Meier behandelt wurde, als Caio noch für den Heilsbringer gehalten wurde und Dummbatze das miese, verlogene Gerücht streuten, Meier werde nur gestellt, weil er was mit „Funkels Tochter“ habe.
Letztendlich war ich jedoch so selbstgerecht und überheblich wie die, denen ich am liebsten eine gelangt hätte. Weil ich meinte, etwas verstanden zu haben. Manchmal tue ich das noch heute. Und bin dann wieder der Narr, der ich damals schon war.
Lieber Kid,
Löschenwenn du etwas nicht bist, dann selbstgerecht und überheblich. Damals, unter Funkel, ging es irgendwann nicht mehr um Fußball. Möglicherweise hätten Funkel/Bruchhagen eher die Konsequenzen ziehen müssen, möglicherweise war der Funkel-Fußball überholt - nichts, aber auch gar nichts, rechtfertigt es, dass er deshalb bespuckt, unflätig beschimpft und durch die von dir angeführten Dummbatze verunglimpft worden ist. Auch bei mir hat sich diese Eintracht-Phase tief eingegraben.
Von dem, was damals mit Meier getrieben wurde, sind wir - ich hoffe, ich täusche mich - gar nicht mehr so weit entfernt. Auch am Ende dieser Saison (und vielleicht über sie hinaus) könnten diejenigen in der Mannschaft, die den Trainer unterstützen und einen Stammplatz in der Startelf haben, es sein, die am Pranger stehen. Ob der Stammplatz mit der gleichen Wellenlänge zum Trainer zu tun hat, ob es verständlich ist, dass ein Trainer vor allem die Spieler stellt, bei denen er denkt, dass sie mitziehen und mit ihm auf einer Linie sind – vollkommen egal. Marco Russ scheint mir …mmh… ganz gute Karten zu haben, in der öffentlichen Ungunst in die Meier-zu-Caio-Zeiten-Fußstapfen zu treten. Schon jetzt ist er, der mit dem „Sonderstatus“. http://www.fr-online.de/eintracht-frankfurt/marco-russ-der-mit-dem-sonderstatus,1473446,30609936.html,.
Man könnte sagen: „Russ, einer der wenigen, der sich noch den Hintern aufreißt, der sich trotz kaum überstandener Verletzung in die Pflicht nimmt, der Verantwortung übernimmt, denen die Querelen um den Trainer schnurz sind und dem es um die Eintracht geht“. Stattdessen ist Russ als ausgemachter Trainerliebling fast schon per se unten durch. Was für ein Glück, dass er glücklich verheiratet ist und die Tochter von Schaaf im Ausland studiert. Na ja, vielleicht kann die Frau von Russ sich stattdessen mit der Frau von Schaaf zum Kaffekränczen treffen. Schaaf „umgibt“ (http://www.weser-kurier.de/werder/werder-bundesliga_artikel,-Schaafs-Zukunft-in-Frankfurt-ist-ungewiss-_arid,1112217.html) sich ja gerne mit Gleichgesinnten. Möglicherweise liefert Heribert Bruchhagen dann den Apfelkuchen.
Die großen Gelangweilten der Welt haben darauf verzichtet, dem vulgus plebs immer wieder zu versichern, wie tiefgründig und erkenntnissatt sie gelangweilt sind und waren stattdessen erstaunlich produktiv.. Die hier und jetzt und in Sachen Eintracht immer wieder aufs Tapet gebrachte Langeweile ist unglaublich langweilig, also kann man sie getrost links liegen lassen. Und stattdessen spazierengehen; vielleicht sogar mit einem Bremer Sonnenhund (oder zumindest einem solchen Sonnenhut). Und wenn man das Spiel ernst nimmt, sollte man derzeit zumindest für den vom Schicksal arg gebeutelten Sonny Kittel viel Empathie aufbringen. Ansonsten möchte ich mich meinem Vorschreiber anschließen: Dier Lageschilderung stimme ich zu. Gruß, C. PS Erlaubt ist alles, außer was langweilt. (Voltaire)
AntwortenLöschenMach es wie der Sonnenhund,
Löschengeh ins Freie-
leb gesund ,-)
Es geht mir mit allem genau wie dir, liebe Kerstin. Wegen Sonny und wegen allem.
AntwortenLöschenMehr habe ich dazu gar nicht zu sagen. Es tut weh.
Ach Nicole. Eigentlich denke ich auch, es ist das Beste, nichts zu sagen und das alles möglichst auszublenden. Manchmal kann ich sogar darüber lachen. Das hält leider nicht lange vor und dann habe ich das Gefühl, ich muss es aufschreiben, bevor ich daran ersticke.
