Die Eintracht bleibt ihrer Linie treu – wackelig in der Liga, erfolgreich (wenn auch nicht wirklich überzeugend) auf europäischer Ebene. Die Niederlage in Hoffenheim hätte nicht sein müssen, hat aber einmal mehr gezeigt, dass es für uns in der Bundesliga in diesem Jahr echt schwer werden wird, mehr als einen Blumentopf – sprich einen Platz irgendwo im einigermaßen gesicherten Mittelfeld (Elfter?) – zu ergattern. Aber da ist ja zum Glück noch Europa. Hätte nicht gedacht, dass wir es schaffen bei Fenerbahce den Gruppensieg und die Pause bis März noch klar zu machen, aber wer kann schon verlässliche Prognosen anstellen, wenn Europas beste, aber auch unberechenbarste Mannschaft auf dem Platz steht. Schon zur Halbzeit war ich (gestärkt auch durch den Blick nach Antwerpen) recht sicher, dass da nichts mehr anbrennt. Ähnlich dachten sich das wohl auch die Jungs auf dem Platz und entsprechend ermüdend war das Ballgeschiebe in der zweiten Halbzeit. Egal, klar. Hauptsache durch, Hauptsache Gruppenerster. Schön anzusehen war es halt trotzdem nicht.
Bleibt abzuwarten, ob die Bundesliga Berg- und Talfahrt am Sonntag gegen Leverkusen weiter geht. Ich tippe mal auf ein 1:1, mit möglichem Last minute-Treffer von Paciencia in der 93. Minute. Wie ich vom Sky-Reporter beim Spiel in Hoffenheim gehört habe, konsultiert Oliver Glasner vor jedem Spiel einen Soziologen (!?) – von wegen der gruppendynamischen Prozesse - und vielleicht ja auch von wegen der Wissenschaftlichkeit. Mal kurz an der Kabinentür lauschen... 1. Adler: „Also ich finde, wenn wir mehr Gruppendynamik hätten, dann könnten wir die Passquote deutlich verbessern.“ 2. Adler: „Mehr Gruppendynamik ist auch super für die Zweikämpfe.“ 1. Adler: „Und für den Abschluss in der (!)Box…“ Alle: „Cool, dann machen wir das doch.“
Und was war sonst?
Karl Lauterbach ist jetzt Gesundheitsminister. Was hat er mit der Eintracht gemeinsam? Richtig: Wir sind die Mannschaft, er ist der „Gesundheitsminister der Herzen“ . #WirWollenKarl hat es geschafft. Mutanten, Varianten, Aerosole, Gefährder aller Art, nehmt euch in Acht - jetzt wird euch der Garaus gemacht. Karl wird es richten, wissenschaftlich richten, versteht sich. Schnell machen Memes die Runde, in denen Karl, der Große, mit einem ultimativ verheerenden Schmetterball an der Tischtennisplatte auch den letzten Impfgegner in die Schranken weist. Hosiana. Endlich wieder Hoffnung. Ob Jens Spahn jetzt den freigewordenen Platz in den Talkshows übernimmt?
Zweitimpfung war gestern. Jetzt macht erst der Booster aus einem Geimpften einen vollständig immunisierten Menschen. Ich folge spontan einem Aufruf in unserem Nachbarort, nach dem in der dortigen Turnhalle kurzfristig Moderna "verimpft" wird. Mit einem leicht unbehaglichen Gefühl fahre ich die kurze Strecke durch das kahle Hinterland, ein paar müde Schneeflocken schweben über den Äckern. In der gähnend leeren Halle, die den Geruch und die Melancholie aller Turnhallen dieser Welt vereint, verirrt sich der ein oder die andere Booster-Willige. Hallo hier. Guude, da. Impf-Tische. Eine große abgetrennte Hallenhälfte mit leeren Stühlen im vorgeschriebenen Abstand. Papiere vorzeigen, abhaken. App? Ja. Routinierte Höflichkeit. Noch Fragen? Och...nö. Anstellen. "Na, dann wollen wir mal!" Lustigerweise werden wir heute alle mit einem grinsenden Totenkopf-Pflaster verarztet. "Bei den Kindern nehmen wir Glitzerpflaster." Wieder rein in den Parka und raus an die frische Luft. Für dieses Mal erledischt. Man entwickelt bereits eine gewisse Routine, hat aber gute Chancen, sich darin noch zu vervollkommnen. Denn damit keiner auf den Gedanken kommt, dass es das dann aber auch gewesen sein sollte oder könnte, diskutiert die Ministerpräsidentenkonferenz bereits die Planung der vierten Impfung, während Biontech schon einen Schritt weiter ist und zur Impfung nach drei Monaten rät. Ich sehe sie schon vor mir, die fest installierten Impfbusse an jeder Straßenecke für den täglichen Quick-Booster auf dem Weg zur Arbeit. Pieks mal wieder!
Auch unser Dorf rüstet auf, überall blinkt und glitzert es weihnachtlich. Wer braucht da noch einen Weihnachtsmarkt. Jeder lehnt mit einem Glühweinbecher am Gartenzaun und prostet aus der Distanz freundlich seinem Nachbarn zu. Geht doch. Irgendwie.
Überraschendes aus den Radio-Nachrichten:
„Andreas Sander, Vizeweltmeister aus Ennepetal, fährt in
Beaver Creek knapp am Podest vorbei.“ Und ich sehe ihn vor mir, wie er den
Hang hinunterschießt und knapp am Podest vorbeizischt, bevor er mit einem
kräftigen Schwung zum Stehen kommt.