LöschenDas Netz des „Wehe, wehe“ wird jetzt verstärkt schon über die nächste Saison ausgebreitet. Wer sich über den – immerhin doch möglichen – Heimsieg gegen Hoffenheim freut, gehört potenziell zu denjenigen, die die Saison „schön reden“ . Es steht jetzt bereits fest - und: „Wir werden es gewusst haben.“ -, dass die nächste Saison noch viel, viel schlimmer wird und - angesichts der uneinsichtigen Verantwortlichen notwendigerweise im Desaster enden wird. Es ist ein ausgesprochen günstiger Zeitpunkt, um die kommende Saison in schwarzen Farben zu zeichnen: Der Dauerkartenvorverkauf ist gerade gestartet. Da die prognostizierte Leere im Waldstadion sich partout nicht einstellen will, kann sich ja vielleicht in dieser Hinsicht mit Blick auf die Dauerkarten etwas tun und so auch der wirtschaftliche Druck auf die Eintracht argumentativ unterfüttert werden? Ich warte jetzt bereits auf die entsprechende Schlagzeile: „Quittung für Rückrunde des Grauens – Dauerkartenverkauf der Eintracht im Sinkflug“
Es gibt im Alemannischen, lieber Kid, den guten und alten Roman „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant. Wir sind viele.
AntwortenLöschenDeine Beschreibung und Einschätzung der Lage teile ich voll und ganz, liebe Kerstin. Was sozusagen im Kern passiert, ist nicht einmal das, was aufregt; das ist irgendwie faktisch und, ja, passiert halt. Sehr unangenehm dagegen sind die Folgeerscheinungen, die Zwischen-Spielchen, Positionszüge etc. Und, wie ich finde, nochmal ein Stück weiter in Richtung Karikatur: die rhetorischen Spitzentänzlein und Eitelkeiten, die auf die Dauer schal und langweilig werden und auch, altmodisches Diktum, etwas unwürdig. So wie etwa das zum 50 + wievielten Male einander Versichern, wie gelangweilt man ist, wie wenig das noch interessiert, womit man sich statt dessen viel besser beschäftigen kann. Täte man es doch. Aber nein, es wird mit großem Aplomb und unter vielfachem Spiegeln und Widerspiegeln zelebriert.
Die Risse gehören ganz pathetisch zur Liebe zur Eintracht, es lässt einen nicht ungeschoren, was eine echte Diva ist, mutmaßlich eine nähere Verwandte der Vampyresse als man wahrhaben möchte.
Nur bitte: keine Magenschmerzen. Vorschlag: Kazz-Wotsching, tiefenentspannend
Deppen wie wir Und, ja, ein Schiff ohne Risse ist doch eigentlich gar kein richtiges Schiff, zumal wenn es ein Narrenschiff ist. Es wird schon weiter schaukeln. Ob wir mit ihm oder es mit uns, bleibt abzuwarten.
LöschenWas haben ein Meteorit und die Eintracht gemeinsam?
0 Die Einschläge kommen näher
0 Auch der kleinste Teil, enthält im Kern das Ganze
0 Manchmal findet man nur noch kleinste Partikel und Rudimente.
0 Außen unscheinbar, Innen ein wilder, glühender Kern
0 Erst glüht es und dann wird es zur Asche
0 Beide überdauern alle Zeiten
…und noch?
Was ich bei dem Foto witzig fand: eine Ebene, übersät mit einer Unzahl schwarzer und absolut identischer Punkte. Und an einen davon, warum auch immer, mit der Nadel gepinnt: "Meteorite". Ins Einträchtige übersetzt würde das heißen: "der/die/das Schuldige".
AntwortenLöschen:) Mein Opa hätte gesagt: Es trifft sowieso immer de rischdische. Merke: Es geht den Meteoriten wie de Leut.
AntwortenLöschenDas dürfen wir als gesichert festhalten.
AntwortenLöschen"And now for something completly different!": wie wäre es, "Sirius" durch "Always look on the.." zu ersetzen, wenigstens in den letzen beiden Heimspielen, um der total verfahrenen Situation im Verein unseres (gebrochenen) Herzens einen passenden Unterton zu verschaffen?
AntwortenLöschen... und der Schiri übernimmt den Pfeifen-Part : - )
AntwortenLöschenDann wollen wir mal hoffen, dass kein falscher Ton dabei ist.
AntwortenLöschen