„Die Omikronvariante erreicht Landshut.“ Und ich sehe vor mir eine
kleine, runde, stachlige Kugel (lila), die noch einmal kurz stoppt, sich verschämt
umblickt , kurz in die Kamera winkt, bevor sie dann wieder Tempo aufnimmt und am Ortsschild von Landshut
vorbeirollt
Und was macht eigentlich der Papst? Er besucht die Flüchtlingsinsel Lesbos. „Er
sprach dort mit Flüchtlingskindern und stand für Handyfotos zur Verfügung.“ Und ich sehe vor mir all die glücklichen kleinen Kinder, die künftig beim Blick in die
Fotogalerie ihres Handys Trost und Labsal gegen Hunger und Kälte finden.
Noch mehr Schnipsel? Bitte sehr:
Helm ab zum Denken war früher mal ein gern skandierter Ruf bei Demos,
aber Helm ab zum Gebet? Ich dachte immer, der Ausspruch sei ein Witz, aber
jetzt weiß ich: Er ist Teil des großen Zapfenstreichs. Und dann während der Merkel-Zeremonie geschieht es: In den vor dem Körper gehaltenen Helmen der Soldaten spiegeln sich - fast wie ein Kommentar zu all dem martialischen Gedöns - Lichtreflexe, dieaussehen wie freundlich lächelnde Smileys, eine lange Reihe lächelnder kleiner Gesichter. Was wollte uns der große, über allem schwebende Weltgeist damit wohl sagen? Sag noch mal einer, dass es keine höheren Fügungen gibt.
Nichts dem Zufall überlassen soll die eine Millionen Tonnen schwere "Black Box der Erde" , die in Australien installiert wird, um Klimaveränderungen und andere äußere Einflüsse exakt und vollständig zu
dokumentieren. Warum? Mit der Box soll im Falle eines Weltuntergangs der Weg in die Katastrophe nachvollzogen werden können. Die Box, ein Mahnmal für künftige Generationen oder (im Fall des Falles) ein Wissensschatz für künftige Lebewesen, die anhand der Aufzeichnungen analysieren können, warum es so weit kommen konnte. Vielleicht können künftige Generationen dann auch berechnen, wie die Eintracht doch noch irgendwann ihren zweiten Meistertitel holt?
Mit naheliegenderen Dingen beschäftigt sich das Bundessozialgericht und hat entschieden: Wenn Menschen auf dem Weg vom Schlafzimmer ins Homeoffice stürzen, gilt das als Arbeitsunfall, allerdings nur dann, wenn der Weg vom Bett direkt ins Homeoffice führte. Falls jemand also vor hat, zu stürzen, gilt – frei nach Monopoly – die goldene Regel: „Begib dich direkt ins Homeoffice, gehe nicht über die Küche, nimm keinen Kaffee mit.“
Ob mit oder ohne Kaffee, aber in jedem Fall zeitgerecht entschließt der FC Brentford sich aus Nachhaltigkeitsgründen in der
kommenden Saison das gleiche Trikot zu tragen wie in dieser. Ein heroischer
Akt. Wow. Wie wäre es, wenn wir uns das zum Vorbild nehmen und alle unsere Klamotten
auch länger als ein Jahr tragen. Wie? Das macht ihr längst? Ach so…
Und dann ist da noch…
Meine Mutter. Sie lebt in einem kleinen Dorf im vorderen Odenwald. Am Telefon erzählt sie
mir, dass sie letzte Woche auf der
Beerdigung eines sehr alten Mannes war, dessen Töchter sie gut kennt. Auf dem
Weg zum Friedhof wundert sie sich, dass ungewöhnlich viele große Autos vor dem
Friedhof parken und auch ungewöhnlich viele Menschen sich auf dem Friedhof und
am Rande der Trauerfeier aufhalten, darunter eine große Gruppe von krass
tätowierten glatzköpfigen Männern in (!) kurzärmeligen Muscleshirts. Jeder neu
Hinzukommende wird lautstark abgeklatscht, ansonsten stehen sie eher
gelangweilt herum, Handys klingeln, es wird telefoniert, keine erkennbare Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten,
schon gar keine Gebete. Huch. Gibt es
dafür gar keine Erklärung? Meine Mutter überlegt: ...Also, das einzige, was mir einfällt –
der Mann hat fünf Söhne und einer davon ist ein sehr reicher Bordellbesitzer in
Frankfurt.
Ähem…. Ja…. Das könnte eine Erklärung sein… Also, möglicherweise…
In diesem Sinne: Wundert euch über nichts. Auch nicht, wenn die Eintracht morgen Bayer Leverkusen mit 5:0 aus dem Stadion fegt oder (umgekehrt) mit 1: 5 baden geht. Alles normal. „There are no guarantees
that live is nothing more than a big joke.“ (Bob Dylan)
Wow. Jaaaaaaaa. Jetzt ist es tatsächlich passiert - sie haben sie aus dem Stadion gefegt. Nicht zu glauben. Und wie. Spielerisch. Kämpferisch. Die zwei Tore aus der Anfangsphase einfach weggesteckt und dann fast schon gezaubert. Den Satz von "maximal irgendwo im Mittelfeld" sollte ich schnell nochmal überdenken. Das war der Wahnsinn.
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